Abtreibung in Österreich: Legal oder illegal? Was bedeutet die Fristenlösung? Und was gibt es Neues aus Vorarlberg?

Wusstest du, dass Abtreibung in Österreich immer noch illegal ist? Dass ein Schwangerschaftsabbruch sogar mit Haft bedroht ist? Und wie geht es jetzt in Vorarlberg weiter, wo der einzige Arzt, der Abbrüche durchführt, heuer in Pension geht?
Abtreibung in Österreich immer noch illegal
Im Prinzip dürfen Frauen in Österreich selbst über ihren Körper bestimmen. Außer sie werden schwanger. Denn was die Wenigsten wissen: In Österreich ist eine Abtreibung tatsächlich immer noch illegal! Und zwar für alle Beteiligten.
Ein Schwangerschaftsabbruch steht hierzulande als einzige medizinische Leistung im Strafgesetzbuch und wird sogar mit einem Jahr Haft bedroht!
50 Jahre Fristenregelung zum Schwangerschaftsabbruch
Morgen, am 29. November 2023 ist es genau 50 Jahre her, dass der Nationalrat den ersten Beschluss zur Fristenregelung gefällt hat. § 96 Strafgesetzbuch sieht eine Freiheitsstrafe für Betroffene und deren Ärzt*innen von bis zu einem Jahr vor. Erst durch § 97 Strafgesetzbuch werden Ausnahmen von diesem Verbot geregelt und Strafen für Abbrüche in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten aufgehoben.
Das Gesetz besagt also, Abtreibung ist illegal, aber in den ersten drei Monaten straffrei. „Das führt zu gesellschaftlichem Stigma, Scham und der Verurteilung von Betroffenen“, erklärt Angela Tunkel von der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF) gegenüber der Krone.
30.000 bis 40.000 Abtreibungen pro Jahr in Österreich
„Die Fristenregelung war eine wichtige Errungenschaft und hat die Situation von vielen ungewollt Schwangeren erleichtert. Nach 50 Jahren ist es aber an der Zeit für eine Entkriminalisierung und mehr Selbstbestimmung“, sagt Stefanie Grubich, Kommunikationsexpertin und Mitinitiatorin der Kampagne #AusPrinzip, die fordert, dass Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz verschwinden, sowie auch die Übernahme der Kosten durch Krankenkassen und die Versorgung in der Nähe des Wohnorts.
Denn ungewollt Schwangere stehen in Österreich vor massiven Hürden: „Wer sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, muss zwischen 300 und 1000 Euro bezahlen und je nach Wohnort viele Kilometer fahren, um überhaupt eine Ordination oder Klinik zu finden, die Abbrüche durchführen“, weiß Pamela Huck von Pro Choice Austria.
In Österreich werden Schätzungen zufolge 30.000 – 40.000 Schwangerschaftsabbrüche pro Jahr durchgeführt, offizielle Daten gibt es keine. Der Zugang zu entsprechenden Angeboten ist allerdings äußerst schlecht. In Tirol gibt es im Moment nur eine einzige Stelle, die Abtreibungen durchführt – im Burgenland gibt es sogar gar keinen Arzt, der ungewollte Schwangerschaften abbricht.
Vorarlberg: Schwangerschaftsabbrüche nun erstmals in einem Krankenhaus möglich
In Vorarlberg gab es bisher gerade mal einen einzigen Arzt, der Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt hat, und der geht heuer in Pension. Ein dementsprechendes Angebot in einem Krankenhaus zu schaffen wurde lange und intensiv diskutiert, dann wieder verworfen und nun soll es endlich Realität werden.
Betroffene Frauen können sich ab heute über eine im Landeskrankenhaus Bregenz eingerichtete Telefonnummer einen Termin ausmachen. Anrufen kann man dienstags und donnerstags von 13 bis 15 Uhr unter der Nummer 05574/401-7900 bei der „Sprechstunde für Schwangerschaftsabbrüche im Rahmen der Fristenregelung“. Die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch von 720 Euro müssen die Frauen selbst bezahlen.
„Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkennt in ihrer Leitlinie zu Abortion Care (2022) den Schwangerschaftsabbruch als eine Leistung zur gesundheitlichen Versorgung von Frauen, die zugänglich, kostenlos und nicht kriminalisiert sein sollte,“ ergänzt Huck.
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„Ein Schwangerschaftsabbruch ist ein medizinischer Eingriff wie jeder andere auch. In der Regel verläuft er vollkommen komplikationslos und hat auch keine Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit von Frauen. Es ist unverständlich, dass eine normale medizinische Leistung im Strafgesetzbuch abgehandelt wird und privat bezahlt werden muss. Die Krankenkasse muss die Kosten übernehmen!“, fordert Prim. Univ.-Prof. DDr. med. Barbara Maier, Vorständin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe Klinik Ottakring, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe.
Auch der Verein ÖGF (Österreichische Gesellschaft für Familienplanung) fordert seit langem, dass die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche von Sozialversicherungen übernommen werden, genauso wie die Kosten für Verhütungsmittel.
Denn, so Tunkel : „Der Zugang zu kostenfreier Verhütung, Verhütungsberatung und sexueller Bildung ist die beste Prävention vor ungeplanten Schwangerschaften.“
Beratungsstellen in Österreich
Informationen zu Möglichkeiten und Anlaufstellen
Beratungsstelle für verschiedene Gesundheitsthemen
Staatlich geförderte Beratungsstellen (österreichweit)
Netzwerk Frauenberatung
Beratungsstellen für Frauen und Mädchen
CHANGES for Women
- diese Organisation unterstützt ungewollt Schwangere, die sich den Abbruch nicht leisten können.
Bilder © Shutterstock
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