In Zeiten des Corona-Lockdowns und der damit einhergehenden Einsamkeit, ist die Nachfrage nach Haustieren enorm gestiegen. Doch am wenigsten hilft dieser Trend den Tieren. Vor Käufen im Internet sei gewarnt. Illegale und skrupellose Tierhändler füllen sich die Taschen. Auch die Käufer selbst müssen sich überlegen, ob auch nach der Pandemie ausreichend Zeit und Liebe für die Tiere da ist. Eine Bestandsaufnahme.
Einsamkeit ade!
Gerade während der Corona-Pandemie leiden viele Menschen unter Einsamkeit und Sinnleere. Die fehlende soziale und kulturelle Zerstreuung konfrontiert uns mit uns selbst. Eine intensive Erfahrung, der leider nur die wenigsten gewachsen sind. Deshalb legen sich auch immer mehr Menschen ein Haustier zu. Zur Beschäftigung. Damit sie „auch einmal rauskommen“. Oder damit sie einfach nicht mehr so alleine sind.
Natürlich gibt es bei letzteren auch Alternativen. Aber im Grunde ist die Nachfrage nach tierischen Kumpanen derzeit so groß, dass der Handel diese nicht zu bedienen in der Lage ist. Vor allem die Heimtierbedarfskette Fressnapf profitiert von dieser Entwicklung. In Österreich ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 18 Prozent gestiegen. 2020 gab es einen Rekordumsatz.
Tierheime zeigen sich besorgt
Grund zur Freude sehen in dieser Entwicklung vermutlich nur jene Menschen, die sich ein Haustier zugelegt haben. Doch vor allem Tierschützer beobachten diesen Trend mit Sorge. In ihrer Notlage (Homeoffice, Kontaktbeschränkung und Lockdown) vergessen viele, welche Verantwortung ein Haustier mit sich bringt. Sowohl in finanzieller als auch in zeitlicher Hinsicht. Aber auch im Mensch-Tier-Umgang. Das alles wird unterschätzt, weil man ja gerade seine missliche Lage verbessern will.
Doch die Gefahr ist groß, dass, sollte sich die Corona-Lage wieder entspannen, viele von den Tieren wieder in die Tierheime abgeschoben werden. Die Tierschützer wissen, dass in den ersten Monaten die Begeisterung noch groß ist. Doch hat sich diese einmal gelegt, werden viele Tiere wieder abgegeben. Darüber im Bilde sind die Tierpflegenden bei Vergabeanfragen daher besonders sensibel. Sie achten auf Details und fragen nach, ob die Betreuung auch nach dem Lockdown für die Tiere passend gestaltet werden kann. Daher gilt es sich als Interessent, diese Entscheidung sehr gut zu überlegen. Nicht nur für sich selbst, sondern vor allem zum Wohle des Tieres.
Illegaler Welpenhandel im Internet
Doch ist es nicht so sehr die Rückgabe, der aus den Tierheimen selbst erhaltenen Tiere, die den Tierschützern Sorgen macht. Vielmehr ist es die befürchtete Abgabewelle von Tieren, die nicht aus dem heimischen Tierschutz adoptiert wurden. Denn die Nachfrage nach Haustieren ist stark. Nicht nur in den Tierheimen selbst, sondern vor allem bei illegalen Anbietern im Internet. Besonders der Welpenhandel boomt.
Eine Untersuchung zeigt, dass sich die Welpenanzeigen auf Ebay Kleinanzeigen teilweise verdoppelt haben. Vor allem im Bereich der „Trendhunderassen“ wie z.B. Mops und Zwergspitz. Dort lag der Anstieg bei 57,14 Prozent. Meist handelt es sich bei den Anbietern jedoch um skrupellose Händler, denen das Wohl des Tieres alles andere als am Herzen liegt. Klar, es geht wie immer ums liebe Geld. Und nicht um wenig. Ein Zwergspitz-Welpe kostet auf Ebay zwischen 1.500 bis 3.000 Euro.
Welpen aus dem Internet – einfach und schnell
Tierheime legen bei der Vergabe von Tieren den Fokus eher darauf, ob Tier und Mensch gut zusammenpassen. Bevor ein Tier also adoptiert werden kann, kommt es oft zu Hausbesuchen und ausführlichen Gesprächen mit den zukünftigen Besitzern. Dabei kann jedoch auch herausstellen, dass man als Mensch noch nicht bereit ist für ein Tier.
Einfacher, ohne Nachfragen und Vergabekriterien ist da natürlich der Kauf eines Tiers im Internet. Dort interessiert es niemanden, was mit den Tieren geschieht, solange bezahlt wird. Hinter dieser „Philosophie“ stecken für gewöhnlich skrupellose Händler, die die Welpen unter unwürdigen Bedingungen „produzieren“. In so genannten Vermehrungsstationen.
