Mit dem zweiten Lockdown wieder der Aufschrei. Nach dem Vertrauensverlust in die aktuelle Regierung nur zu verständlich. Der Frust steigt. Mit ihm aber auch erneut die Infektionszahlen. „Light“ klingt für die einen zu inkonsequent, für die anderen wie eine Einladung, ungeniert genau gleich weiterzumachen. Aber Krise ist Krise, das ändert sich auch nicht mit der Inkompetenz gewisser Staatsmänner.
Kurz hat lang gewartet. Gwurschtlt is worden. Die Corona-Ampel sorgte für Verunsicherung. Mehr, als sie wirklich half. Wieder Vertrauen, das verloren ging. Anstelle von Leader-Qualitäten folgten Selbstinszenierungen auf Selbstinszenierungen. Mit dem Anstieg der Infektionen nun die unbedingte Notwendigkeit zu handeln. Ankündigung zur Ankündigung – typisch Kurz. Wieder Frust. Darauf folgten Parteikalkül und Ausschluss diverser Bundesländer. Kurz wieder mit Vertrauensbruch.
Nach dem Fauxpas im Frühjahr sah sich die Regierung mit einem weitaus kritischeren Blick konfrontiert. Keine leichte Aufgabe. Also entschied sie sich für eine möglichst liberale Form der Reaktion. In Form des Lockdowns zwei. Besser, Lockdown light.
Verordnungen sind nur das Mindestmaß
Am Samstag dann die Verkündung der neuen Maßnahmen. Alles scheint halb so schlimm zu sein. Ausgangsbeschränkungen, keine Ausgangssperre. Gastronomie macht zu. Die Shoppingsucht darf weiter befriedigt werden. Nur nach 8 Uhr, da ist Schluss mit lustig.
Wenn ein Lockdown wie Schluss machen mit dem Partner wäre:
Wie Deutschland Schluss macht:
Wir machen Schluss. Zieh am Montag aus.Wie Österreich Schluss macht:
Schau'n mer mal. Vielleicht mache ich mit dir Schluss, ist aber noch nicht fix. Verschmitzes Lächeln, lieb guck.— Joanalistin (@Joanalistin) October 29, 2020
Was seitens der Verordnungen unbedingt einzuhalten ist, spiegelt nur das Mindestmaß dessen wider, was wir geschlossen gegen die zweite Welle tun müssen. Stattdessen die Suche nach Schlupflöchern. Spazieren gehen ist ja erlaubt. Zufällig führt der Marsch am Hawara vorbei, der doppelt Bier eingekühlt hat. Andere wiederum fordern härtere Maßnahmen. Wegen genau dieser Schlupflöcher.
In der Tat scheinen die neuen Verordnungen kein konsequentes Vorgehen gegen die zweite Welle zu sein. Doch liegt dies auch an der besonderen Vorsicht seit dem Debakel im Frühjahr. Die JuristInnen diskutieren. Sind Einschränkungen des Privatlebens jetzt etwa doch erlaubt? Solange es um die Gesundheit geht, stütze dies auch die Verfassung. Es bleibt erstmal bei light.
Der Appell an die Vernunft
Die neue Normalität – so wurde es seinerzeit prognostiziert. Das Laisser-Faire der letzten Monate rächt sich jetzt. Einerseits Chaos, andererseits Inkonsequenz. Früher Vorbild für Europa, heute ist Österreich der Nachzügler. Durch gefühlte Ungleichbehandlung noch mehr Frust, noch weniger Verständnis für das, was jetzt schon wieder kommt.
So sehr diese Regierung ihre Aufgaben zum Teil nicht sonderlich geschickt gelöst hat, die Krise ist immer noch eine Krise. Verständlich, dass die Menschen überdrüssig sind und niemand mehr den Willen aufbringen möchte, selbstständig gegen die zweite Welle etwas zu tun. Aber die Zahlen steigen. Im Gegensatz zu den Umfragewerten von Kurz.
Bei der spanischen Grippe wurden die Menschen von der zweiten Welle überrascht.
Wenn sie das Internet gehabt hätten, wären sie vorbereitet gewesen und nicht so leichtsinnig …
Oh!
— der Vossi (@derVossi_) October 28, 2020
Stay Home – das sollte wieder das Maß aller Dinge sein. Die Menschen müssen aufhören, sich in Bezug auf die Pandemie einzig am Gesetz zu orientieren. Nur für das Nötigste nach draußen. Soziale Kontakte reduzieren. Homeoffice, sofern dies möglich ist. Spaziergänge alleine oder mit Abstand. Und das Übliche – Hände waschen, Masken und Co.
Eigenverantwortung statt Regeln. Ein riskantes Spiel. Aber vielleicht verstehen die Menschen es, wenn jemand aus ihrem Umfeld in der Intensivstation landet. Doch dann könnte es zu spät sein. Wir bewegen uns auf eine Überlastung zu. Daher der Appell an die Vernunft. Lieber über das Präventionsparadox diskutieren als über Tote. Je besser Maßnahmen funktionieren, umso mehr fällt auch der Glauben an ihre Notwendigkeit – so ist das eben.
Dieses ekstatische Pre-Lockdown Wochenende führt uns eine weitere Art von Präventionsparadox vor Augen: Die bloße Ankündigung einer Präventionsmaßnahme verstärkt das Infektionsgeschehen. Der Lockdown mildert dann die Folgen seiner eigenen Ankündigung. ?
— Wendy Gondelntrauertragen (@DiggaDuck) November 1, 2020
Außerdem: Du schützt dich doch auch vor HIV, obwohl du vielleicht niemanden kennst, der es hatte, oder?
Titelbild Credits: Shutterstock
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