„Connecting artists, galleries and collectors“, heißt es auf dem Instagram Profil von „Artplatt“. Doch was genau kann man sich darunter vorstellen? Ich habe mich mit Eliah Nikolaev, dem Gründer von „Artplatt“, getroffen und etwas nachgeforscht. Außerdem haben wir uns über die Definition von Kunst per se und seine Motivation, die Seite zu betreiben, unterhalten.
Was ist „Artplatt“?
„Artplatt ist ein freies Netzwerk für Kunst, Künstler und Artplaces. Man kann es als eine Art multisided Network bezeichnen, da mehrere Seiten zu Wort kommen – also die Kunden/Käufer, die Künstler und die Artplaces, dazu zählen Museen, Galerien, Kunstschulen, Skulpturparks. Die können sich alle kostenlos anmelden. Unsere Vision ist es, für diese Gruppen neue Möglichkeiten zu schaffen Geld zu verdienen.“
Eva Holts – „The comfortabele shoes“
„Mir war es sehr wichtig, dass die Seite sehr einfach gestaltet ist, also sehr userfreundlich.“ Artplatt will Menschen, die auf den ersten Blick vielleicht nichts gemeinsam haben, durch ihre Liebe zur Kunst zusammenbringen.
„Die Registrierung wollten wir so einfach wie möglich halten. Sie dauert zwei Minuten und wir fragen wenige Daten ab. Wenn der Künstler einmal registriert ist, kann er den vollen Service nützen. Er kann andere Kunstwerke bewerten und es gibt ein internes Nachrichtensystem. Der Künstler kann seine Kunst bei uns promoten und verkaufen.“ , erklärt Eliah.
Andy Warhol – „25 Cats named Sam and One Blue Pussy
Artplatt für jede:n nutzbar
Dabei setzt Artplatt auf ein offenes Netzwerk, das für jeden zugänglich ist – ohne Beschränkungen. „Bei uns sind alle Künstler:innen willkommen, jeder Bildungsstufe und Qualitätsstufe und jeder Preisklasse.“
Die Spanne an Preisen ist sehr weitreichend und die registrierten Künstler:innen reichen von Amateuren bis zu großen Namen. „Das teuerste mit Preisangabe, das wir derzeit haben, ist 40 000 Euro wert und von Blek le Rat, einem französischen Künstler. Einer der Gründerväter der Streetart. Wir haben auch Werke von Andy Warhol, aber die sind leider ohne Preisangaben. Das günstigste Werk auf der Seite kostet 20 Euro und ist von einem Künstler aus Bangladesch.“
Blek Le Rat David with kalashnikov
Der Preis sagt in vielen Fällen nichts über das Talent oder die Qualität des Kunstwerks aus. In der Kunstbranche geht es auch oftmals darum, welche Connections man hat und welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben. Ein Künstler aus Bangladesch zum Beispiel hat es allein schon wegen der demographischen Faktoren schwieriger als ein Künstler aus Berlin.
Artplatt versucht diese demographischen Hindernisse aus dem Weg zu schaffen, indem es das Networking komplett ins Internet verlegt.
Mysha Ibnat – „Cabin“ , mit einem Preis von nur einem Euro derzeit das günstigste Kunstwerk auf der Seite
„Jeder kann bei uns seine Kunst hochladen.“, betont Eliah nochmals, „Es muss nur den Richtlinien entsprechen.“
Das Bedürfnis, Kunstschaffenden zu helfen
Eliahs Liebe zur Kunst wurde ihm in die Wiege gelegt. „Ich selbst komme aus einer Künstlerfamilie. Mein Vater ist Schriftsteller. Meine Oma war Opernsängerin. Meine Schwester Schauspielern und mein Bruder Theaterregisseur. Ich hatte schon immer eine große Liebe – besonders zur Darstellenden Kunst.“
Vielleicht kommt daher das Bedürfnis, Künstler aktiv zu unterstützen. „Mein Drive ist es, Künstler und Kunstschaffendes neue Wege zu finanziellen Mitteln zu bieten. Wir sind ständig dabei, die Seite weiterzuentwickeln. Wir wollen neue Möglichkeiten für die Künstler schaffen, um mit dem geposteten Kunstwerk Geld zu machen.“
Dies soll auch außerhalb der Idee, dass man das Kunstwerk als solches verkauft, funktionieren. „Die Rechte des Künstlers sind uns sehr wichtig. Die bleiben bei uns immer geschützt.“, betont Eliah.
Der Fokus auf den bildenden Künsten
Es fing alles 2018 an. Die eigentliche Idee war es, eine Plattform für Literatur zu schaffen. Kunst war nur eine Nebenkategorie. Dann haben die Galerien und Künstler begonnen, sich untereinander zu vernetzen.
