Hörprobleme sind ein Phänomen, über das nicht viel berichtet wird. Und das, obwohl derzeit jeder fünfte Mensch schlecht hört – Tendenz steigend! Einer der Hauptgründe dafür ist Stress. Aus diesem Grund haben Dr. Uso Walter und Dr. Lucia Schmidt ein lehrreiches Buch geschrieben, das darüber aufklärt, welche Folgen Lärm und andere Stressfaktoren auf unser Gehör haben.
Menschen hören immer schlechter
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt Alarm. Weltweit hört jeder fünfte Mensch nicht optimal. Das wären dann um die 1,6 Milliarden Menschen (Stand 2019). Diese Zahl soll sich in den nächsten Jahren noch einmal dramatisch erhöhen, so dass damit gerechnet wird, dass bald (im Jahr 2050) jeder vierte Mensch auf dieser Welt Hörprobleme haben wird. 2,5 Milliarden Menschen sollen laut Studie dann ein vermindertes Hörvermögen haben. Hauptgründe dafür sind Unwissen, aber auch die Lautstärke im öffentlichen Raum.
Um dieser dramatischen Entwicklung vorzubeugen, schlägt die WHO einige Gegenmaßnahmen vor. Dazu gehört vor allem die Reduzierung von Lärm im öffentlichen Raum, mehr Impfungen gegen Krankheiten, die zu Hörverlust führen können. Aber auch Untersuchungen in den sensibelsten Lebensphasen eines Menschen.
Zu viel um die Ohren – Der Stress und unsere Ohren
Vor allem aufgrund Letzteren hat der HNO-Arzt Dr.med. Uso Walter, zusammen mit seiner Co-Autorin Dr. med. Lucia Schmidt, ein spannendes Buch geschrieben. Aufschlussreich darin ist vor allem die Erkenntnis „wie eng das Hören mit unserem Stresssystem und unserem Gefühlsleben zusammenarbeitet und wie schnell diese wechselseitige Beeinflussung uns krank machen kann.“
Da viele Menschen genau darüber nichts wissen und die Zusammenhänge zwischen Hörvorgang auf der einen sowie Stress und emotionalen Faktoren auf der anderen Seite nicht kennen, ist dieses Buch eigentlich schon lange überfällig gewesen. Vor allem, wenn man sich die dystopischen Prognosen der WHO-Studie noch einmal in Erinnerung ruft.
Das Gehör ist unser wichtigstes „Alarm“-Sinnesorgan. Und im Unterschied zu unseren anderen Sinnen, macht das Gehör niemals Urlaub. Heißt: es ist immer auf der Suche nach verdächtigen Geräuschen, um uns zu warnen. Sogar in der Nacht. Im Vergleich und Gegensatz zu unseren Augen, die sich ja beim Schlafen ausruhen können. Und da unserer Umwelt immer lauter geworden ist und wird, bedeutet das für unsere Ohren vor allem eines: Stress!
Unser Gehör – stressiger all in Job, 24/7
Im Allgemeinen bezeichnet man als Stress die Reaktion des Körpers auf einen als Bedrohung empfundenen Reiz. Dazu zählen in großem Maße auch akustische Reize, denn das Hören ist das wichtigste Sinnesorgan, um uns vor Gefahren zu warnen, sei es nachts, wenn wir nichts sehen oder im Straßenverkehr, wenn sich von hinten ein LKW nähert. Unser Gehör ist „der Wächter der niemals schläft“, bringt es Dr. Walter auf den Punkt.
Rund um die Uhr nehmen wir Schallwellen als allen Richtungen auf. Unsere Hörverarbeitung scannt ununterbrochen einen rieseigen Datenstrom an akustischen Informationen auf deren bedrohliche Muster ab. Auch wenn es keine unmittelbaren Bedrohungen gibt, ist unser Gehör permanent auf der Suche danach, aus den endlosen Geräuschen um uns herum etwaige herauszufiltern. Ein 24/7 Job, rund um die Uhr.
Hörprobleme und Stress
So ist es nicht verwunderlich, das Stress unser Hören verändert. Auch Dr. Walter selbst staunte nicht schlecht, denn auch in seiner Praxis sind zahlreiche Diagnosen aus der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde überwiegend stressbedingt. Bei vielen Symptomen seiner Patienten konnten somit keine organischen Ursachen gefunden werden. Stattdessen waren diese vor allem auf Stressbelastungen zurückzuführen.
Je mehr er sich daraufhin mit dem Thema Hören und Stress beschäftigte, desto klarer wurden die Zusammenhänge zwischen Hörproblemen und Stress. Gesundheitliche Beschwerden wie Hörstürze, Tinnitus oder eine Geräuschüberempfindlichkeit, sind eng mit Stressfaktoren verbunden bzw. werden davon bedingt.
Stress macht hellhörig
Wie auch die Hellhörigkeit. Zu viel Stress ist verantwortlich für eine verminderte Filterung. Bedeutet: Je mehr Stress, umso schwerer tut sich das Gehirn, die unliebsamen Geräusche zu filtern. Daher hören wir gestresst mehr. Was wiederum mehr Stress bewirkt. Ein Teufelskreis. Die Filterung von dem, was wichtig ist und was nicht, hängt also mit unserem Stresslevel zusammen. Geräusche, die in einer entspannten Situation problemlos unterdrückt werden, können bei Stress plötzlich verstärkt hörbar werden.
Die verminderte Filterung der Hörverarbeitung hat aber noch einen weiteren Effekt: Wichtige akustische Informationen gehen in den ganzen Störgeräuschen unter. Man hört zwar alles, versteht aber nichts mehr, da es nicht mehr gefiltert wird.
Das Gehör und die Partnerwahl
Wie essenziell unser Gehör ist, verdeutlicht auch die Tatsache, dass bei der Partnerwahl vor allem die Stimmlage des Gegenüber eine große Rolle spielt. ForscherInnen konnten nämlich nachweisen, dass Frauen kraftvolle und tiefe Männerstimmen bevorzugen, da diese körperliche Stärke und Selbstbewusstsein suggerieren und ihnen aus evolutionärer Sicht Schutz und Sicherheit versprechen.
Männer springen dagegen eher auf höhere Tonlagen und Schwankungen im Tonhöhenverlauf an, da sie sexuelle Bereitschaft anzeigen. Auch verhauchte Stimmenteile werden von ihnen als attraktiv bewertet. Dass sich aus der Stimme sogar Alter, Gewicht und Körperproportionen herauslesen lassen, wies der Evolutionspsychologe Gordon G. Gallup schon 2004 in einer Studie nach.
Fazit
Diese und noch weitere, viel tiefreichendere Erkenntnisse haben Dr. med. Uso Walter und Dr. med. Lucia Schmidt in ihrem Buch versammelt. Zu viel um die Ohren – Wie Stress das Hören verändert ist mehr als nur ein Buch. Es ist ein Rezept, eine Gebrauchsanweisung mit Zahlreichen Hinweisen und Antworten auf Fragen zum Thema hören. Fragen die sie schon immer beantwortet haben wollten oder nie darauf gekommen wären, diese so zu fragen, aber es vielleicht jetzt tun sollten.
Titelbild © Unsplash / Hailey Kean
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