Seit einem Jahr Leben wir nun schon mit diesem Virus. Man könnte fast behaupten, der Status quo sei der gleiche wie damals. Als wir alle so plötzlich und alternativlos vor vollendete Tatsachen gestellt wurden und ein harter Lockdown verkündet wurde. Es sollte nicht bei diesem einen bleiben und zum derzeitigen Stand ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Außer vielleicht vom entgegenkommenden Zug mit der Aufschrift „4. Lockdown im April“. Zur „großen Freude“ von Live-Musikern.
Den Hilferuf von wirklich allen Leidtragenden hören
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und ein Lockdown Nr. 4 somit bei weitem keine Hiobsbotschaft mehr. Doch die Angewohnheit zum gezwungenen hackenstad sein möchten sich viele Menschen mittlerweile wirklich gerne wieder abgewöhnen. Dazu gehört allem voran die Kunst- und Kulturbranche.
Innerhalb dieser wird von gesellschaftlicher Seite wie auch von behördlicher Seite abermals auf Relevanz und Ausmaß der prekären Situation differenziert, so wie wir es aus allen anderen Bereichen kennen. Das ist nur menschlich und sei vorerst niemandem allzu sehr zu verübeln. Doch am Ende muss ein Konsens darüber bestehen, dass jeder Beruf seine Daseinsberechtigung hat und in diesen Zeiten nicht zurückgelassen werden darf.
All Eyes on us. So in etwa dürfte es sich im Grunde für so ziemlich alle Djs auf einer Bühne im Rampenlicht während einer Show anfühlen. Dieser Job bringt auch viel Attraktives mit sich. Doch das ist nur eine Seite der Medaille.
Denn diese ach so lässig klingende Tätigkeit, ob als reines Hobby oder hauptberuflich, hat durchaus ihre Kehrseiten und bleibt weiterhin ein äußerst undankbarer Job. Von vielen Seiten bleibt das Bewusstsein aus und vor allem die nötigen Rahmenbedingungen zur Ausführung werden nicht gewährleistet. Es liegt einiges im Argen.
Einigen wir uns alle somit darauf, dass ein*e DJ genauso Aufmerksamkeit und Unterstützung braucht wie z.B. ein professioneller Violinist und eine Fagottistin eines Orchesters. Es mag schon den ein oder anderen Unterschied geben, doch vom Prinzip her bleibt es sich gleich. Sobald es die Lage wieder zulässt, wünschen wir uns doch allesamt unsere Livemusik zurück. Dazu gehört nun mal auch der turntable master im Club oder auf einem Festival.
Moderne Probleme erfordern „moderne“ Lösungen
Damit es jedoch überhaupt so weit kommt und nicht ein Großteil der Djs ihre Leidenschaft aufgrund der misslichen Lage und frustrierenden Aussichten endgültig an den Nagel hängen, muss rechtzeitig gehandelt werden. Es bedarf einer anständigen Vertretung, die am Verhandlungstisch beisitzt. Oft muss aber erst etwas geschehen bzw. muss man die Sache selbst in die Hand nehmen, damit die Dinge endlich in die Gänge kommen.
Das dachten sich unter anderem diverse Dj*anes, die sich nun zusammengeschlossen haben, um sich gewerkschaftlich zu organisieren. Denn dafür ist die Institution einer Gewerkschaft mit so vielen Mitgliedern nun einmal da – die Interessen von diversen Gruppen zu vertreten. Somit eigentlich eine gar nicht so moderne Maßnahme.
Mit Thomas Dürrer, dem leitenden Sekretär der Sektion Musik in der Younion, die zum ÖGB gehört, hat man hier eine geeignete Ansprechperson gefunden. Er erkennt die Zwangslage und bringt es auf den Punkt. Indem er davon spricht, dass dieses Berufsfeld grundsätzlich als solches kaum Anerkennung findet und daher quasi in der Luft hängt.
