Snapchat hat seine Beliebtheit vor allem seinen Filtern zu verdanken. Die Filter sind bei den Menschen so gut angekommen, dass schon bald andere Apps wie Instagram diesem Prinzip gefolgt sind und eigene Filter eingeführt haben. Es macht Spaß verschiedene Effekte auszuprobieren.
Du erkennst dich auf den Fotos zwar selbst nicht mehr wieder, aber wen interessiert`s? Du hast noch nie besser ausgesehen. Doch ist das Ganze wirklich so harmlos wie es scheint oder sind wir uns den Gefahren einfach nicht bewusst? Wir haben uns mit den Extremen auseinandergesetzt.
Du magst deine Nase nicht? Deine Beine sind nicht dünn oder lang genug? Alles kein Problem. Mittlerweile kann jeder Makel auf Fotos ausgebessert werden. Neben zahlreichen Filtern auf Snapchat und Instagram gibt es auch diverse Apps, mit denen man sein Hautbild verfeinern und jeden Makel ausbessern kann. Bis ihr dann ausseht, wie einer der Engel, die Michelangelo damals an die Decke der Sixtinischen Kapelle gemalt hat. Die diversen Bildbearbeitungsapps und Filter geben uns die Möglichkeit, unserer Kreativität freien Lauf zu lassen.
Problematisch wird das Ganze jedoch, wenn es in zwanghaftes Verhalten übergeht!
Viele von uns kennen das: Man fühlt sich gut und will ein Selfie schießen. Auf dem ersten Foto schaut man irgendwie gelangweilt aus, also macht man noch eins. Auf dem zweiten lächelt man schief, also macht man noch eins und noch eins. Die Situation verliert ihre Leichtigkeit und aus einem spontanen Selfie wird plötzlich eine zwanghafte Handlung. Manche geben auf und manche nehmen den Frust für ein gutes Foto in Kauf. Der Gewinn? Likes. Likes, die das Belohnungszentrum in unserem Gehirn penetrieren und sich für manche Menschen besser anfühlen, als jeder Orgasmus.
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Was ist „Selfitis“?
Unter „Selfitis“ versteht man die Sucht nach Selbstdarstellung und Anerkennung. Noch nie war es einfacher, Fotos mit einem großen Publikum zu teilen. Wir sind alle „Influencer“ und wenn man nicht gerade influenct, dann wird man influenct.
Diese permanente Beschäftigung mit unserem Äußeren, aber auch mit dem der Menschen, die wir tagtäglich auf Social Media sehen, geht nicht spurlos an uns vorbei.
Vielleicht dauert es eine Weile, bis einem bewusst wird, welchen Einfluss das alles auf uns hat. Doch die Kluft zwischen dem wirklichem und dem idealen Selbstbild war noch nie so groß wie heute. Unsere Toleranzgrenze für uns selbst und unsere Imperfektionen wird immer niedriger. All die Sachen, die uns eigentlich menschlich machen und unsere Individualität hervorheben – wie Falten, Unebenheiten, Narben, etc. – müssen ausradiert werden. Doch nicht nur unsere Individualität, sondern auch unsere gesunde Selbstwahrnehmung gehen dadurch flöten. Dies kann schwerwiegende Folgen haben.
BDD – Body Dysmorphic Disorder
Die „körperdysmorphe Störung“ ist heutzutage relativ weit verbreitet und fällt unter die Kategorie der Zwangsstörungen. Zwang und Besessenheit spielen hier eine zentrale Rolle: Beides bezieht sich auf den Körper und das äußere Erscheinungsbild. Betroffene sind komplett eingenommen mit Gedanken über ihre Imperfektionen. Sie versuchen diese zu verstecken oder zu kaschieren indem sie zum Beispiel Make Up oder Schals und diverse andere Bedeckungen tragen.
Es geht so weit, dass sie komplett von den Gedanken über ihre „Unvollkommenheiten“ eingenommen sind und nicht mehr ihren Alltag meistern können. Der emotionale Stress ist zu hoch und lässt Betroffenen kaum Ruhe. Denn, sollten sie es nicht schaffen alle Makel zu kaschieren und zugleich darauf aufmerksam gemacht werden, kann dies heftige Reaktionen auslösen.
Kritik und schlechtes Feedback kann die Selbstwahrnehmungsstörung verstärken und bei Betroffenen sogar zu Angstzuständen und Depressionen führen.
Betroffene begutachten ihre Selfies stundenlang bis ins kleinste Detail. Jeder Quadratzentimeter muss perfekt aussehen. Doch BDD is a bitch – Sie bringt dich dazu, Makel zu entdecken, wo gar keine sind. Es geht sogar so weit, dass Patienten mit ihren Selfies Schönheitschirurgen aufsuchen. 2017 bestätigten laut der AAFPRS (American Academy of Facial Plastic Reconstructive Surgery) 55% der Plastischen Chirurgen, dass sie schon Patienten hatten, welche kosmetische Eingriffe durchführen lassen wollten um in ihren Selfies besser auszusehen.
Früher stand man in der Praxis vor einem Spiegel und hat mit einem Wattestäbchen auf die Zonen gezeigt, die einen stören. Heutzutage holen Patienten ihr Handy heraus und fangen an an ihre Selfies heranzuzoomen. Was den meisten nicht bewusst ist: Es handelt sich um eine Wahrnehmungsstörung und nicht um ein äußeres Problem.
BDD ist eine komplexe Störung, welche durch das Zusammenspiel von verschiedenen Aspekten, wie zum Beispiel Genetik und Gehirnchemie, entsteht. BDD taucht oft in Kombination mit anderen Faktoren auf, wie beispielsweise Essstörungen und Zwangsneurosen. Social Media alleine kann keine Selbstwahrnehmungsstörung auslösen, doch es kann die Symptome durchaus verstärken und triggern. Die perfektionierten Bilder auf den diversen Plattformen wirken wie ein Stressauslöser bei Betroffenen. Doch auch das exzessive Selfie machen und das genaue Studieren der eigenen Fotos kann eine körperdysmorphe Störung verstärken.
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Was kann ich tun?
Operative Eingriffe können bei BDD nicht helfen, da das Problem ein tiefergehendes ist. Das Problem ist nicht das äußere Erscheinungsbild, sondern die verzerrte Selbstwahrnehmung der betroffenen Person. In den meisten Fällen verstärken kosmetische Eingriffe die Störung nur noch. Der sicherste Weg wäre, jegliche Social Media Plattformen zu meiden, doch für die meisten Menschen ist das keine Option. Wichtig ist eine bewusste Verwendung der sozialen Medien.
Mach dir bewusst, welchen Profilen du folgst und warum. Sortiere immer mal wieder aus. Werde kritischer. Weiters ist es wichtig an seinem Selbstwert zu arbeiten. Denn ein gesundes Selbstwertgefühl ist das A und O. Wenn du dich im Spiegel oder Fotos von dir betrachtest, denk daran nett zu sein. Rede mit dir, wie mit deiner besten Freundin. Würdest du deiner BFF jemals sagen, dass ihre Nase gar nicht zu ihrem Gesicht passt und ihre Figur irgendwie unförmig aussieht? Wahrscheinlich nicht.
Falls du noch nicht angefangen hast, deine Bilder richtig zu bearbeiten – ich spreche hier nicht von Farbfiltern, sondern von Sachen wie Facetune – dann lass es am besten und fang erst gar nicht damit an.
Weitere Informationen und Hilfe findest du hier.
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