Am 13.10. besuchte der New Yorker Schriftsteller Colson Whitehead das Wiener Konzerthaus, um seinen neuen Roman Harlem Shuffle vorzustellen. Begleitet vom amerikanischen Tuba Spieler Jon Sass und deutschen Leseproben durch Markus Hering, erzählte der Pulitzerpreisträger von seinem neuen Werk und den Motiven dahinter.
Colson Whitehead liefert mit seinem neuen Roman „Harlem Shuffle“ einen Einblick in das New York der 1960er Jahre. Spezifisch in den berühmt berüchtigten Stadtteil Harlem.
Nachdem sich der zweifache Pulitzerpreisträger in seinen zwei letzten vielfach prämierten Romanen „Underground Railroad“ und „The Nickel Boys“ historischen Themen widmete, wechselt er nun in das Krimi Genre. Und geografisch in den Norden der USA.
Im Gespräch mit Katja Gasser erzählt er davon, dass er sich im Roman „The Nickel Boys“ von einer Pflicht getrieben fühlte, eine Geschichte der Stimmenlosen zu erzählen. Dort schilderte er die Martyrien von Kindern und Jugendlichen, die in einem Jugendheim umgebracht und misshandelt wurden. Nun jedoch hat auch ein gewisser Humor Eingang in sein Schreiben gefunden.
Harlem Shuffle lässt den Leser eintauchen in die Straßenkriminalität eines sich in einer Abwärtsspirale befindlichen New Yorks. Wir folgen dem Hauptdarsteller Ray Carney, der seine Vergangenheit hinter sich lassen möchte. Er glaubt wahrhaftig an den amerikanischen Traum. Jedoch ist er in einer Doppelrolle gefangen. Die Fassaden der Stadt zeigen erst beim zweiten Blick ihr wahres Gesicht. Schnell entdeckt man betrügerische Handlungen hinter den verschlossenen Türen der Gemischtwarenhandlungen.
Inspiration abseits des eigenen Lebensalltages
Der Schriftsteller, der selbst teilweise in Harlem aufwuchs, beleuchtet eine Zeit, die nicht die Seine ist. Das New York in dem Whiteheads Eltern ihren Lebensalltag nachgingen, wird zur Bühne seiner Geschichte. Seine Informationen holt sich Whitehead von Zeitungen, Annoncen, Büchern und digitalen Archiven. Teilweise zieht er auch die Romane von William S. Burroughs zur Inspirationsqualle für Slangwörter und Junkie Jargon heran, was er bei der Podiumsdiskussion im Wiener Konzerthaus preisgibt.
Auf die Frage, was man von seinem Roman lernen könne, antwortet Whitehead: Einen Raub zu planen und ein Gefühl für die Straßenkriminalität New Yorks in den 1960er zu bekommen.
Für alle Leser, die Gefallen an seinem neuen Roman gefunden haben, verkündet Colson Whitehead am Ende der Lesung eine freudige Nachricht: Harlem Shuffle wird einen Nachfolger haben. Lang lebe Ray Carney!
Titelbild © Shutterstock
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