Im Umgang mit dem Phänomen Terrorismus haben einige Boulevardmedien eine gefährliche Grenze überschritten. Klickzahlen scheinen wichtiger als Moral und Ethik. Doch Terrorismus ist eine komplexes gesellschaftliches Phänomen. Eine etwas differenziertere Annäherung bietet unsere Liste an Filmen zum Thema Terrorismus.
#SchleichDiDuOaschloch
#1 – Elephant
Als Reaktion auf den Amoklauf an der Columbine High School in Colorado, USA, 1999 drehte der kontroverse Kultregisseur Gus Van Sant (u.a. Good Will Hunting) dieses kleine Meisterwerk, in dem er laut Eigenaussagen „die Stimmung der SchülerInnen der damaligen Zeit einzufangen versuchte.“
Das Resultat: ein gespaltene Kritikerschaft, da der Film keine Erklärungen bzw. Einsichten in das Massaker selbst anbietet. Andererseits muss aber gerade Kunst diese Anforderung eben nicht erfüllen.
Mutig und radikal liegt die Verantwortlichkeit von Elephant vielleicht gerade darin, dass er simple Erklärungen einfach verweigert. Und in seiner kühlen Teilnahmslosigkeit einen „bestürzenden Hauch von Sterblichkeit“ anzubieten hat. Eine „faszinierende, geheimnisvolle Meditation“, wie der legendäre Filmkritiker Roger Ebert festzustellen wagte. Ausgezeichnet mit der goldenen Palme 2003. Gehört in jede Filmliste zum Thema Terrorismus.
#2 – Bowling for Columbine
Einen unverblümt kritischen Ansatz, sich dem Columbine-Massaker zu nähern, verfolgt der nicht unumstrittene Autor und Dokumentarfilmer Michael Moore. Hauptsächlich mithilfe von Gesprächen und Interviews versucht er, sich dem Thema US-Waffenproblematik zu nähern.
Waffenindustrie und Schusswaffenvereinigung (NRA) fasst Moore besonders ins satirische Augenmerk. Dieser oscargekrönte Dokumentarfilm ist vermutlich ein zeitloser Einblick in das ewig währende Waffenproblem der USA. Wo fängt die Freiheit an und wo hört sie auf?
#3 – In einer besseren Welt
Das dänische Regie-Genie Susanne Bier (u.a. Bird Box) konfrontiert uns mit einer Psychostudie über dramatische Zusammenhänge unterschiedlicher Reaktionen auf Verlust und Missbrauch. Sozusagen der Nährboden des Terrors.
Ein überaus raffinierter Film zum Thema Terrorismus, eine fast schon philosophische Versuchsanordnung. Oscar als bester fremdsprachiger Film 2011. Ein Meisterwerk, das jeden Zuschauer reflektierend zurücklässt. Packend und aufwühlend, lässt dieser Film niemanden ohne Emotion.
#4 – Four Lions
Eine Satire der besonderen Art! Hier geben sich Slapstick und Entsetzen die Klinke in die Hand und versuchen – eng umschlungen – durch eine Drehtür zu entkommen.
Der Regisseur Chris Morris (auch Drehbuch) zieht rassistische, religiöse und sexuelle Klischees und Vorurteile jeglicher Art durch ein Meer aus Kakao. Doch zeigt er sich bewusst verständnisvoll seinen Charakteren gegenüber. Das heißt: er verteufelt diese nicht. Sondern stellt sie als ambivalente Figuren mit wachsenden Gewissenskonflikten dar, die vor allem aufgrund ihrer Schwächen und Widersprüche komisch und schlussendlich tragisch wirken.
Auch wenn aufgrund der Terrorismus-Thematik recht erschreckend, ist Four Lions vor allem eines: sehr, sehr witzig. Und on Top noch garniert mit einem unerbittlich schwarzen Humor, der vor nichts zurück schreckt.
#5 – Arlington Road
Dieser Film ist vermutlich der Unbekannteste in unserer Liste, aber dennoch einer der empfehlenswertesten. Für den Terrorismus-Experten (Jeff Bridges), dessen Frau bei einem missglückten Einsatz ums Leben gekommen ist, ist sein Job zur Obsession geworden.
Als er bei seinen neuen Nachbarn misstrauisch wird, weiß man nicht mehr, wem man was glauben soll. Eine elementare Zwietracht wurde gesät, die in diesem Plot eine ungeheure Sogwirkung an Spannung freizusetzen vermag.
Hintergründig und brillant gespielt, pendelt diese vielschichtige Story zwischen vermeintlichem Doppelleben und sich in den Vordergrund drängender Paranoia. Ein echter Geheimtipp im Metier der Filme zum Thema Terrorismus.
