Liam Neeson in Taken, Keanu Reeves als John Wick oder Chris Hemsworth als Tyler Rake. Irgendeiner kämpft sich immer irgendwo durch und befreit irgendwen anderen von irgendwas. Der Netflix-Film 60 Minuten ist von der Story her also nicht neu. Ist aber vermutlich der erste wirklich coole Actionfilm aus Deutschland, den man sich ansehen sollte.
60 Minuten: eine Story erklärt in 10 Sekunden
Der MMA-Kämfer Octavio (Emilio Sakraya) hat den Geburtstag seiner Tochter wieder einmal verpasst. Das Ultimatum der Mutter: in 60 Minuten da sein, oder sein Sorgerecht ist futsch. Hört sich nach einer easy Aufgabe an. Doch leider muss Octavio gerade jetzt in den Ring steigen und kämpfen.
Was tun? Moralisch ist die Sache klar: Der Kämpfer pfeift auf den Kampf und türmt noch vor dem ersten Gong. Was er nicht weiß ist, wie viel Geld bei diesem Kampf eigentlich auf dem Spiel steht. Und klar, die Wettmafia ist nicht gerade nachsichtig und jagdt ihn durch ganz Berlin.
Rheingold-Star Emilio Sakraya begibt sich auf eine actiongeladene und natürlich auch Testosteron-geschwängerte Odyssee von Wedding nach Neukölln. Der Schauspieler betreibt jedoch seit seinem 5 Lebensjahr Kampfsport, sodass die Kämpfe wirklich sehr überzeugend sind. So überzeugend, dass der Bibi & Tina-Schauspieler alles Stunt selbst übernommen hat. Na ja, fast. Lediglich bei einer nachträglich gedrehten Sprint-Szene kam ein Double zum Einsatz.
Das Hektische als Problem
Doch jetzt kommt es: Die Kämpfe mögen ja beeindruckend sein, was man dem Film jedoch vorhalten muss, das ist seine Hektik. Bedeutet, dass viele zu hektische Film-Schnitte und eine auf Speed ausgerichtet Kamerafahrt sehr viel von den an sich gut choreografierten Kämpfen wegnehmen. Was extrem schade ist, denn dieses übertriebene Action-Getue wäre überhaupt nicht nötig.
Denn mit Tolga Degirmen und Thomas Hacikoglu sind, was die Choreografie betrifft, nämlich zwei Profis am Werk, die unter anderem schon Henry Cavill in The Witcher gut in Szene gesetzt haben.
Zusammen mit Sakraya haben sie auch die 5 großen Kampfszenen des Films erarbeitet. Weiteres Highlight ist Marie Mouroum, eine internationale Stuntfrau, die schon bei James Bond und Star Wars sowie als Darstellerin auch in Black Panther zu sehen war. Zeitgleich mit 60 Minuten drehte sie auch als Queen Latifah-Double für die Serie The Equalizer. Hintergrundinfo: Wie Sakraya hat auch sie in jungen Jahren in Berlin, dieselbe Karateschule besucht.
Hektische 60 Minuten
Aber zurück zum Film: 60 Minuten beginnt in Medias res, kurz vor dem Kampf. Alles ist mit Adrenalin beladen, wie das in Männerfilmen üblich ist. Octavio hat alles geplant, sodass er rechtzeitig bei der Geburtstagsfeier seiner Tochter sein kann. Doch der Kampf verzögert sich, und der Geburtstag der Tochter rückt unerbittlich näher. Das Adrenalin schon allgegenwärtig, das Testosteron sowieso und dann überschlagen sich die Ereignisse, der Kämpfer türmt und wird verfolgt.
Und wir wollen gar nicht viel über die Dramaturgie sprechen, denn es ist klar, dass in so einem Film der Action alles andere untergeordnet wird, sodass man sich darin filmisch uneingeschränkt entfalten kann. Und genau da liefert 60 Minuten, trotz beeindruckender Szenen im internationalen Vergleich einfach zu wenig ab.
Komplex ausgeklügelte Long Shots von Kampfszenen wie in Tyler Rake sucht man in 60 Minuten leider vergebens. Das Licht ist zwar oft neon-grell wie in John Wick, das Niveau desselben erreicht man dennoch nicht. Und die allgemeine Hektik, die uns Zusehende ins Geschehen zieht, wirkt sich bedauerlicherweise negativ auf die Kampfszenen aus. Zu rasche Schnitte versperren die Sicht auf im Grunde gut ausgearbeitete Kampfszenen. Einzig Mouroum mag mit einer hervorragenden Choreografie zu überzeugen.
Emilio Sakraya, 60 Minuten, Netflix und ein Fazit
Die deutsche Netflix-Produktion 60 Minuten ist ein durchaus sehenswerter Actionfilm. Doch in letzter Zeit haben die schon erwähnten Actionfilme wie John Wick, Tyler Rake, Taken usw. die Latte immer wieder höher gelegt. Wenn man einen außergewöhnlichen Actionfilm machen will (mit Kampfkunst inklusive), dann muss man sich einfach an diesen Filmen orientieren, und wenn schon nicht übertreffen (Budget!) so doch zumindest versuchen an das Niveau heranzukommen.
Und das schafft 60 Minuten enttäuschenderweise nicht. Obwohl es ein guter Film ist und nicht falsch verstehen, für die Verhältnisse des deutschen Actionfilms wohl so etwas wie eine kleine Revolution. Doch im internationalen Vergleich hinkt man immer noch hinterher.
60 Minuten hat den Abstand zwar verkürzt, aber eine ganz offensichtliche Distanz ist immer noch augenscheinlich. Für das überschaubare Budget haben Emilio Sakraya zwar mehr als nur das Mögliche herausgeholt und verdienen dafür natürlich Anerkennung. Doch was Action und die Inszenierung von Martial Art angeht, ist die internationale Konkurrenz immer noch um einiges voraus.
Ganz zu schweigen von den Kung-Fu-Filmen der 1960er,1970er und 1980er Jahre. Was Kampfkunst betrifft, bleiben diese vom Rest der Welt immer noch unerreicht, ganz zu schweigen von der Performance eines Jackie Chan. Aber was das betrifft, kämpft dieses sogenannte Wuxia-Genre wohl in einer ganz eigenen Liga.
Bilder © Netflix
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