Am Freitag, dem 21. März, wurden von der Polizei bundesweite Razzien durchgeführt. Der Verdacht auf Mord und mehrere Anschläge auf die queere Community führten zu der Festnahme von 18 Personen. Sie nennen sich „Pedo Hunter“, deklarieren sich selbst als Schutzorgan der Gesellschaft und rechtfertigen ihre Verbrechen mit kruden Behauptungen wie jene, dass queere Personen aus Frust Kinder und Jugendliche nötigen oder vergewaltigen.
Systematische Brutalität
Es ist ein Mix aus Ekel, Wut und einem Gefühl der Hilflosigkeit. Mit systematischer Brutalität organisieren sich verschiedene Gruppierungen, die sich mittlerweile grenzübergreifend vernetzen. Immer mehr Netzwerke entstehen, deren Ziel die Lynchjustiz ist. Der Einbruch und die Verwüstung der Wohnung der Wiener Dragqueen André Cartier sind nur ein Bruchteil des Spiegelbildes dessen, was sich gerade weltpolitisch abspielt. Der Rechtsruck gibt xenophoben und rechtspopulistisch veranlagten Personen das Gefühl der Bestätigung. „Endlich darf ich meine Meinung sagen, endlich hört mir jemand zu“. Namen wie „Division Wien“ oder „Tanzbrigade“ sollten uns im Hinterkopf bleiben, denn rechte Gruppierungen organisieren sich mittlerweile weltweit. Der Vorgang wirkt perfide. Es wird online ein Date vereinbart und bei der Location warten dann mehrere vermummte Personen, bereit zuzuschlagen.
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Keines der Opfer war pädophil
Michael Lohnegger, Leiter des Landeskriminalamts Steiermark, sprach von einem „dringend erforderlichen Schlag gegen Hasskriminalität aufgrund der sexuellen Orientierung“. Es habe sich nicht um klassischen Raub gehandelt, sondern um „ein Hate-Crime-Delikt, wo es darum geht, Menschen zu verletzen und zu erniedrigen“. Neben dem Standard berichtet profil: Keines der Opfer war pädophil. Die Täter hätten ihre Angriffe mit einer angeblichen „Selbstjustiz“ gegen Kindesmissbrauch gerechtfertigt – ein gefährliches Framing, das Homosexualität mit Pädokriminalität gleichsetzt. Die Polizei bestätigt: Das einzige Motiv war die sexuelle Orientierung der Opfer.
Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) ordnet das Geschehen klar ein: „Wir beobachten seit einigen Jahren einen verstärkten Fokus rechtsextremer Feindbildpflege auf queere Personen“. Besonders bedenklich sei die Allianzbildung zwischen Identitären, Neonazis, religiösen Fundamentalisten und Corona-Leugnern. Die physische Gewalt der aktuellen Aktionen passt „dezidiert ins neonazistische Aktionsspektrum“. Die Rhetorik dahinter ist nicht neu. In Russland und Belarus wurden ähnliche Methoden bereits in der Vergangenheit angewandt. Gruppen wie „Occupy Pedophilia“ machten weltweit Schlagzeilen. Auch in Österreich ist queerfeindliche Gewalt traurige Realität. Eine Umfrage aus 2024 zeigt: 15 Prozent der befragten LGBTIQ-Personen wurden in den letzten fünf Jahren körperlich angegriffen. 60 Prozent berichten von Belästigungen im letzten Jahr. Allgemein ist seit 2023 die Anzahl an Verbrechen an der Community um 20 % gestiegen. Das mag auch an der Grenzsetzung im allgemeinen liegen. Algorithmen zeigen schwindelerregende Postings und befeuern befremdliche Gewaltfantasien noch mehr.
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Müssen wir Angst haben?
Müssen wir Angst haben? Ja, leider. Wobei das Wort Angst zu bedeutungsschwanger ist. Lass es uns durch wachsam ersetzen. Banden bilden, um Widerstand zu leisten. Die Würde des Menschen ist unantastbar, und wenn sich rechte Griffel daran vergreifen, dann sollen sie sich die Hände daran verbrennen.
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Titelbild ©shutterstock
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Seit einigen Tagen wird auch in Österreich über eine Strafbarkeit dieser massiven Grenzüberschreitung diskutiert. Allerdings sei noch unklar, ob auch die bloße Aufnahme oder erst die Veröffentlichung der Fotos strafbar sei. Ein Leser der Kronenzeitung hat dazu offenbar die passende Lösung.
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