Als die österreichische Regierung im März 2025 endlich zusammengefunden hatte, war auch das Regierungsprogramm öffentlich einsehbar. 211 Seiten halten Ziele und Absichten fest. Auch der Bereich Glücksspiel kommt zur Sprache. So soll das illegale Glücksspiel stärker als in der Vergangenheit bekämpft werden, mit Internetsperren und blockierten Zahlungen. Die bisherige Doppelrolle des Finanzministeriums soll aufgehoben werden. Schließlich erhofft sich der Staat sprudelnde Einnahmen – durch mehr Steuern auf Glücksspiel.
Das Glücksspielmonopol in Österreich
In Österreich besteht ein Glücksspielmonopol. Seit 2003 gibt es online nur einen konzessionierten Anbieter. Als ein Deutscher den Versuch unternahm, zwei Spielbanken in Österreich zu betreiben, beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof mit der Angelegenheit. In der Rechtssache C-64/08 sah der EuGH anno 2010 sowohl die Niederlassungsfreiheit als auch die Dienstleistungsfreiheit verletzt. Dessen ungeachtet sah die Bundesregierung bis heute nie die Notwendigkeit, den Status quo neu zu bewerten.
Ausgesperrt: Wenn Internetseiten die IP blockieren
Wenig überraschend erfreuen sich Casinos mit ausländischen Lizenzen reger Zugriffszahlen. Bei Casino.at sind zahllose seriöse Spieleseiten zu finden, die Österreicher willkommen heißen. Gewinne werden in vertrauenswürdigen Spielstätten anstandslos ausgezahlt. Lizenzgeber pochen darauf, dass neue Games eingehend geprüft werden: Erst wenn unabhängige Testagenturen den Zufallszahlengenerator (RNG) für funktionstüchtig befunden haben, ist das Spiel abrufbar.
Im Regierungsprogramm wurden im Frühjahr „Internetsperren“ angekündigt, um dem illegalen Glücksspiel zu begegnen. In der Schweiz werden solche IP-Sperren bereits seit mehreren Jahren erprobt. Inzwischen umfasst die Sperrliste der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) über 2.500 Einträge. Doch Schweizer können sich nach wie vor ohne Schwierigkeiten in Casinos online anmelden. Betreiber leiten Schweizer auf Mirror-Sites um, die Internetadresse wird einfach um Zahlen ergänzt. Alternativ ist ein VPN ausreichend, um der IP-Sperre zu trotzen.
Wie effektiv ist Payment-Blocking in Online Casinos?
Doch die Bundesregierung hat einen zweiten Pfeil im Köcher: „Payment-Blocking“. Zahlungsdienstleister sollen angeschrieben werden – mit der Aufforderung, keine Transaktionen österreichischer Spieler durchzulassen. In Deutschland hat die Glücksspielbehörde erstaunliche Erfolge erzielt. Deutschen stehen in ausländischen Casinos abseits unbekannter E-Wallets oder Kryptowährungen kaum Zahlungsoptionen offen.
Sollte die österreichische Regierung beim Payment-Blocking Ernst machen, ist anzunehmen, dass etliche Zahlungsmethoden verschwinden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden E-Wallets wie Skrill und Neteller, Online-Banking und Prepaid-Zahlungen mit Paysafecard der Aufforderung nachgeben. Kryptowährungen sind vom Payment-Blocking hingegen bisher kaum betroffen.
Weniger Gewinne: Glücksspiel wird teurer
Das Regierungsprogramm visiert Mehreinnahmen beim Glücksspiel an. 2025 sollen 50 Millionen Euro mehr erwirtschaftet werden. Bis 2031 will der Staat jährlich zusätzliche 240 Millionen Euro generieren. Zu diesem Zweck sollen die Steuern angehoben werden. Im Mai 2025 hat die Bundesregierung dem Vorhaben erste Taten folgen lassen. Für elektronische Lotterien klettern die Abgaben etwa von 40 auf 45 Prozent, bei Spielautomaten werden 11 statt 10 Prozent der Umsätze eingefordert.
Vor der Entflechtung: Doppelrolle des Finanzministeriums
Gegenwärtig hat das Bundesministerium für Finanzen eine eigentümliche Doppelrolle inne. Zum einen stellt das BMF als Glücksspielbehörde Lizenzen aus. Andererseits ist der Staat selbst an Casinos Austria beteiligt – dem einzigen Lizenznehmer in Österreich. Um den offensichtlichen Interessenkonflikt zu bereinigen, soll eine „unabhängige und weisungsfreie Aufsichtsbehörde“ entstehen, die auch die Lizenzvergabe regeln soll.
Tatsächlich wäre dies kein ungewöhnlicher Vorgang. In der Schweiz existiert die Eidgenössische Spielbankenkommission, und Deutschland hat nach der Legalisierung des Online-Glücksspiels 2021 die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) ins Leben gerufen. Es wäre wohl wünschenswert, wenn die Aufgaben mehr Akteuren zugewiesen werden.
Spielerschutz soll gestärkt werden
Zu guter Letzt will das Regierungsprogramm einen stärkeren Spielerschutz forcieren. Unter anderem sollen Spielautomaten überwacht werden – in Hinblick auf Spieldauer, Höchsteinsätze, Gewinnhöhe und Taktung. Ziel ist es, auf diese Weise das Risiko einer Spielsucht zu mindern. In Deutschland sind Einsätze beispielsweise auf 1 Euro begrenzt, und jede Runde muss 5 Sekunden dauern.
Darüber hinaus hat die Regierung eine Spielerkarte im Auge. Diese soll mit einem Sperrregister verknüpft werden. Hierzu müsste eine zentrale Sperrdatenbank – ursprünglich 2011 angedacht – eingerichtet werden. Derzeit müssen sich Betroffene umständlich bei jedem Betreiber einzeln sperren lassen. Ohne Sperrkartei würde der Nutzen einer Spielerkarte verpuffen.
Lootboxen auf dem Prüfstand
In Videospielen werden des Öfteren Lootboxen zum Kauf angeboten. Auch wenn Lootboxen per Definition kein Glücksspiel sind, ist die Bundesregierung um einen besseren Jugendschutz bemüht. Nach Rücksprache mit Experten und Marktteilnehmern sollen neue Regelungen erdacht werden. Dass Lootboxen – wie in Belgien und den Niederlanden – verboten werden, geht hieraus nicht hervor. Da Marktteilnehmer in den Prozess einbezogen werden, ist vermutlich mehr Transparenz gewünscht. Sprich: Aufgeschlüsselte Gewinnchancen, möglicherweise ein tägliches Ausgabelimit.
Fazit: Starke Veränderungen in den nächsten Jahren
Im Bereich Glücksspiel ist in Österreich mit umwälzenden Entwicklungen zu rechnen. Manche Ziele der Dreierkoalition sind zu begrüßen. Etwa die Schaffung einer neuen Aufsichtsbehörde und einheitliche Standards bei Sportwetten. Andere Pläne wirken wie mit heißer Nadel gestrickt. Zum Beispiel die beabsichtigten Internetsperren, die keine Wirkung zeigen werden.
Dass die österreichische Regierung gegen ausländische Online Casinos vorgehen und gleichzeitig nur einen konzessionierten Anbieter erlauben will, ist fragwürdig. Ohne Wettbewerb könnte sich das Spielangebot im Laufe der Jahre bedeutend verschlechtern.
Titelbild © Shutterstock
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