Die Käufer und Käuferinnen bekommen in der Regel auch Tiere, die zu früh von der Mutter getrennt wurden, Traumatisches erlebt haben und oft schon krank sind. Skurriler Weise sind das übrigens genau jene Gründe, warum viele kein Tier aus dem Tierheim wollen. Ein Trugschluss. Denn der perfekte Welpe aus dem Internet entpuppt sich leider allzu oft als ein traumatisiertes und krankes Geschöpf. Das gilt natürlich nicht nur für Hunde.
Billig war einmal
Interessant an der Sache ist auch, dass es den Käuferinnen und Käufern, die diese Tiere online bestellen, nicht unbedingt ums Geld geht. Denn wer glaubt, die Tiere im Internet zu bestellen wäre billig, der irrt sich gewaltig.
„Es gibt inzwischen Vermehrer aus Osteuropa, die sich mit sehr professionellen Onlineauftritten als Züchter ausgeben und die man auch am günstigen Preis nicht mehr erkennen kann. Die Preise sind mit der Nachfrage gestiegen – und sie verleihen den Händlern eine Scheinseriosität.“, so Elisabeth Penz von Vier Pfoten. Aufgrund dieser professionellen Vorgehensweise der Betrüger, wird es immer schwieriger zwischen seriösen und unseriösen Anbietern zu unterscheiden. Sogar bei der Übergabe der Tiere selbst werden oft Hündinnen mitgenommen, die das vermeintliche Muttertier spielen.
Es wird daher nahegelegt, erst gar keine Tier im Internet zu kaufen. Die Verweigerung des Konsums ist daher der beste Ansatz, illegalen Tierhandel zu verhindern bzw. vorzubeugen. Doch alle Unbelehrbaren sollten, wenn sie schon übers Internet bestellen müssen, auf einige Dinge achten. Verdächtig ist es z.B., wenn ein vermeintlicher Züchter mehr als eine Rasse anbietet. Vor allem wenn es sich um Rassen handelt, die gerade angesagt sind. Wie momentan der Mops oder die Französische Bulldogge.
Tierverkauf boomt!
Doch nicht nur „die Klassiker“ wie Hunde und Katzen werden „in Massen“ verkauft. Auch der Zoofachhandel blüht auf, unter der immensen Nachfrage. Auch das sehen Tierschützer kritisch, dass „Wellensittiche oder Hamster aktuell offenbar als „Massenware“ über die Ladentheke gehen und selbst exotische Wildtiere an jedermann verschachert werden“, so der Deutsche Tierschutzbund in einer Pressemitteilung.
Auch Zoofachhandelinhaber Norbert Zajac bestätigt, dass der Verkauf boomt. „An zwei Tagen haben wir zuletzt 84 Hamster verkauft“, so dieser noch im Januar 2021. Zum Vergleich. Vor der Corona-Pandemie waren es zehn bis 15 Tiere pro Woche.
#Haustierboom durch #Corona: 2020 stieg die Zahl der #Haustiere in Deutschland um unglaubliche 1 Mio. auf knapp 35 Mio. Ein Tier bei euch aufzunehmen, ist eine Entscheidung fürs Leben. 💙 Überlegt daher bitte gut, ob ihr bereit dafür seid. Wir geben Tipps: https://t.co/ZDlyjDo7qV pic.twitter.com/caigVWaAmr
— Tierschutzbund (@tierschutz_bund) March 24, 2021
Was man beim Tierkauf beachten muss
Besonders in diesen schweren Zeiten der Einsamkeit und Sinnleere kann so ein Tier eine starke emotionale Hilfe sein. Eine Umfrage bestätigt, 72 Prozent der Hundehalter fühlen sich seit Corona stärker mit ihrem Hund verbunden. „Tiere fördern emotionales Wohlbefinden, weil sie unbedingte Zuwendung geben, ohne Wertung und Kritik – egal wie es uns geht, egal wie wir aussehen.“, erläutert Prof. Dr. Nestmann, Psychologe und Mitglied der Forschungsgruppe „Mensch-Tier-Beziehung“ an der TU Dresden. Doch sollte diese Zuwendung keine Einbahnstraße bleiben. Auch in der Mensch-Tier Beziehung nicht.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, bringt es daher auf den Punkt: „Tiere bringen Freude, sie schenken Wärme und Zuneigung. Dinge, nach denen sich viele gerade sehnen. Dennoch darf dies nicht dazu verleiten, sich leichtfertig ein Tier anzuschaffen!“ Ein Haustier bedarf volle Aufmerksamkeit. Auch dann, wenn der Lockdown vorbei ist und das life mit Bars, Reisen und Clubs wieder losgeht. Tiere. „Sie sind nicht nur ein Zeitvertreib in Pandemiezeiten, sie sind eine Verantwortung fürs Leben.“
Titelbild Credits: Shutterstock
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