Mit seinen beiden Knives Out-Filmen rund um Daniel Craig hat Krimi-Mastermind Rian Johnson bewiesen, dass er Suspence, Spannung und komplexe Crime-Plots genauso geschickt aus dem Ärmel schütteln kann wie ein*e Falschspieler*in die Asse. Wir haben uns seine neue Serie Poker Face angesehen und sind durchaus begeistert.
Poker Face: erste Serie des Knives Out-Machers Rian Johnson
Die erste Folge beginnt denkbar spannend: Beim Putzen der Präsidentensuite entdeckt die Putzfrau Natalie (Dascha Polanco, bekannt aus Orange Is the New Black) äußerst kompromittierendes Material. Was es genau ist, sehen wir nicht. Ein geschickter Move by the way, um noch etwas mehr Spannung zu erzeugen. Aufgelöst will sie das Richtige tun und geht zu ihren beiden Vorgesetzten (Benjamin Brett und Adrien Brody), die gekonnt versuchen sich in ihrer Schmierigkeit zu übertreffen.
Anstatt mit dem kompromittierenden Material zum FBI zu gehen, wie versprochen, schaffen sie Natalie einfach beiseite. Warum? Klar, weil die Person, bei der das mysteriöse Material gefunden wurde, ein mit Geld vollgestopfter High Roller ist. Heißt: ein Glücksspieler mit massenhaft Kohle. Darüber hinaus spielt die Story auch in einem Casino-Hotel. Verständlich, dass die zwei Ganoven nicht wollen, dass die, seit Jahren milchgebende Wollmilchsau hinter Gittern landet. Ihr Plan scheint geradezu genial. Ihr Pech ist nur, dass Natalie sehr gut mit Charlie Cale befreundet ist.
Natasha Lyonne: schrullige Heldin von Poker Face
Wer aber ist Charlie Cale? Charlie Cale, hervorragend schrullig gespielt von Natasha Lyonne (ebenfalls bekannt aus Orange Is the New Black) ist im Grunde eine Loserin, die in der Wüste in einem Trailer lebt und sich als Cocktail-Kellnerin mehr schlecht als recht über Wasser hält.
Darüber hinaus ist Charlie aber auch noch verdammt intelligent und verfügt über die Gabe, Lügen sofort zu erkennen. Eine Fähigkeit, die in der Serie leider etwas zu Superheldinnenhaft rüberkommt. Was bedauerlicherweise ein wenig die Spannung herausnimmt, weil sie natürlich immer sofort weiß, wer der Täter oder die Täterin ist.
Poker Face: Columbo lässt grüßen
Für seine Serie hat sich Knives Out-Macher Rian Johnson vom Fernsehklassiker Columbo inspirieren lassen. Bedeutet: Statt auf die Suche nach den Täter*innen zu gehen, geht es vielmehr um die Frage, wie Charlie, als lebende Lügendetektorin, deren mörderisches Spiel entlarvt.
Wie bei Columbo erfährt man als Zusehende*r schon am Anfang, wer den Mord wie begangen hat. Man darf sich also genüsslich zurücklehnen und Charlie ihre Arbeit machen lassen.
© 2022 Peacock TV LLC. All Rights Reserved.
Rian Johnsons Kindheit
Rian Johnson, wie unschwer an seinen Knives Out-Filmen, aber auch an seinem Neo-Star Wars-Film zu erkennen war, ist ein Kind seiner Zeit. Inspiriert von 1970er- und 1980er-Jahre Filmen und Serien führt er geschickt eine Art Retro-Ästhetik ein. Johnson war bei Poker Face (wie auch bei Knives Out) davon begeistert, ein Projekt nach der Art der Krimiserien zu verwirklichen, die er als Kind gesehen hat.
Columbo aber auch Detektiv Rockford sind gute Krimi-Serien, aber was einen, laut Rian Johnson, wirklich jede Woche einschalten lässt, dass ist die Sympathie, mit der Hauptfigur. Mit dem Cast von Natasha Lyonne geht dieser Ansatz voll auf. Ihrem genüsslichen Loserinnenspiel ist nur schwer zu entkommen.
Außerdem ist es extrem unterhaltsam, ihr dabei zuzusehen, wie sie von außen auf Situationen blickt und versucht, ein Rätsel zu lösen. Zugleich aber auch jemand ist, der den anderen Figuren immer auf Augenhöhe begegnet und aus keiner erhobenen Position agiert. Im Grunde ist das ähnlich wie bei Columbo, der ja jemand ist, der mit seiner Rolle spielt und den Mörder*innen immer in Form des vertrottelten Underdogs begegnet. Obwohl er ihnen, intellektuell gesehen, haushoch überlegen ist.
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Poker Face: Eine Serie einmal anders
Was bei Poker Face wahrlich erfrischend ist, das ist, neben dem grandiosem Cast, der so einige Gaststars zu bieten hat (Adrien Brody, Benjamin Brett, Chloe Sevigny, Ellen Barkin, Jospeh Gordon-Levitt, Nick Nolte usw.) vor allem die Rückkehr zum klassischen Serienformat. Eine jede Folge ist mehr oder weniger in sich abgeschlossen und jedes Mal aufs Neue taucht Charlie auf ihrer Flucht in eine neue Welt und einen neuen Fall ein. Wobei sie aus Folge Eins natürlich ein roter Faden verfolgt.
Auch wenn das Konzept der altmodischen Eine-Folge-die-Woche-Logik bei potenziellen Anbietern auf wenig Gegenliebe stieß, gibt der Erfolg Rian Johnson recht. Staffel Zwei ist beschlossene Sache. Und auch wenn Johnson selbst hier sehr beschieden agiert, so liegt der Charme der Serie nicht nur an der Hauptfigur alleine. Auch die Geschichten der einzelnen Folgen haben ihren Zauber.
Poker Face erinnert sehr oft auch an Breaking Bad. Das kommt nicht von ungefähr, hat Johnson selbst ja bei drei Folgen der Kultserie Regie geführt. Alles in allem ist Poker Face eine Serie, die hervorragend unterhält und Krimifans wie nur selten auf ihre Kosten kommen lässt. Auch wenn die Folgen in sich abgeschlossen sind: An einem kuscheligen Netflix and Chill-Abend lassen sich diese auch problemlos Binge watchen.
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