#6 – Taxi Driver
Der Kult-Klassiker von Martin Scorsese aus dem Jahre 1976. Gerade wegen seiner moralischen Ambivalenz und der schockierenden Gewaltszenen ist diesr Film ein immer noch fruchtbarer Nährboden für hitzige und kritische Diskussionen.
Wie selten ein Film zeigt Taxi Driver den schmalen Grat zwischen Weltschmerz und (selbst-)zerstörerischen Wahn. Doch ebenso gut veranschaulicht dieses Werk auch, dass ein genauso schmaler Grat zwischen Verbrechen und Heldentum exisitert – vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung. Ein must!
#7 – Je suis Charlie
In dieser genialen Dokumentation des Vater-Sohn-Gespanns Daniel und Emmanuel Leconte wird der Ablauf der Ereignisse rund um den Anschlag auf das französische Satire-Magazin Charlie Hebdo rekonstruiert. Wir erinnern uns: dabei kamen im Januar 2015 elf Mitarbeiter der Redaktion ums Leben.
Dieses Feature hinterfragt jedoch auch kritisch, wie weit Satire überhaupt gehen darf. Ein weiterer Fokus sind die Auswirkungen des Geschehens auf die französische Gesellschaft.
Auch spannend in diesem Zusammenhang ist die Doku „Der Fall Charlie Hebdo“ (2008). Diese beschäftigt sich mit dem Prozess, den ein französischer Islamverband gegen die Karikaturisten angestrengt hatte, welche Mohammed-Karikaturen abgedruckt haben.
Das Gericht gab „Charlie“ recht. Der Hass der Radikalen wuchs. Morddrohungen folgten, ein Brandanschlag, eine Fatwa aus Pakistan, Personenschutz. All das wirkt rückblickend wie die Hinführung zum Massaker.
#8 – American History X
Ein Film wie eine Wucht. Schonungslos enthüllt Tony Kaye die Dynamiken von Indoktrinierung und Manipulation.
Das Anwachsen einer Neo-Nazi Szene im sunny California – wo die heiter-lustigen Beach Boys von gestern sind. Rassistische Unruhen und Konflikte zeigen ihr hässliches Gesicht.
American History X ist ein Film, der unter die Haut geht. Eine Pflicht für jeden Aufklärungskurs in der Schule. Aber auch für später. Und überhaupt. Passend zu unserer „Matinee“ der Filme zum Thema Terrorismus vor allem darum, weil hier die Entstehung eines solchen hingewiesen wird.
Leider dient gerade diese herausfordernde Reflexion über Gewalt und Rassismus abseits gängiger Erzählkonventionen auch als trauriges Beispiel. Obwohl in seinen Absichten eindeutig, wird dieser Film trotzdem missverstanden und sogar für eine rechte Ideologie missbraucht.
#9 – Aus dem Nichts
Katja (herausragend Diane Krüger!) verliert bei einem Bombenanschlag ihren deutsch-kurdischen Ehemann und ihren Sohn. Als das rechtsextremistische Täterpaar dann auch noch aufgrund Mangels an Beweisen freigesprochen wird, stürzt sie schließlich vollkommen ab.
Spannend, aufwühlend, nervenaufreibend. Dieser Film zum Thema Terrorismus hat alles. Zwischen Melodram, Gerichtsfilm und Rachethriller angesiedelt, konnte Fatih Akins Meisterwerk so einige Preise einheimsen (u.a. bester fremdsprachiger Film bei den Golden Globes 2018).
#10 – Zero Dark Thirty
Dieser Film macht etwas ganz Ungewöhnliches: er zeigt schonungslos, was sich alles wirklich hinter dem ominösen Begriff „Terrorbekämpfung“ verbirgt.
Die Oscar prämierte Regisseurin Kathryn Bigelow „zerfranst“ die Jagd nach dem Terror-Übervater Osama bin Laden in eine Vielzahl moralisch höchst ambivalenter und kritischer Subprozesse und Stränge. Fazit: es ist ein dreckiger Job für die Sicherheit einer Nation zu sorgen.
OUT OF COMPETITION
The Seige
In New York City werden durch eine Serie von Selbstmord-Anschlägen zahlreiche Menschen getötet. Da die Situation nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist, wird der Ausnahmezustand verhängt.
Was das genau bedeutet: Das Militär (unter dem Kommando eines bösen Bruce Willis) nimmt sämtliche arabisch aussehenden Menschen fest und interniert sie unter inhumanen Bedingungen.
The Seige zeigt erschreckend gut, wie Phänomene des Terror instrumentalisiert werden können, gibt aber auch einen differenzierten Einblick hinsichtlich Ursache und Wirkung.
Fazit: Ein außerordentlich durchdachter Film, mit einer politisch kritischen Grundstimmung.
Titelbild Credits: Shutterstock
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