Arbeitnehmer:innen sind in ihren Jobs immer mehr und mehr gefrustet und nur noch wenig motiviert, wie Studien belegen. Doch durch einen seelen- und freudlosen Dienst nach Vorschrift, entstehen Verluste in Milliardenhöhe. Eine Lösung für dieses Problem bietet womöglich das Job Sculpting.
Working-Life
Das bedingungslose Grundeinkommen ist eine utopische Idee, die im Arbeitsleben-Diskurs immer wieder mal herumschwirrt. Bis jetzt aber mehr fantastisches Gebilde. Und eine konkrete Umsetzung derselben wirkt noch eher unwahrscheinlich. Daher heißt es für uns alle – den Großteil der Menschen zumindest –, dass wir immer noch dazu gezwungen sind, einer Lohnarbeit nachzugehen, um unser (Über)Leben zu sichern.
Aufgrund dieser Umstände müssen wir den Großteil unserer Lebenszeit leider immer noch in eine bezahlte Lohnarbeit investiert. Was jetzt nicht einmal so ein großes Problem wäre. Vorausgesetzt natürlich, man liebt das, wofür man beim Job bezahlt wird. Leider ist jedoch gerade das nicht der Fall. Für die meisten von uns zumindest.
Nicht selten führt Unzufriedenheit im Job zu einer Kündigung seitens der Arbeitgeber:innen. Dies erzeugt unnötige Kosten für Unternehmen, die häufig übersehen werden | © Shutterstock
Großteil der Menschen am Arbeitsplatz unzufrieden
Tatsache bleibt, dass für viele Menschen die Zeit am Arbeitsplatz weniger befriedigend ist, als sie sein könnte bzw. sein sollte. Oftmals ist die bezahlte Tätigkeit geradewegs entmutigend und psychisch zermürbend. Auch wenn der Job an sich ganz annehmbar ist. So wird eine jede 40-stündige Ausübung, einer welch annehmbaren Tätigkeit auch immer, mit der Zeit zu einer zombiösen Routine. Einer Routine, die uns innerlich aushöhlt, entmutigt und schlussendlich seelisch entleert. Hier setzt das Job Sculpting an.
Dass die meisten Berufe so ein mentaler Downer sind, liegt teils auch am inneren Druck und den Ängsten, denen sich die Arbeitnehmer:innen selbst aufbauen. Aber vor allem an der Beschaffenheit der Unternehmensführung und des Arbeitsumfelds.
Umfragen des Gallup Markt- und Meinungsforschungsinstituts haben ergeben, dass sich die meisten Erwerbstätigen nicht voll in ihre Aufgaben einbringen können. Warum? Weil sie unter Vorgesetzten zu leiden haben, denen es an Führungsqualität mangelt. Ergebnis: Weltweit sind nur 13% der Arbeiterinnen und Arbeiter engagiert!
Strukturen sind größeres Problem, als die Arbeit selbst
Die allgemeine Unzufriedenheit hat somit nicht so viel mit dem Unternehmen an sich zu tun und wird auch nicht so sehr von der Tätigkeit selbst bedingt. Das Problem ist, dass, auch wenn die Arbeitenden mit ihren Annahmen, was am Arbeitsplatz falschläuft und verbessert werden könnte, um das Betriebsklima zu verbessern, richtig liegen, sie leider überhaupt keinen Einfluss darauf haben, den Führungsstil des Vorgesetzten oder die bürokratischen Prozesse zu verbessern – geschweige denn zu verändern. Und das ist natürlich frustrierend.
Job Sculpting – die Lösung der Unzufriedenheit?
Der Begriff Job Sculpting wurde von den Karriereentwicklungsexperten Timothy Butler und James Waldroop geprägt. Damit ist die Suche nach Möglichkeiten gemeint, die Aufgabenstellung besser an die Interessen und Fähigkeiten der Mitarbeiter anzupassen, damit diese als zufriedenstellender empfunden wird.
Job Sculpting entschärft somit das Problem von Unzufriedenheit. Denn dabei passen die Arbeitgeber:innen den Beruf regelmäßig den Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeiter:innen an.
Es geht beim „Modellieren“ somit nicht darum, die Schwächen der Angestellten zu erkennen und zu beheben. Sondern darum, ganz bewusst von den Stärken der jeweiligen Arbeiter:innen auszugehen und jene Tätigkeiten im Arbeitsprozess herauszufiltern, die dem Individuum „tiefe Befriedigung“ verschaffen. Die Herausforderung bei diesem Ansatz liegt darin, die Stärken und Interessen in einem Job zu vereinigen.
Job Sculpting: der Mühe nicht wert?
Es gilt, die Mitarbeiter:innen sowie deren Kolleginnen und Kollegen regelmäßig zu befragen, das Ganze in einem Feedbackgespräch auszuwerten und dann auch noch zu versuchen, die Tätigkeiten auf die jeweilige Person und deren Wünsche zuzuschneiden. Soweit das mit den Unternehmenszielen vereinbar ist. Doch zahlt sich das für ein Unternehmen überhaupt aus? Ist das zu viel Mühe für die Arbeitgeber:innen?
© Shutterstock
Ja klar zahlt sich das aus. Aber so was von! Unmotivierte Mitarbeiter:innen bringen den Unternehmen nämlich jährliche Verluste in Milliardenhöhe. Eine Studie kam sogar zu dem Ergebnis, dass unmotivierte Arbeitnehmer:innen bis zu 103 Milliarden Euro im Jahr kosten.
Job Sculpting: Mehrkosten die sich lohnen
Projekte zur Mitarbeiter (Ein-)Bindung in die unternehmerischen Prozesse ist natürlich mit Mehrkosten verbunden. Die sich aber rentieren. Denn noch teurer ist es, Mitarbeiter:innen erst zu rekrutieren und dann mühevoll einzuarbeiten. Bis zu 120 000 Euro verursacht so eine Neubesetzung an Mehrkosten. Mittel- und langfristig lohnt es sich daher durchaus, in die Zufriedenheit des Personals zu investieren und dem Job Sculpting eine Chance zu geben.
Da im klassischen Personalmanagement diesbezüglich jedoch immer noch eine kurzfristige Sichtweise herrscht, wird es wohl nicht sobald zu einem allzu radikalen Kurswechsel in dieser Hinsicht kommen. Obwohl die Covid-19 Pandemie eine eindeutige Hinwendung in diese Richtung bewirkt hat, immer noch bewirkt und die Jobs der Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Job Sculpting zurückgreifen werden müssen, um die besten Arbeitnehmer:innen bei sich halten zu können.
Titelbild © Shutterstock
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