Mode ins richtige Licht gerückt! Jenseits von Markenkult, dem schnellen Geld und des Ausverkaufs sagt die Wiener Modedesignerin Susanne Bisovsky der Industrie den Kampf an und zeigt, was Mode jenseits von Massenproduktion kann und eigentlich sein sollte. Abseits des Mainstreams und elitären Luxus. Nun ist ein überaus wertvolles Kunst-Buch erschienen, das uns einen ästhetisch hochwertigen Über- und Einblick in über 30 Jahre ihres Schaffens gewährt.
Alles gleich! – Same-o same-o
Der Kult-Regisseur David Lynch hat es in seiner Autobiographie/Biographie (eine exquisite Mischung by the way) „Traumwelten“ (2018) auf den ästhetischen Punkt gebracht, als er feststellte: „Das Fernsehen bewirkte damals schon, was das Internet heute noch verstärkt: Es macht alles gleich.“

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Denn als der Künstler Lynch aufwuchs, hatte jeder Ort seinen ganz eigenen Zauber. Vor allem modisch gesehen gab es überall in jedem Ort und in jeder Region feine, aber auch grobe Unterschiede. Ein Genuss für jedes Auge, dass sich nach Ästhetik, vor allem aber nach Abwechslung sehnt.
Ob das von damals auch heute noch so zutreffen kann? Ist zu bezweifeln. Mode verändert sich schnell, klar. Doch operiert Fashion genauso global, wie jedes andere Unternehmen auch. Heißt: Der neueste Trend ist neben seiner vermeintlichen Neuheit vor allem eines: überall erhältlich und das zur selben Zeit.
Wo vor einigen Jahrzehnten in der Tat noch modische Unterschiede herrschten und differente Stile dominierten (man denke nur an die u.a. auch feinen Unterschiede der Trachtenoutfits), so hat auch die globale Fashion Industrie alles gelichgemacht.
Mode als Klassendistinktion
Mode kreiert, wenn überhaupt, nur noch eine Differenz bezüglich der kapitalen Klasse. Mit Orten selbst hat Mode nicht mehr viel zu tun. Man denke nur daran, dass alle Leute der gehobenen Mittelschicht vom Stil her ähnlich herumlaufen.
Egal, ob in Wien, Berlin, Paris oder New York – natürlich mit dem Vorbehalt kleiner Unterschiede, die so etwas wie eine Pseudodifferenz darstellen sollen. Doch der Code (wie Roland Barthes vermutlich sagen würde) bleibt derselbe. Die Hipster z.B. sind – auch modisch gesehen – ein globales, vor allem wirtschaftliches Phänomen und kein Örtliches.
Copyright: Verlag Anton Pustet
Der Widerstand gegen das Immergleiche – Wiener Mode!
Umso erstaunlicher (ja geradezu wertvoll!) scheint es da zu sein, wenn in solch ästhetisch stagnierenden Zeiten eine Wiener Modedesignerin ein Buch herausgibt, in der die Stadt Wien als modischer Hintergrund in einem globalisierten Fashion-Umfeld fungiert. Und dann nennt sich dieses Werk auch noch Wiener Chic. Drei Jahrzehnte ihres Schaffens deckt das Buch ab. Dreißig Jahre, in denen Susanne Bisovsky so etwas wie „Bekleidungsentwicklungshilfe“ geleistet hat. Und wie!
Wider einer „glattgebügelten, internationalisierten Ästhetik“, der schon erwähnten radikalisierten und ästhetischen Gleichmacherei, formuliert die Wiener Modeschöpferin „tiefgreifende, spielerische“ und vor allem „selbstbestimmte Wege zu Bekleidung, Mode und Gewandung.“
In einem wunderbar aufwendig gestalteten und aufs herrlichste fotografierten Buch nimmt man uns mit auf eine Reise, die sich der uns schon zu bekannten und mittlerweile öd gewordenen Ästhetik verweigert, und aus einem Spiel aus Gestern und Heute etwas für das Auge Neues kreiert. Unbeirrt von Trends und modischen Klischees entwirft Bisovsky in und mit ihrem Werk ein neues-altes Bild eines ästhetisierten Wiens.
Erinnerungen, interpretiert von heute
Den Markenfetisch und dem Lifestyle-Hype zuwider – in dem sich alles zum Preis der Austauschbarkeit verliert –, entwirft Bisovsky eine Welt des Erinnerns. Aber zugleich auch eine Welt, die noch im Entstehen ist. Die wird, am werden ist, immer weiter Richtung Zukunft.
Es gilt, in der alten österreichisch-imperialen Tradition seine Wurzeln (wieder)zu (er)finden. Doch mitnichten begeht die Designerin den Fehler und verfällt der Nostalgie. Jeder Faden dient der Transformation und die Modeschöpferin nimmt uns in ihrem Buch mit auf eine Reise der Experimentierfreudigkeit.
Innovativ – Provokativ
Bisovkys Schöpfungen sind weit genug von der Inspiration entfernt, um selbstständig sein zu können, sind in diesem Sinne geradezu revolutionär. Verspielt, verpunkt, und ironisch besetz. Ein Werk, eine Bricolage der Extraklasse, möchte man sagen. Ein Leben, das das Gewesene mit dem Willen auf Zukunft und Fortschritt verbindet und uns mitnimmt auf eine modische Reise. Ein Sinnbild, für das Leben schlechthin. Das alles umformt von einem aufwendig schön gestalteten Buch. Absolut lesens- und vor allem sehenswert. Und auch ein Zeichen dafür, dass Kunst durchaus eine stylische Geldanlage ist.
Titelbild © unsplash | Anton
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