„Jetzt haben wir den Fokus komplett auf die bildende Kunst gelegt. Literatur haben wir vollständig herausgenommen. Wir haben sozusagen unsere Nische gefunden und das funktioniert so ganz gut.“
Doch was kann und darf eigentlich als Kunst bezeichnet werden?
„Ich denke in erster Linie ist Kunst der Ausdruck von Emotionen.“ Eliah spannt den Rahmen der Definition von Kunst sehr weit.
„Die Sachen auf unserer Seite müssen in irgendeiner Art kunstrelevant sein. Gut finden muss ich sie nicht. Ich glaube es kann sowieso nicht jeder alles gut finden.“ Artplatt fungiert also als eine Art Schnittstelle für Künstler, Kunstliebhaber und potentielle Käufer. „Ich persönlich bewerte nicht. Das ist den Künstler:innen überlassen mit der Rate Art-Funktion.“ Dies ist eine Funktion, die es dem User erlaubt, verschiedenen Kunstwerke auf der Plattform spielerisch zu entdecken.
„Wir haben momentan über tausend Kunstwerke auf der Seite. Mir gefallen natürlich nicht alle. Aber das Gefühl, wenn ein neues Kunstwerk gepostet wird, ist jedes Mal aufs Neue unbeschreiblich. Ich freue mich über jedes Kunstwerk und jede:n Künstler:in.“
Vladislava Iakovenko – „VIENNA“
Wo liegen die Grenzen der Kunst?
„Grundsätzlich sagt man ja, Kunst ist ein meisterhaftes Können. Bei uns ist laut den AGBs alles erlaubt, was einen gewissen künstlerischen Wert hat. Wo man einen gewissen künstlerischen Aspekt erkennen kann zumindest. Selfies und Fotos von Essen haben bei uns auf der Plattform keinen Platz, das hat für mich nichts mit Kunst zu tun.“
Eliah legt besonders großen Wert auf den künstlerischen Ausdruck. Dieser ist für ihn mit das wichtigste an einem Kunstwerk. „So lange ein künstlerischer Ausdruck zu erkennen ist, würde ich von Kunst sprechen.“
Muss Kunst unbedingt eine Message haben?
Für Eliah lautet die Antwort: „Nein.“ Nicht jedes Werk muss eine Message oder einen tieferen Sinn haben. Dafür muss aber der Aspekt der Ausführung stimmen. „Die Grenzen der Kunst sind dort, wo kein künstlerischer Ausdruck ODER keine künstlerische Ausführung zu erkennen ist. Ein Porträt, dass zum Beispiel 1:1 abgebildet wird, hat vielleicht keinen Ausdruck, aber es ist durchaus eine künstlerische Ausführung zu erkennen.“
Der Künstler bestimmt seinen Wert
Die Künstler:innen können bei Artplatt ihre Werke mit eigener Preisangabe hochladen. Sie selbst bestimmen also den Wert ihrer Werke, beziehungsweise wie viel sie dafür verlangen möchten. „Oft überschätzen sich die Künstler:innen auch. Dann bekomme ich Beschwerden, dass nichts verkauft wird, aber im Endeffekt bestimmt der Künstler seinen Wert.“, sagt Eliah.
Was, wenn der Preis nicht der Qualität entspricht?
Selbstbestimmung und Freiheit sind die Pfeiler, auf denen die Plattform aufbaut. Artplatt legt großen Wert darauf, ein komplett freies Netzwerk zu bleiben, deshalb bestimmen allein die Künstler:innen, was sie hochladen möchten und zu welchem Preis. „Natürlich verkaufen sich die Kunstwerke mit einem realistischen Preis/Leistungsverhältnis am besten, aber das bleibt jedem selbst überlassen.“
„Ich kann die Künstler:innen natürlich darauf hinweisen, wenn ich denke, dass der Preis nicht der Qualität entspricht und dass der Verkauf dadurch schwer wird. Ich habe irgendwo schon auch die Rolle des Beraters. Also Künstler schicken mir Gemälde zu damit ich ungefähr die Preisklasse einschätze. Ich glaube ich habe ein sehr gutes Gefühl dafür entwickelt, da ich jeden Tag mit verschieden Kunstwerken konfrontiert bin und mit deren Preisklassen, aber im Endeffekt berate ich nur und es bleibt dem Künstler selbst überlassen, den Preis zu bestimmen.“
Robert Longo – „Rosette Nebula“
„Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit.“ – Friedrich Schiller
„Die Grundidee von Artplatt ist es, Künstler:innen eine gewisse Unabhängigkeit zu bieten und neue Möglichkeiten zu schaffen. Wir sind aber ein multisided Network. Wir wollen diese Freiheit allen anbieten, also Künstler:innen und Galerien. Immerhin haben wir auch 70 Artplaces aus aller Welt.“
Auf Artplatt gibt es natürlich ein paar Künstler:innen, mit denen die Zusammenarbeit etwas enger ist. Also Künstler:innen, die aktiver sind auf der Plattform und regelmäßig verkaufen. Exklusivverträge will Eliah keine. Dies würde der Grundidee der Plattform widersprechen. „Wir sind ein freies Netzwerk und es wird immer frei bleiben. Der Künstler soll die Möglichkeit haben zu entscheiden ob er auch noch andere Netzwerke nützen will. Wir sind ja nicht die einzige Kunst Plattform, dessen sind wir uns bewusst.“, erklärt er.
