Besonders aufmerksamen Leser*innen unseres Magazins dürfte der Name Adriano schon aus zwei anderen Interviews zum Thema Ayahuasca bekannt sein. Und in der Tat haben wir ihn schon zur Ayahuasca Zeremonie und zur Wirkung von Ayahuasca befragt. Wobei er uns wertvolle Erkenntnisse vermitteln konnte. In diesem Interview geht es um den psychedelischen Pflanzensud und seinen Einfluss auf die Ernährung, denn auch was das betrifft, hat Adriano einiges zu erzählen. Denn für die richtige Wirkung braucht es auch eine entsprechende Ayahuasca Ernährung.
Ernährung: die lieben Gewohnheiten
Wie du uns im Vorfeld berichtest, hat deine erste Reise unter dem Einfluss von Ayahuasca deine Ernährungsgewohnheiten komplett verändert. Wie hast du dich vorher ernährt?
Ich glaube, ich habe mich ganz durchschnittlich ernährt. Wie jeder und jede andere auch. Viel Fleisch, viel Fast Food, viele zuckerhaltige Getränke, viele Milchprodukte und Fisch aus der ganzen Welt. Vor allem Fertiggerichte habe ich viele zu mir genommen.
Bevor du das erste Mal an einer Ayahuasca Zeremonie teilgenommen hast, wurdest du angehalten, dich auf diese Reise vorzubereiten. Wie lief diese Vorbereitung in Bezug auf deine Ernährung genau ab?
Ab spätestes zwei Wochen vor einem jeden Ayahuasca-Retreat ist es wichtig, eine spezielle Diät einzuhalten. Diese Diät dient dazu, den Körper zu reinigen und optimal auf die Zeremonie vorzubereiten. Dies ist besonders wichtig, da bestimmte Substanzen, wie beispielsweise Kokain, in Kombination mit Ayahuasca lebensgefährliche Wechselwirkungen verursachen können. Auch andere Drogen und Medikamente können gefährliche Reaktionen hervorrufen, wenn sie mit Ayahuasca kombiniert werden. Deshalb ist es notwendig, den Körper durch Diäten und Reinigungsrituale vorzubereiten. Vor jeder Zeremonie informiert ein erfahrener und gut ausgebildeter Schamane die Teilnehmer*innen ausführlich über alle wichtigen Aspekte und Vorsichtsmaßnahmen.
Mindestens zwei Wochen vor der Ayahuasca Einnahme keine Drogen zu nehmen, alles klar. Aber gibt es auch bezüglich der allgemeinen Ernährung bestimmte Vorgaben?
Vor meiner ersten Ayahuasca-Reise habe ich meine Ernährung radikal umgestellt, auf vegane Kost und teilweise Rohkost. Ich habe versucht, jeden Softdrink mit Zucker weggelassen. Ich habe aber auch aufgehört rotes Fleisch zu essen, Fleisch generell. Auch habe ich aufgehört, Fische aus den Weltmeeren zu essen und nur noch auf Fische aus der Region zurückzugreifen. Aber auch Salz habe ich versucht, so gut es eben ging, wegzulassen.
Wurde dir diese Umstellung nahegelegt?
Von seriösen Schamanen wird dir empfohlen, zwei Wochen vor einer Zeremonie zu verzichten. Vor allem auf bestimmte Sachen. Zwiebel und Knoblauch sollte man auf keinen Fall essen, zumindest nach der kolumbianischen Tradition, weil das die Visionen stört und weil es sich hierbei auch um Medizinpflanzen handelt. Auch zu viel Salz sollte man vermeiden. Man sollte auch keine Cashew-Nüsse essen, weil das auch Wechselwirkungen erzeugen könnte. Auch Zitronen sollte man nicht zu sich nehmen, weil das die Reise unterbricht. Zitronen verwendet der Schamane nämlich auch, um die Reisenden aus einer schlechten Vision wieder herauszuholen. Es ist jedoch gut zu wissen, dass jedes Land und jede indigene Gruppe diesbezüglich ihre eigenen Diäten hat.
Ayahuasca: die Ernährung danach
Gibt es spezielle Nahrungsmittel, die du nach einer Zeremonie bevorzugst oder vermeidest?
Auch nach der Zeremonie sollte man auf seine Ernährung achten, um die Wirkung der Medizin noch länger anhalten zu lassen. Denn wenn man sich kurz nach einem Ayahuasca Retreat wieder zu viel Alkohol reinkippt oder ganz allgemein nicht auf seine Ernährung achtet, dann verliert man den positiven Effekt der Medizin wieder. Nach der Medizin sollte man auch eher leichte Kost essen, da der Magen sensibilisierter auf verarbeitete Lebensmittel reagiert. Dasselbe gilt auch für Fleisch. Auch Zwiebeln, Knoblauch und Zitronen sollte man kurz danach meiden, das sind nämlich richtige Anti-Dots.
Gibt es auch bestimmte Ernährungsmittel, die für eine Ayahuasca-Erfahrung förderlich sind?
