Houellebecq Porno: Star-Autor mit Chronik zu den Ereignissen
Der französische Star-Autor Michel Houellebecq erläutert in „Einige Monate in meinem Leben“ die Hintergründe zum „Pornoskandal“ vom Anfang des Jahres. Zudem als Themen: Seine vermeintliche Islamfeindlichkeit. Die Vorliebe für Sex zu dritt. Und andere Kontroversen des letzten halben Jahres aus dem Leben des Skandal-Autors.
Houellebecq Porno: die Chronik der Ereignisse
Wir leben in schnellen Zeiten, daher ein kleiner Rückblick, was passiert ist. Im Februar 2023 hat das niederländische Filmkollektiv „Keeping it real art critics“ (Kirac) einen Trailer online gestellt, der einen pornografischen Film angekündigte. In diesem der französische Skandal- und Star-Autor Michel Houellebecq die Hauptrolle übernommen haben soll.
Kurz darauf leitete Houellebecq rechtliche Schritte gegen die Veröffentlichung ein. Der Trailer wurde später offline genommen. Doch ein niederländisches Gericht urteilte, dass der Porno gezeigt werden darf. Bis jetzt wurde dieser aber noch nicht veröffentlicht.
Vor kurzem veröffentlichte jedoch der Dumont Verlag ein neues Houellebecq-Buch, „Einige Monate in meinem Leben“, in dem der Skandal-Autor endlich Stellung bezieht zu dem vermeintlichen Porno – literarisch natürlich! Bis dahin hat Houellebecq zu dem Thema geschwiegen.
Michel Houellebecq zwischen Porno, Sex und Prostitution
Auf Oktober 2022 bis März 2023 beschränkt sich der Bericht, der jedoch nicht nur den Houellebecq Porno zum Thema hat und all jene, die eben nur darauf warten, gekonnt auf die Folter spannt. Denn bevor der Kirac-Trailer veröffentlicht wurde, gab es, wie schon fast traditionell, wieder Kritik an einer von Houellebecqs islamophoben Aussagen. Doch dann kommt Houellebecq endlich zu Sache: der Porno.
Aufgebracht und von dem Kirac-Projekt enttäuscht, wartet der Autor mit Tiernamen für alle Beteiligten auf. Stefan Ruitenbeek, den Regisseur, nennt er „Kakerlak“, Jini van Rooijen, seine Film-Partnerin, nur „die Sau“. Weitere Tiere: die Pute und die Kuh. Auch wenn für Feinfühlige teilweise recht hart zu lesen – was für Houellebecqs Texte oft üblich ist – sind die Tiernamen ein gutes Stilmittel. Das muss man ihm lassen. Aber weiter zum Inhalt:
Als Bewunderer exhibitionistischer Gepflogenheiten und leidenschaftlicher Rezipient von Amateurpornografie, war Houellebecq vor allem davon irritiert, dass der Houellebecq Porno, seiner Meinung nach, nur für den Onlyfans-Account van Roojens (der Sau) gefilmte werden sollte, um dann kostenpflichtig verfügbar zu sein. Ein widerwärtiges kapitalistisches Unterfangen, das laut dem Autor mit der Erhabenheit frei zugänglicher Amateurpornos, in denen es immer so etwas wie Liebe gibt, nicht zu vergleichen ist. Bei diesem Projekt dünkte er sich zunächst natürlich in letzteren Gefilden.
Houellebecq Porno: Pornophilosophie und viel Sex
„Einige Monate in meinem Leben“ ist phasenweise essayistisch und bietet auch vereinzelt ganz spannend-abwegige Gedankengänge. Über die „Generosität“ des Exhibitionismus. Die Amateurpornografie als „Akt der Großzügigkeit“. Oder die komödiantischen Elemente klassischer Pornos. Abhandlungen über Sex zu Dritt und ähnliches lesen sich jedoch wie die Erörterungen besoffener Trinker, die sich um 3 Uhr früh als Philosophen aufspielen, im Grunde aber nicht mehr als Vulgarismen verhandeln.
Genau das aber tut der Autor. Klar, er ist empört, enttäuscht und wütend darüber, dass er von einem, seiner Meinung nach schmierigen Regisseur ausgetrickst worden ist. Trotzdem, literarisch durchaus gut ausgearbeitete Passagen, die auch zu unterhalten wissen, wechseln sich mit übertriebenen Tiraden ab und Houellebecq verrennt sich einige Male in geradezu bizarre Vergleiche und Gegenüberstellungen.
Der Autor ist der Protagonist?
Es gibt einen aufschlussreichen Punkt bei „Einige Monate in meinem Leben“. Bis dato gelang es Michel Houellebecq sehr gut, seine Obszönität auf seine Romane zu beschränken. Sich dahinter zu „verstecken“ sozusagen. (Werk ist nicht gleich Autor). Seine Werke lassen sich, trotz kritischer Stellen, immer noch in einem Kultur-geschichtlichen Rahmen lesen. Seine Essays sind mehr oder weniger frei von Vulgarität und oftmals soziologisch präzise Gesellschaftsstudien über allerlei kulturelle Phänomene. Die Romane phasenweise ebenso.
Einige Monate… ist in diesem Sinne ein Werk, indem der Autor direkt zu uns spricht, ohne den Schutz einer fiktiven Romanfigur. Warum Schutz? Weil Michel Houellebecq in Einige Monate… genauso zu uns spricht, wie viele seiner Figuren. Und das ist recht aufschlussreich, da es von nun an schwerer wird, sich als Autor hinter der Kunst zu verstecken, denn was sich hier bemerken lässt ist, dass Houellebecq seinen Figuren extrem nahe ist.
Ansonsten ist „Einige Monate in meinem Leben“ ein eher schwächeres Werk im Schaffen des Ausnahmeautors Houellebecq, der mit seinem letzten Roman „Vernichtung“ gezeigt hat, dass er zu größerem Fähig ist. Dennoch werden Houellebecq-Fans bei diesem Buch eindeutig auf ihre Kosten kommen und wenn der Zorn einmal abgeklungen ist, wer weiß, vielleicht dürfen wir dann wieder Ausnahmeromane erwarten.
Titelbild © Caio via Pexels
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