Gewalt gegen Frauen: Subtiles Victim Blaming durch das Bundeskriminalamt
Ein Informationsblatt mit „Verhaltenstipps im öffentlichen Raum“, das das Bundeskriminalamt im Innenressort anlässlich des Internationalen Weltfrauentages am 8. März verfasst hat, sorgt derzeit ordentlich für Gesprächsstoff. In diesem Schreiben will man Frauen im Rahmen der Initiative „Gemeinsam sicher“ Ratschläge für ihre Sicherheit geben und auf das Thema Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen.
Zur Erinnerung: 29 offiziell bestätigte Femizide gab es in Österreich im Jahr 2021. Davon wurden nur drei der getöteten Frauen nicht vom eigenen oder ehemaligen Partner ermordet. Und auch dieses Jahr dokumentierten die Autonomen Frauenhäuser laut Statistik bereits drei mutmaßliche Femizide.
Falscher Fokus bei häuslicher Gewalt
Das Thema Gewalt gegen Frauen ist in Österreich allgegenwärtig. Umso wichtiger ist es nun, präventiv anzusetzen, um zukünftige Femizide zu verhindern. Doch in dem Informationsblatt des Bundeskriminalamtes wird diese Verantwortung lediglich Frauen zugeschoben.
„Jede Person hat das Recht auf den Schutz der körperlichen Integrität und der persönlichen Grenzen“, heißt es darin. Und weiter: „Durch Beachtung und Umsetzung von situationsbedingten Präventionsmaßnahmen können Gefahren vielfach vermieden werden. Gerade durch einfache, allgemeine Hinweise kann man seine persönliche Sicherheit erhöhen.“
Tipps wie: „Präsentieren Sie sich selbstbewusst! Gewöhnen Sie sich generell an, mit selbstbewusstem Schritt, offenem Blick und aufrechter Haltung zu gehen“, oder auch „Machen Sie von einem Taschenalarm Gebrauch“, lassen einen aufhorchen. Außerdem sollten sich Frauen bewusst machen, dass „Vorsicht und Achtsamkeit stets geboten“ sind.
Victim Blaming statt Präventionsarbeit
Das Bundeskriminalamt erreicht damit vor allem eines – und zwar, Frauen in die Rolle der Eigenverantwortung zu drängen. Statt nachhaltigen Gewaltschutz und aufklärende Präventionsarbeit zu betreiben, macht man Frauen selbst für die erlebte Gewalt verantwortlich.
Vor allem geht es in dem Schreiben hauptsächlich darum, wie Gewalt im öffentlichen Raum abzuwenden ist. Dass der Großteil der Gewaltvorfälle jedoch in den eigenen vier Wänden stattfindet und von einem (ehemaligen) Partner oder einem engen Familienmitglied ausgeübt wird, wird zwar erwähnt, in den Sicherheitstipps selbst allerdings vollkommen außer Acht gelassen.
Das Problem besteht auch darin, dass Frauen bereits von klein auf immer wieder zu hören bekommen, vorsichtig und wachsam zu sein, denn in der Öffentlichkeit könne ihnen alles Mögliche zustoßen. Als wäre es kein Menschenrecht, nicht angegriffen, misshandelt oder vergewaltigt zu werden, sondern ein Privileg, welches man sich hart erkämpfen muss. Es geht nicht darum, wie Frauen sich in Zukunft besser schützen können, sondern das Fehlverhalten von Männern endlich zur Rechenschaft zu ziehen.
Und was nun?
Um Gewalt gegen Frauen zukünftig zu vermeiden, ist es wichtig bei den Männern anzusetzen. Es braucht mehr Aufklärungs- und Gewaltpräventionsarbeit, Opferschutzorganisationen und Männerberatungsstellen. Eine Auflösung der obsoleten Rollenbilder ist dabei genauso wichtig wie das Bekämpfen männlicher Stereotypen. Idealerweise beginnt dies bereits bei der Erziehung von Buben im Kindesalter. Was es aber ganz bestimmt nicht braucht, sind noch mehr Schuldzuweisungen an Frauen und ein Entzug von Männern aus der Verantwortung.
Titelbild © Shutterstock
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
Wenn Musik auf tiefen, inneren Schmerz trifft - Faces x Mirac - Grow EP
Independent Musik aus Österreich bekommt viel zu wenig Aufmerksamkeit, weshalb wir ihr wieder einmal etwas Zeit widmen. Eine EP, zwei Musiker und ein paar Fragen offenbaren, dass hinter diesen Songs sehr viel Emotion und eine schwere persönliche Geschichte stecken. Wir haben für euch reingehört, nachgefragt und hier dürft ihr jetzt lesen, was die EP von FACES x MIRAC so besonders macht.
Katzen vegan ernähren: gesünder oder nicht?
Katzen und Hunde vegan ernähren? Das geht und scheint nicht ungesund zu sein. Doch Vorsicht: die Studie ist nicht ganz sattelfest!
Horst Neger GmbH: Rassismus oder "nur" eine Geschmacklosigkeit?
„Sie werden sich wundern, was alles geht!”. Diesen Spruch hat einst ein erfolgloser Präsidentschaftskandidat geprägt, bevor er mit Ach und […]
Was treiben eigentlich Stripperinnen in Zeiten von Corona - Interview mit einer Agenturchefin
“Bleib zuhause” heisst es nun in Zeiten der Krise. “Bleib angezogen” bedeutet das für Stripper, Tänzer und Burlesque-Queens. Wir haben mit der Agenturchefin Stella - von der Agentur Stella - über massiven Haarwuchs, finanzielle Ängste, neue Chancen und abgebrochene Nägel sinniert.Ein Interview der etwas anderen Art. Oh - und sie ist wirklich eine Traumfrau!
ORF Doku-Must-See: "Der talentierte Herr Strache"
Als großer Nachfolger des Jörg Haider bestritt Strache einen äußerst erfolgreichen Weg mit der FPÖ – erschreckend erfolgreich für viele. […]
Catfishing und Romance-Scam: Tinder, Lovoo und Co. als Spielplatz für Betrüger
Catfishing hat nicht immer zum Ziel, das Gegenüber um Geld zu bringen. Manchmal sucht jemand mit Hilfe einer anderen Identität […]








