Serien und Filme über zwischenmenschliche Beziehungen, vor allem in sexueller Hinsicht, gibt es viele. Doch keine schafft es, die Grenzen der Konventionen so gekonnt und humoristisch zu überschreiten, wie die ARTE-Serie Fluid – Sex mal anders.
Fluid – Sex mal anders
Die „eigentlich“ heterosexuelle Emma hat sich unverhofft in ihre Kollegin verliebt. Als sie Leo (ihrem Partner) davon erzählt, was sie genau empfindet – obwohl genau das alles andere als sicher ist –, fällt er aus allen Wolken. Dass sie ihn jedoch immer noch liebt und begehrt, und sich an ihrer Zweisamkeit im Grunde nichts ändert, wie sie ihm versichert, kann er nicht so ganz glauben.
Wie soll das alles genau funktionieren? Genau das kann sich niemand noch so wirklich vorstellen. Doch Emma will diesen Weg ausprobieren: #Polyamorie. Natürlich nicht ganz so selbstsicher, wie man sich das vielleicht vorstellt, denn auch Emma ist tollpatschig in ihren Versuchen. Wie auch Leo. Und ganz zu schweigen von Leos bestem Freund Waël, dem er von seiner speziellen Situation berichtet. #Beziehungsproblem.
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Letzterer befürchtet, dass diese Entwicklung zwischen Leo und Emma auch negativen Einfluss auf seine eigene Partnerin Esther haben könnte und beschließt daher, die festgefahrene Beziehung zu dieser zu überdenken. Er will frischen Wind in ihre Beziehung bringen. Mit ungeahnten Folgen. Ungeahnt, weil Leo und Waël auch noch beschließen, einen Comic über ihre sexuellen Erfahrungen zu machen. Das Leben, wie es eben ist: fluid.
Polyamorie, offene Beziehungen, Sex und mehr
Die ARTE-Serie Fluid von Sarah Santamaria-Mertens entführt uns in einer Welt unsicherer Mit-Dreißiger, zu denen alternative Beziehungsmodelle auch endlich durchgedrungen sind. Diese sind in gewisser Weise gezwungen, ihre gegenwärtigen Lagen zu überdenken und werden mit der labilen Situation der neuartigen Beziehungsdynamiken konfrontiert.
Man kann sich vorstellen, dass es gerade für diese Generation nicht so einfach ist, festgefahrene Empfindungskonstellationen zu überdenken bzw. festgefahrene Muster umzufühlen.
Die ARTE-Serie Fluid hat, zugegeben, ihre Schwächen. Vor allem, weil wichtige Fragestellungen nicht tiefgründiger ausgearbeitet werden und die Geschichte, trotz Tiefgang meist oberflächlich bleibt. Doch auf der anderen Seite ist gerade diese oberflächliche Leichtigkeit wiederum auch eine kleine Kunst. Dinge nur andeuten und nicht näher darauf eingehen. Aber egal! Im Grunde ist Fluid eine extrem gelungene Mini-Serie, die konservatives Denken genauso entlarvt wie sie den Versuch, neue Lebenskonzepte zu entwerfen, auf die Schippe nimmt.
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Fluid: Konservativismus vs. Innovation
Das Großartige ist, dass keine der Figuren in dieser Geschichte mit ihren Ansätzen die Deutungshoheit für sich einnehmen kann. Der konservative Leo ist verängstigt und sieht sein Lebenskonzept (welches das Konzept aller Konservativen ist) in Trümmern. Auf gar nichts kann er sich mehr verlassen. Das Alte und Vertraute ist plötzlich unsicher, labil, überholt. Worauf kann man da noch bauen?
Auch seine Eltern kündigen ihm plötzlich und unverhofft die Elternschaft und wollen ihr eigenes Leben leben, ohne eine Verbindung zu ihrem Sohn. Die Szene, in der sie ihm dies beibringen: eine herrliche Parodie der oftmals voreilig gelobten Familienkonstellationen der Freiwilligkeit.
Die Problematik, was es wirklich bedeutet, Familie zu sein, wird hier in ein paar Sekunden geschickt dekonstruiert. Abseits der Wohlfühlpolitik des „meine Familie suche ich mir selbst“-Slogans. Denn obwohl man sich seine Eltern nicht aussucht, fühlt man zu ihnen dennoch eine Verbindung. Familie kann man sich eben nicht aussuchen und das ist ein Unterschied zu Freundschaft. Oder?
Fluid – Sex mal anders: ein Fazit
Aber auch Emma mit ihrem neuen Konzept betritt unsichere Pfade. Und Waël und Esther, die sich durch alle Konzepte des Sex probieren, von Analsex über Partnertausch, stehen am Ende mit einer interessanten Erkenntnis da. Warum sich das antun? Warum zwanghaft versuchen seine Grenzen zu überschreiten, wo man doch glücklich gewesen ist, wie es bisher war? Zumindest Ersterer leidet unter dem Zwang, sexuell immer weiter gehen zu müssen. Letztere genießt jedoch das Hinausgehen aus der Komfortzone. Dennoch: Anstatt sich zu verwirklichen, geht man konsumierend nur immer mehr Experimente ein. Und am Ende? Aber seht am besten selbst!
Titelbild © Screenshot ARTE
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