„Wien hat eine sehr eigene Kunstszene. Die Leute sind eher sehr skeptisch, was neue Ideen betrifft.“
Networking ist ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit. Dies geschieht bei „Artplatt“ vorwiegend online. „Leider ist das persönliche Networking in der Kunstbranche nicht so effektiv wie online. Online Kontakt aufzunehmen mit den Künstlern, war bei mir bis jetzt immer effektiver, als sich herumzutummeln in der Kunstbranche in Wien. Vielleicht, weil wir ein Online-Business sind. Vielleicht ist die Branche nicht so aufgeschlossen wie andere und man muss erst zeigen, dass Kunst online auch funktionieren kann.“
„Deshalb spielt Social Media eine große Rolle für uns. Unsere Hauptkundschaft kommt von Instagram.“
Kunst als Weg zur Einzigartigkeit
Social Media spielt heutzutage eine bedeutende Rolle bei der Identitätsfindung und Selbstdarstellung der Jugend. Jeder will sich von seiner besten Seite zeigen, sich abheben von der Masse und anders sein. Nichts ist auf Instagram so verpönt, wie jemand der „basic“ ist. Ganz egal ob customized Schuhe, T-Shirts oder Handyhüllen – hauptsache einzigartig.
„Ich merke schon, dass bei jüngeren Leuten auch ein großes Interesse an Kunst da ist. Ich glaube, das kommt so langsam zurück, weil die Menschen heutzutage etwas Eigenes haben wollen. Sie wollen sich abheben. Sie wollen etwas haben, das customized ist und einzigartig. Und da spielt Kunst eine bedeutende Rolle. Durch Banksy kommt glaube ich auch diese provokative Kreativität wieder etwas zurück.“
Auch „Artplatt“ ist gerade dabei sich von der Masse abzuheben: „Wir sind wie gesagt gerade dabei, neue Tools zu schaffen und mit denen könnten wir uns abheben von anderen Kunstplattformen.“ Um was für Tools es sich handelt, will er uns noch nicht verraten.
Die Plattform als Leidenschaft
Von der Seite allein kann Eliah noch nicht leben, weil sich die Werke noch sehr unregelmäßig verkaufen. Die Plattform kann sich aber selbst finanzieren und organisch entwickeln. Sein Ziel? „Wir haben 5000 User und 600 aktive Künstler:innen momentan. Mein Ziel ist es, so global wie möglich vernetzt zu sein und aus jedem Land mindestens eine:n Künstler:in zu haben.“
Banksy – „Trolley Hunter“
„Mein derzeitiger Lieblingskünstler, der auf der Plattform vertreten ist, ist natürlich Banksy. Wir haben ein Original von Banksy auf das bin ich persönlich sehr stolz. Mel Ramos, der wird auch in der Albertina ausgestellt, von dem haben wir 10 Kunstwerke, der ist aus den USA, Kalifornien. Aus Wien gefällt mir sehr der Raffaellxo, er macht super coole Sachen im Stil von Gustav Klimt, aber mit Neonlichtern. Also verleiht er dem Ganzen einen eigenen modernen Touch.“
„Artplatt lebt von den Künstlern, die sich dafür entscheiden Teil des Netzwerks zu werden und natürlich geht es uns darum dem Künstler auch etwas zurückzugeben.“
„Jeder ist herzlich Willkommen. Die Anmeldung und generell die Handhabung der Seite haben wir so einfach wie möglich gehalten damit auch zum Beispiel ältere Herrschaften die Tools problemlos verwenden können.“, betont Eliah nochmal abschließend.
Nähere Informationen zu Artplatt findet ihr auf der Website artplatt.com oder auf instagram.com/artplatt_com/
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