Seit jeher wird uns durch Hollywoodfilme vermittelt, dass eine Liebesbeziehung das Nonplusultra für ein glückliches Leben ist. Von der konservativen Ehe sind bereits einige Menschen abgegangen und an deren Stelle traten Beziehungsmodelle wie Polyamorie und offene Beziehungen. Den Wunsch nach der „wahren Liebe“ können viele allerdings dennoch nicht ganz ablegen. Liegt es in der Natur des Menschen, auf eine zweite Hälfte angewiesen zu sein oder dürfen wir uns auch als Single komplett fühlen?
Die Social-Media-Falle
Eine Freundin schickt mir auf Instagram ein Foto von einem Blogger-Pärchen, das sich glücklich in den Armen liegt. „Schau, wie süß die sind!“, schreibt sie wehmütig. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Beziehungen nicht nur aus romantischen Fotos, sondern jeder Menge Arbeit bestehen.
Einen Aufwand, den nur noch wenige junge Menschen aufbringen wollen. Irgendwann realisiert man vielleicht auch, dass die Jugendliebe kein Potenzial für eine gemeinsame Zukunft hat. Wünsche, Vorstellungen und Prioritäten ändern sich kontinuierlich – zumindest bei mir. Jemanden zu finden, der jede kleine Jugendspinnerei bis zur Familiengründung mitmacht, ist fast illusorisch. Existieren diese „Couplegoals“ überhaupt?
Credits: Love You Stock / Shutterstock
Dass sich viele Pärchen in ihren eigenen vier Wänden permanent bekriegen und im Anschluss Kussfotos vor Sonnenuntergängen posten, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. In Zeiten von Social Media ist es offenbar wichtiger, etwas darzustellen als etwas zu sein – nämlich wirklich glücklich.
Die Illusion der perfekten Beziehungen
Sehr oft habe ich mich vom äußeren Schein blenden lassen, Beziehungen als „perfekt“ betitelt und kurze Zeit später erfahren, was im Verborgenen alles schief läuft. Partner, die sich gegenseitig unterdrücken und betrügen oder dem anderen aus purer Eifersucht alles zu verbieten.
Gerade Anfang Zwanzig werden Beziehungen erst „geübt“ und die meisten gehen dadurch zugrunde. Aber ist das wirklich so schlimm? Müssen wir alle mit unserer Jugendliebe bis zum Tod zusammen bleiben, nur weil wir uns das in der Kindheit einmal eingebildet haben?
Angst vor dem Alleinsein
Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen sind essentiell für unsere Charakterbildung. Dazu gehören natürlich auch negative. Doch oft verschwenden wir Zeit damit, uns mit einer Person im Kreis zu drehen, obwohl es einfach nicht sein soll. Wir halten an Menschen fest, deren Fortgehen nur noch eine Frage der Zeit ist und klammern uns vielleicht sogar aus Angst vor dem Alleinsein an eine Beziehung.
Eventuell haben uns Medien oder auch Bekannte eingetrichtert, dass unser eigener Wert von einer intakten Partnerschaft abhängt. Denn warum sind scheinbar alle anderen „beziehungsfähig“ und man selbst nicht?
Man kann sich durch einen Stapel an Beziehungsratgebern graben und weiß am Ende bestimmt, was „Bindungsphobie“ bedeutet, aber immer noch nicht, wie man allein zufrieden sein kann. Der Fokus liegt nämlich nach wie vor auf der „Idealform“ der Zweierbeziehung.
Hobbys und Freunde statt Beziehungen
Viele Singles kennen die elendige Frage von Familienmitgliedern und Freunden, ob man nun „endlich jemanden gefunden hat“. Wieso wird man eigentlich nie gefragt, ob man etwas gefunden hat, was einen glücklich macht? Ein Hobby, einen Beruf oder einen tollen Freundeskreis? Oder gar ein Haustier? Wieso soll alles Glück der Welt von einem anderen Menschen abhängen? Wenn ich meine Erwartungen in etwas projizieren möchte, was mich anschließend enttäuscht, dann schreibe ich eine Prüfung an der Uni.
Hast du dir jemals vorgenommen, nach einem besten Freund zu suchen? Wahrscheinlich nicht. Vermutlich wird dich deine Oma auch nie gefragt haben, ob du endlich einen besten Freund hast. Obwohl gute Freunde vielleicht sogar ein ganzes Leben an deiner Seite bleiben, während du dich von Liebeskummer zu Liebeskummer schleppst.
Damit nehmen sie eine größere Rolle in deinem Leben ein als eine kurze Romanze es jemals tun würde. Für Freunde muss man sich weder verbiegen, noch verzweifelt auf irgendwelchen Apps nach ihnen suchen.
Alleine und glücklich
Während ich andere Singles und mich selbst für unsere scheinbar ausweglose Situation bemitleidet habe, sind mir einige Menschen begegnet, die das Glück im Alleinsein gefunden haben. Denn Alleinsein ist keineswegs mit Einsamkeit gleichzusetzen.
Nie hatte ich den Eindruck, dass ihnen irgendwas fehlen würde, denn sie haben ihre Erfüllung in Beruf und Studium gefunden. Mit Leuchten in den Augen erzählten sie mir von ihren Hobbys und neuen Ritualen, die ihr Leben schöner machen. Diese Leidenschaft kann ihnen auch niemand nehmen, da sie nicht von einer weiteren Person abhängt.

Es ist sogar ziemlich egoistisch, einen (potenziellen) Partner für unser Glück verantwortlich zu machen. Wie soll uns jemand zufriedenstellen, wenn wir selbst nicht einmal wissen, was wir möchten und wohin wir gehen wollen? Während wir versuchen, das herauszufinden, werden uns einige Menschen ein Stück begleiten und wahrscheinlich wieder gehen.
Unsere Lebenszeit ist zwar endlich, aber unsere Möglichkeiten, diese schön zu gestalten, endlos. Verschwenden wir also nicht unsere Zeit damit, uns von gesellschaftlichen Normen unter Druck setzen zu lassen. Das Liebesglück anderer schmälert nämlich keinesfalls unser eigenes Glück.
Titelbild Credits: Dean Drobot / Shutterstock
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