Ja viel Obst und Gemüse tut einem richtig gut. Vor allem non processed foods. Salate und Rohkost im Allgemeinen. Selbst zubereitete Gerichte mit frischen Zutaten aus biologisch regionalem Anbau fördern auch die Wirkung der Ayahuasca-Medizin und führt auch ganz allgemein zu einem längeren und gesunderem Leben.
Hat die regelmäßige Einnahme von Ayahuasca deine allgemeinen Ernährungsgewohnten verändert?
Ich ernähre mich bewusst, verzichte auf Palmöle, esse selten rotes Fleisch und wenn, dann ist es regional und biologisch.
Der Einfluss der Ernährung auf die Ayahuasca Wirkung
Kann man das so sagen, dass du aufgrund der Ayahuasca Erfahrung erkannt hast, wie wichtig die Ernährung ist?
Dass eine gesunde Ernährung essenziell ist, für Körper und Geist, habe ich immer schon gewusst. Aber dass diese wirklich einen so großen Unterschied ausmachen kann, da war selbst ich überrascht. Ich habe Ayahuasca schon so um die vierzehnmal probiert, natürlich in geregelten Abständen, so circa einmal im Jahr. Ich konnte dabei jedoch beobachten, dass, wenn ich mich schlecht ernähre, dies eine direkte Auswirkung auf meine Ayahuasca-Erfahrung hat, aber vor allem auf meine Lebensqualität allgemein.
Inwiefern?
Ayahausca als Medizin reinigt ja bekanntlich den Körper. Ein großer Bestandteil der Ayahuasca-Zeremonie ist ja das berühmte Kotzen, worüber die ganzen Trendkonsumenten immer wieder berichten. Doch diese gehen die Ayahuasca-Erfahrung komplett falsch an. Sie tun so, als wäre Ayahuasca eine Form von Lifestyle-Droge und eben keine Medizin. Sie glauben, dass, wenn du Ayahuasca nimmst, du eine ganz bestimmte Wirkung erzielst, egal, wie du dich ernährst. Und dann tun sie so, als wäre das Kotzen fester Bestandteil einer jeden Ayahuasca Wirkung. Doch wenn man sich gut und gesund ernährt, so habe ich die Erfahrung gemacht, dann kotzt man nicht mehr so viel oder eben gar nicht.
Bei meiner ersten Ayahuasca-Erfahrung habe ich natürlich sehr viel gekotzt. Doch als ich meine Ernährung ganzheitlich umgestaltet habe, da habe ich auch gemerkt, dass das einen großen Einfluss auf die Ayahuasca-Wirkung hatte.
Wie sah dieser positive Einfluss genau aus?
Wenn ich mich gesund ernähre, dann hält die Ayahuasca-Wirkung viel länger an. Bis zu zwei Wochen nach der Zeremonie habe ich dann immer noch ein seelisches Hochgefühlt. Auch bei der Zeremonie selbst wirkt der Ayahuasca-Tee vollkommen anders, wenn man sich entsprechend ernährt. Wie schon erwähnt, das Kotzen hat ja nur die Funktion, den Körper zu reinigen. Wenn aber dein Körper vor der Einnahme rein ist und dass nicht erst seit zwei Wochen vorher, sondern einfach schon immer rein ist, dann ersparst du dir wirklich das Kotzen und kannst dich mehr auf deine Traumata-Bewältigung konzentrieren. Je reiner man ist, umso weniger kommt es bei der Ayahuasca Zeremonie zu den reinigenden Effekten, wie Kotzen und Durchfall.
Spannend!
Ja total. Und wenn du weniger bis gar nicht kotzen musst, dann kannst du dich auch mehr auf deine psychische Reinigung konzentrieren. Dabei ist das ganze natürlich ein Prozess. Bei dem man jedes Mal dazu lernt und immer reiner wird. Auch bezüglich der Ayahuasca-Einnahme gibt es einen Unterschied. Umso reiner man ist, desto weniger davon muss man einnehmen, damit man auf die Reise gehen kann. Ich brauche von dem Pflanzensud nur eine Espressoschale und bin dann recht gut unterwegs. Andere müssen da oft mehr trinken, um denselben Effekt zu erzielen, mit dem Erbrechen als unliebsamen Nebeneffekt. Darüber hinaus haben sie auch noch etliche Blockaden, die es zu überwinden gilt.
Qualität vor Quantität?
Es ist alles sehr komplex. Oder auch nicht. Umso mehr von dem Sud du trinkst, desto weniger hast du eigentlich davon. Aber wie du sagst, es geht nicht um die Quantität, sondern um die Qualität. Du brauchst eigentlich nicht viel. Ayahuasca ist ja keine Droge und funktioniert daher ganz anders, als die klassischen Drogen, die wir so kenne, da es den Menschen als einheitliches Körperwesen ganzheitlich betrifft und auch auf die körperliche Verfasstheit eingeht. Bei Drogen wie Koks und so weiter ist es egal, wie du dich ernährst, es funktioniert praktisch immer. Aber bei Ayahuasca ist die Ernährung bzw. die Verfassung deines Körpers ein wichtiger Aspekt der Reise. Die Ernährung bestimmt im Grunde deine ganze Ayahuasca-Erfahrung. Hast du dich schlecht ernährt, musst du erst einmal alles rauskotzen, oder es kommt eben zu Visuals.