Nicht zuletzt liegt das auch ganz einfach daran, dass neben der verzerrten, öffentlichen Wahnehmung bzw. Anerkennung auch die gesetzlichen Richtlinien hier ein Bein stellen. Denn gestützt durch die in der Verfassung lautenden Definition eines Gewerbes sieht unter anderem die WKO die Tätigkeit eines Djs und einer Djane regelrecht als künstlerische Ausübung an. Somit greifen hier die gewerberechtlichen Bestimmungen nicht.
Was vor nun mehr knapp 100 Jahren so niedergeschrieben wurde, kann oder sollte jedoch heutzutage hinterfragt und korrigiert werden. Denn die Welt dreht sich tatsächlich auch im Musik- und Eventmanagementbereich weiter.
In allem Schlechten steckt auch etwas Gutes
Versuchen wir es positiv zu sehen. Ohne solch ein Erdbeben wie Corona würde man nun wohlmöglich nicht diese überfällige Auseinandersetzung über mangelhafte Arbeitsbedingungen der DJs führen. Darunter fallen Zustände bezüglich Hygiene, Equipment, Gagen, Steuern, freundlichem Personal oder gar der körperlichen Unversehrtheit, welche allesamt nicht mit Glanz, Zuverlässigkeit und Sicherheit bestechen.
Umso mehr bietet es sich für Betroffene daher an, ein Mitglied von „Deck“, wie sich die Neugründung von Younion nennt, zu werden. Ziel muss es sein, selbst die/den kleinste/n no-name Dj aus Hintertupfing am Berg beim siebten Zwerg abzuholen und nicht im Regen stehen zu lassen.
Sobald einmal mit vereinten Kräften ein höhrbares Sprachrohr ermöglicht wird, kann auf reale Probleme hingewiesen und nach Lösungen gesucht werden. Kommt einmal ein Stein ins Rollen, so ist es zur Ausweitung des Diskurses wie etwa über zu geringe Diversität in der Branche nicht mehr weit.
Die Vergessenen setzen auf die, die zum Vergessen sind
Die bürokratischen, judiziellen und legislativen Mühlen Österreichs mahlen langsam. Doch sie mahlen. Nur die Zeit wird zeigen, ob künftig ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt werden will. Denn hierbei ist es definitiv eine Frage des Willens, wenn doch schon die Aufmerksamkeit auf diesen Missstand erungen werden konnte. Die Regierung sei dazu aufgefordert, nicht auch hier noch wegzuschauen.
Denn ausbleibende Hilfsgelder, Zickzack-Kurs, halbherzige Kampagnen, verabsäumte Aufstockung der medizinischen Kapazitäten sowie auch der höflich ausgedrückt holprige und schneckenartig langsame Impfstart gehen sich für uns irgendwann einfach nicht mehr aus. Doch der gelernte Österreicher weiß schon Bescheid.
Mehr denn je wird dank dieser Pandemie unter Beweis gestellt, wovon es dringend mehr braucht – Einfühlungsvermögen, Solidarität und Weitblick. Diese Krise ist ein guter Test, um aufzuzeigen, ob und wie sehr man selbst den eigenen Ansprüchen gerecht wird. Oder ob es am Ende doch nur ein oberflächlicher Hauch von virtue signaling bleibt.
So deutlich es uns auch wird, wie wichtig die systemerhaltenden Berufe für uns als Gesellschaft sind, so sollten wir auch ausreichend Empathie und Verständnis als einzelne Individuen aber auch als VerantwortungsträgerInnen dafür aufbringen, dass nicht jede/r diesen Weg einschlagen kann und soll. Denn jetzt haben erstere abgesehen von Überstunden und erhöhter Belastung zumindest mal nicht den Kürzeren gezogen. Nämlich indem sie zum Nichtstun und Warten auf bessere Zeiten verdammt sind. In diesem Sinne: wake them up before september ends.
Titelbild Credits: Shutterstock, Credits@DisobeyArt
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