Mein Name ist Melanie, ich bin eine Mama mit Kind in Quarantäne in Wien. Ich sende auf allen Frequenzen. Ich bin jeden Tag im Donaupark um die Mittagszeit, wenn die Sonne am höchsten steht. Wenn ihr da draußen seid, wenn irgendjemand da draußen ist… ich kann Nudeln bieten, ich kann Unterkunft bieten, ich kann Schutz bieten… Wenn irgendjemand da draußen ist… irgendjemand der noch Beschäftigungstipps hat… Bitte …Her damit. Du bist nicht allein. Abgeändertes Filmzitat “I-am-legend”
“Kinder sind toll, Kinder sind eine wahre Bereicherung, Kinder sind unsere Zukunft”, dieses Mantra bete ich mir nun schon seit 15 Minuten vor. Ich sitze endlich mal an diesem Tag. Das erste Mal wohlgemerkt – und es ist mittlerweile 14:30 Uhr. Es herrscht außerdem zum ersten Mal am heutigen Tag Ruhe. Vermutlich nur, weil ich die Tür geschlossen habe. Am WC. Und selbst darüber musste ich diskutieren. Das Argument, dass ich wenigstens hier meine Ruhe bräuchte, zog nicht. Letztlich musste ich meiner Tochter versprechen, dass ich ihren Teddybären zusehen lasse und mich ihn jedem Fall beeile. Jetzt sitze ich also hier – auf der Toilette – und kann nicht laufen lassen, weil mir der Bär dabei zusieht. Grossartig.
Es ist Freitag, Tag 5 der Quarantäne- Maßnahme der Regierung. Wir haben zuhause mittlerweile gebacken – ich kann das eigentlich nicht mal -, gemalt – das kann ich auch nicht, bin ich draufgekommen -, gebastelt – ich habe seit Tag 2 Glitter an den Fingerspitzen -, waren im Wald – gehen…das kann ich! – und haben gelernt – das kleine 1×1 ist voll mein Ding.
Leider gehen mir langsam die Beschäftigungsmaßnahmen aus. Zum einen ist es wirklich schön, mein Kind bei mir zu haben. Ich genieße die Zeit sehr, trotz aller wirtschaftlichen Sorgen, die mir wegen des Virus durch den Kopf gehen. Zum anderen ist es wirklich fordernd. Ich kann einfach keine gleichaltrigen Freunde ersetzen.
Natürlich versuche ich es, aber ich verstehe den Lachflash meiner Kleinen bei ihrem selbst erfundenen Kurzwitz “Ich sag Miau, miau, du sagst Kätzchen Momo” immer noch nicht. Mir fehlt auch das Durchhaltevermögen um mit “Littlest pet shop- Figuren” eine sinnvolle Geschichte zu erspinnen und diese eine Stunde lang durchzuspielen.
Oh – und ich habe keine Idee, wie ich ihr die Uhr beibringen soll mit den vorhandenen Unterlagen. Wenn die Schule nicht bald wieder beginnt, befürchte ich, dass sie sich ihr Leben lang nur anhand der Sonnenuhr orientieren kann. Trotz allem findet es mein Mädchen – O-Ton – “sehr cool” in unserer kleinen Isolation. Familie, Freundinnen und das Herumtollen am Indoorspielplatz vermisst sie aber schon. Das tut mir in der Seele weh. Ich vermisse all das ja selbst. Die Katzen fänden das Ende der Maßnahmen übrigens auch toll. Sie mussten schon in die Rollen von Wolfskindern schlüpfen und fanden das nicht so prickelnd.
Ich habe versucht, alles was sich derzeit abspielt, kindgerecht zu erklären. Möglichst ehrlich. Angst hat meine Tochter keine, sie freut sich schon wieder sehr auf die Schule und darauf, all ihren Hobbies nachgehen zu können. Auf Ausflüge und Familienfeiern. Sie ist sehr zuversichtlich, dass das bald wieder möglich ist, weil sie sich ja “so brav an alles hält und oft die Hände wäscht”. Ihre Zuversicht ist ansteckend. Ich freue mich auch darauf, all das wieder tun zu können. Ohne Angst. Und bis dahin genieße ich es, meine Kleine so oft in den Arm nehmen zu können wie möglich. Ganz ohne Stress und Termine.
Titelbild Credits: Shutterstock
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
Too Hot to Handle Germany – Netflix hypersexualisierte Oberflächlichkeit
Hat Netflix mit Too Hot to Handle Germany in Sachen hypersexualisierter Oberflächlichkeit den Tiefpunkt erreicht?
Ein neuer Sommer für Netflix und Nicole Kidmans Gesicht
Nicole Kidman und Netflix. Die Krimiserie Ein neuer Sommer ist da. Geheimnisse, Intrigen und Mord. Doch im Grunde fragt man sich nur eines.
PSG und der Privatjet-Fail: Boomendes Geschäft für Superreiche
Die luxuriöse Fußballmannschaft Paris Saint Germain (PSG) gönnt sich einen unnötigen Kurzstreckenflug und verhöhnt auf der Pressekonferenz den Klimaschutz. Doch […]
Reality-TV-Serie 90 DAY FIANCÉ – wahre Liebe oder bahnbrechende Blödheit?
Wenn ein Sender namens TLC - The Learning Channel - eine Reality TV Show namens "In 90 Tagen zum Altar" produziert, in der es um Aufenthaltsvisa und vermeintliche Liebe geht, fragen wir uns natürlich, was wir daraus lernen sollen. Hier geben wir euch Einblicke in eine Show, die man gesehen haben sollte, aber sich danach trotzdem fragt, warum man sie sich angesehen hat. Also, was lernen wir daraus?
Die Kulturgeschichte des Döners – jetzt zum nachlesen
550 Tonnen Döner werden täglich in Deutschland verzehrt. Wie es kulturgeschichtlich zu diesem Trend gekommen ist, darüber hat Eberhard Seidel ein spannendes Buch geschrieben.
Deutschland-Klischees unter der Lupe: Von Autobahn bis Alkohol
Klischees über Deutschland? Wir verraten dir, wie es sich in Deutschland wirklich verhält – und wie du dich dementsprechend verhalten solltest.