Ayahuasca und die Ernährung: Visuals, Kotzen und Durchfall
Die Visuals sind ein genauso unerwünschter Nebeneffekt wie das Kotzen?
Ganz so drastisch würde ich das nicht ausdrücken. Die Visuals werden dabei aber immer weniger, umso mehr du trinkst. Aber ja, die Visuals sind eigentlich eher ein Sideeffekt, der gar nicht so gewünscht ist, da er dich vom Wesentlichen ablenkt: der psychischen Reinigung. Und davon, dass du auf die innere Reise gehen kannst.
Wie ist das der Vergleich zwischen deinem ersten Ayahuasca-Retreat und dem letzten?
Bei meinem ersten Mal habe ich fünf Cups getrunken und jetzt brauche ich nur noch einen für dieselbe Wirkung. Aber was heißt dieselbe Wirkung? Beim ersten Mal habe ich gleichzeitig gekotzt und gekackt, so arg war das. Beim letzten Mal praktisch gar nicht. Bei entsprechender Ernährung kannst du bei der Ayahuasca Erfahrung wirklich eine nächste Ebene erreichen. Wenn du dich richtig ernährst, dann brauchst du auch weniger, dass es wirkt, weil deine Ernährung so gut ist.
Zum Abschluss noch zu etwas ganz Konkretem: Wie sieht ein Tag bei dir aus? Ernährungstechnisch gesehen.
Ich wache auf und trinke einen Bio-Mate-Tee oder mache eine Matche-Zeremonie.
Eine Matcha-Zeremonie?
Das ist einfach ein Matcha-Tee mit Hafermilch. Und dann esse ich ein Vollkornbrot mit Olivenöl und Humus und Tomaten oder so etwas. Frisches Obst und frisches Gemüse.
Der Ernährungsplan vieler Menschen ist ja sehr überschaubar, hast du da so ein paar Gerichte, die du öfter isst?
Als Vorspeise esse ich immer einen Salat. Vogerlsalat, Rucola, Eisberg. Viel Reis esse ich auch, und Pilze in jeglicher Form. Ich versuche eher so zu essen, dass ich nicht immer ganz satt bin. Tofu esse ich auch, aber nur aus regionalem Anbau.
Adrianos Ernährungs-Philosophie: Schokolade ist nicht Milka
Kann man deine Ernährung auf eine bestimmte Küche festmachen? Die asiatische Küche zum Beispiel?
Vielleicht, ja. Ich esse viel Gemüse-Curry, Kichererbsen, Hülsenfrüchte, Nüsse. Gemüse, Gewürze, Zucchini, Paprika, Brokkoli, Tofu, Kartoffel, Vollkornbrot, Kichererbsen Brot – und Weißbrot nur sehr, sehr selten! Ich schau dabei, dass die Zutaten immer regional und saisonal sind. Zur Spargelzeit grille ich mir auch mal einen Spargel.
Gönnst du dir bei deiner Ayahuasca-Ernährung auch Desserts?
Schon, aber nicht im klassischen Sinn. Ich verwende nur zu hundert Prozent reine Schokolade, aus nachhaltigem und ethisch vertretbarem Anbau. Ohne Zucker, ohne Kinderarbeit.
Wie schmeckt das im Vergleich zu Milka?
Das schmeckt ein bisschen bitterer, ist aber wirklich sehr gesund. Wird auch als Medizin eingesetzt. Mittlerweile kommen ja wieder immer mehr Kakao-Zeremonien nach Europa. Purer Kakao ist dabei nicht süß. Aber man kann diesen mit Pfeffer, Kardamom, Zimt verrühren und wenn es süß sein soll, kannst du auch Honig reingeben. Und bei Milch würde ich nur Hafermilch reingeben und eben keine Kuhmilch. Niemand in Lateinamerika mischt einen Kakao mit Kuhmilch. Dieses Getränk darf auch nicht zu heißt gekocht werden, denn ab 60 Grad zerstörst du die Wirkstoffe.
Gibt es bei dir auch Cheatmeals?
Nein, das würde nicht passieren. Ich kaufe mir vielleicht ab und zu Pommes Frites. Das wäre ein Cheatmeal für mich. Und Eis? Da würde ich mir nur ein gutes veganes Eis kaufen – weil die Vollmilch im klassischen Eis ja voll ist mit dem Eiter der Euter und allem, was du in der Milch nicht haben willst.
Lieber Adriano, danke dir für die Bereitschaft eines erneuten Interviews
Gerne, wobei ich noch sagen muss, dass man Ayahuasca aus medizinischen Gründen nehmen sollte und nicht, weil man high werden will. Ayahuasca trinken ist kein Spaß, es ist massive Arbeit. Du bist, was du isst, würde ich abschließend noch sagen. Erst wenn du körperlich gereinigt bist, erst dann kannst du deine Psyche wirklich heilen. Weil Körper und Geist verbunden sind und du deine Psyche einfach nicht heilen kannst, solange dein Körper noch verdreckt ist.
Bilder © Shutterstock
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