In den schattigen Tiefen des Internets lauert eine Form des Schreckens, die sich mittlerweile auch in den sozialen Medien ausbreitet. Dabei geht es um Horrorerzählungen, die sich unter dem Genre Creepypasta versammeln. Dieses faszinierende Phänomen beschwört düstere Legenden herauf, die sich schnell im digitalen Raum verbreiten. Diese Videos sind meistens moderne Varianten traditioneller Schauergeschichten. Dabei wird die Grenze zwischen Realität und Fiktion auf gefährliche Weise verwischt. Creepypasta ist ein Fenster in eine Welt, in der dunkle Ängste und gruslige Fantasien Gestalt annehmen.
DIY Horror
Kurz, prägnant und von Usern selbst erstellt, sind Creepypastas paranormale Erzählungen. Früher fand man sie häufig in abgelegenen dunklen Ecken des Internets, heute sind sie für alle auf Social Media sichtbar. DIY Horror sozusagen, der darauf abzielt, viral zu erschüttern und Klicks zu generieren. Die Themen sind vielfältig und reichen von Geistern über Morde bis hin zu Zombies.
Sogar Rituale zur Beschwörung von paranormalen Entitäten sowie Geschichten über verfluchte Fernsehsendungen und Videospiele finden ihren Platz in diesem grusligen Universum. Es gibt sowohl einzelne Creepypasta-Videos, als auch mehrteilige Serien, die in unterschiedlichen Medien epische Erzählungen des Schreckens spinnen.
Bedeutsame Creepypasta-Geschichten wie „Ben Drowned“, „Jeff the Killer“, „Ted the Caver“ und „Sonic.exe“ haben zusätzlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen und die Popularität des selbst gemachten Horrors verstärkt. Alles verstörende Erzählungen, die sich mittlerweile unauslöschlich in das Gedächtnis der Internetkultur eingebrannt haben.
Die düstere Aura, die das Internetphänomen der Creepypasta-Erzählungen umgibt, wurde in der Vergangenheit auch durch einige grausliche Geschichten in der Realität verstärkt. Im Jahr 2014 sorge der „Slender Man Messerangriff“ in den USA für mediale Aufmerksamkeit. Zwei Freundinnen stachen dabei auf ihre zwölfjährige Gefährtin ein und behaupteten, sie wollten damit die Skeptiker des Slender Man widerlegen.
Denn die Tat hatten sie angeblich begangen, um Slender Man, einen popkulturell aufgeladenen fiktiven Horrorcharakter zu beeindrucken. Das verletzte Mädchen überlebte den schrecklichen Angriff nur knapp. Diese Tat zwang damals die Betreiber*innen einiger Creepypasta-Webseiten dazu, ihre Fans an die „Grenze zwischen Fiktion und Realität“ zu erinnern. Und sie verdeutlicht die Gefahr, die entsteht, wenn die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion immer weiter verschwimmen.
Creepypasta: Horrorgeschichten der Neuzeit
Diese fesselnden Geschichten erkunden ein breites Spektrum düsterer Themen, von fehlerhaften und verfluchten Spielen bis hin zu Serienmördern, Geisteskrankheit und übernatürlichen Wesen. Okkulte Rituale, wissenschaftliche Experimente und mysteriöse Ereignisse weben ein Netz des Schreckens. Das Phänomen der Creepypasta-Erzählungen gab es aber schon lange vor Social Media und Co. Viele dieser Geschichten lassen sich in moderne Videoadaptionen umsetzen. Alles ein Spaß, solange man sich verdeutlicht, wo die Grenze der Realität wirklich aufhört.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Manche Creepypastas greifen auf reale Spiele und Fernsehserien zurück, um ihre erschreckenden Erzählungen zu verbreiten. Die unheimliche Saga der Puppe Annabelle basiert zum Beispiel auf der angeblich wahren Geschichte von Ed und Lorraine Warren, die sich in den USA als „Spukforscher“ einen Namen gemacht haben. Ihr Erbe der Angst spiegelt sich in dutzenden Creepypasta-Storys wider.
Ursprung und Entwicklung
Der Begriff „Creepypasta“ ist eine Kombination der Wörter „creepy“ und „copypasta“ also kopieren und einfügen. Diese Bezeichnung wurde ungefähr im Jahr 2007 auf dem Imageboard 4 Chan geprägt. „Copypasta“ steht seit dem für virale, kopierte und eingefügte Inhalte und wurde bereits zuvor als Begriff auf 4chan etabliert.
Die Wurzeln der Creepypastas reichen aber noch weiter zurück, in die 1990er-Jahre, als Texte aus Ketten-E-Mails auf Internetforen und Usenet-Gruppen geteilt wurden. Die Internetgemeinde geht davon aus, dass „Ted the Caver“ das früheste Beispiel für eine Creepypasta ist. Diese Geschichte wurde ursprünglich 2001 auf Angelfire veröffentlicht und aus der Ich-Perspektive von Ted erzählt, der gemeinsam mit Freunden ein zunehmend beängstigendes Höhlensystem erkundet.
Viele der frühesten Creepypastas entstanden auf dem /x/-Board von 4chan, das sich auf das Paranormale konzentrierte. In den späten 2000er- bis in die frühen 2010er-Jahren entstanden für das Genre einige bedeutende Creepypasta-Websites. Creepypasta.com wurde 2008 ins Leben gerufen, während die Creepypasta Wiki und r/NoSleep, ein Subreddit auf Reddit beide im Jahr 2010 online gingen. Laut dem Time Magazine erreichte das Genre seinen Höhepunkt im Jahr 2010, als es von der New York Times behandelt wurde.
Im Laufe der Zeit hat sich die Definition von Creepypasta erweitert und schließt heute alle im Internet verfassten Horrorgeschichten ein. Die Autorenschaft ist dabei immer wichtiger geworden. Und viele Creepypastas werden heute von namentlich bekannten Autoren verfasst, anstelle von anonymen Einzelpersonen.
Titelbild © Shutterstock
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
Kinky Galore: Interview mit Berliner Sex Positive- und KitKat-Größe Jan Ehret
Wien bekommt Partyzuwachs. Und das von niemand geringerem als KitKatClub Berlin-Resident Jan Ehret. Bereits zum zweiten Mal veranstaltet er in […]
Was tun, wenn man sich im Urlaub langweilt?
Viele Menschen hegen große Vorfreude, wenn die Urlaubszeit endlich bevorsteht. Es ist nicht alltäglich, in andere Länder zu reisen und […]
Kröten lecken oder rauchen: was steckt hinter dem Trend?
Kröten lecken oder rauchen soll psychische Krankheiten heilen? Dem Sekret der Sonora-Wüstenkröte wird eine psychedelische Wirkung nachgesagt.
Anthroposophie: gefährliche Esoterik auf dem Vormarsch?
Die Anthroposophie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Eine Gefahr für unser wissenschaftliches Weltbild?
Freundschaft in der Krise – wie man sie rettet, kann man nachlesen
Freundschaft ist eines der wichtigsten Dinge im Leben der Menschen. So wird behauptet. Dass Freundschaft in den heutigen Zeiten leider immer weniger Relevanz in der Alltagsgestaltung geniest, ist dabei leider eine Tatsache, über die wir unbedingt sprechen müssen. Und genau darüber hat Sebastian Schoepp ein lesenswertes Buch geschrieben: Rettet die Freundschaft!
Kritik am Lifestyle des Minimalismus: "nur der Tausch gegen Sucht nach digitalen Dingen"
Less is more! Nothing is all! Do it like the nomads do! Nomandentum und Besitzlosigkeit scheinen die Ziele unserer heutigen […]







