Boysober. Bei diesem neuen Trend schwören immer mehr Frauen den Männern ab. Ziel ist es, sich so in eine Form von Entzug zu begeben, der ihr mentales Wohlbefinden steigern soll. Was ist dran an diesem Ansatz? Ist das Datingleben mit Männern wirklich so schlimm?
Liebe: it ain‘t easy – wenn es denn überhaupt ist
Seien wir uns doch ehrlich. Liebe war noch niemals wirklich einfach. Auch wenn das Phänomen immer wieder ganz smooth daherkommt und uns Serien, Filme, Songs und vieles mehr vom Gegenteil überzeugen wollen. Love is hard! Vor allem aber der Weg dorthin in Form des Datings.
Tatsache ist, dass Liebe etwas ist, das von gesellschaftlichen Strukturen, Ideologien, Fantasmen und Wünschen durchzogen ist. Vor allem die Soziologin Eva Illouz hat eine ganze Reihe von Büchern über dieses Thema verfasst und führt uns immer wieder die versteckten soziologischen Hintergründe dieses beliebten Phänomens vor Augen. Ja, die Liebe ist alles andere als einfach.
Der Dating-Horror
Tinder, Hinge, OK Cupid und viele mehr. Aber auch der Weg zur Liebe ist, wie schon angemerkt, ein oft mehr mühsames Abenteurer als beschwingte Wanderung. Ja, das liebe Dating, mit all seinen toxischen Dating-Trends. Spielchen, Unaufrichtigkeiten, Lügen und Täuschungen. Es dauert oft sehr lange, bis man wirklich weiß, woran man beim anderen ist – und dann weiß man immer noch nicht so richtig, wohin das Ganze genau führen soll. #Situationship.
Die Lösung dieses Problems: es einfach lassen! Aber nicht so, wie in den Serien und Filmchen, wo die Heldin den Männern abschwört, den Traummann dann aber sogleich um die Ecke beigen sieht. Nein! Schluss mit Männern. Aber diesmal for real. Drauf geschissen! Ein für allemal. #Boysober.
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#Boysober: die Antithese zum Dating
Boysober nennt sich ein neuer Trend und verleiht dem Phänomen der Abkehr von den Männern endlich einen eigenen Namen. Bei diesem „Dating-Ansatz“, der, wenn man es recht betrachtet, so etwas wie die Antithese zum Dating ist, geht es eben darum, den Männern zu entsagen und in gewisser Form auch zölibatär zu leben. „Come on, den Shit kennen wir doch schon!“, werden jetzt viele sagen und haben damit natürlich nicht ganz unrecht. Doch ist Boysober mehr, als nur der müde Vorsatz einer, vom Dating frustrierten Frau.
Von Movement, von einer Bewegung zu sprechen, wäre vielleicht zu viel. Aber dennoch ist das Phänomen Boysober, das aus den USA mittlerweile auch zu uns gekommen ist und vor allem auf TikTok über den dazugehörigen Hashtag Millionen Follower erreicht hat, als Ereignis durchaus ernst zu nehmen. Denn Boysober zu werden und die „Entnüchterung“ von den Jungs probieren immer mehr junge Frauen für sich aus. Auf Tiktok wird sogar in Massen darüber berichtet, welche positiven Effekte diese „Entgiftung“ von Männern auf das weibliche Wohlbefinden hat.
Boysober: Ausgelöst durch einen Sketch?
Ins Rollen gebracht hat diese „Bewegung“ die US-amerikanische Komikerin Hope Woodard bereits im Jahr 2022, wie die New York Times berichtet. Ausgerechnet durch ihr Stand-up-Programm, in dem ihre Abstinenz von Männern als „boysober“ bezeichnet wurde.
Ein Jahr lang hat Hope weder einen Mann getroffen, noch Sex mit jemandem gehabt. Dieses selbstauferlegte Zölibat diente ihr dazu, sich von bestimmten problematischen Strukturen zu lösen. Vor allem ging es Woodard darum, „aus Dates, Situationships und dem Umhervögeln falsche Bestätigung zu ziehen und stattdessen die Energie für anderes aufzuwenden“.
Ein wichtiger Punkt dieses Rückzugs vom Sex mit Männern und den romantischen Intermezzi war auch, all jene ungesunden Verhaltensmuster abzulegen, die man von den vorherigen Generationen übernommen hat. „Vielleicht sind wir ja eine der ersten Generationen von Frauen, die nicht von einem Mann abhängig sind, um Energie und Kraft fürs Leben zu tanken“, erklärt Woodard weiter enthusiastisch.
Situationship
Vor allem die sogenannte „Situationship“ ist ein Thema, das vielen jungen Menschen Kopfzerbrechen bereitet. Dabei handelt es sich um einen ungewissen Beziehungsstatus, wo man nicht so genau sagen kann, woran man ist. Auf dem Weg Richtung Liebe ist das natürlich ein echter Stolperstein, da man die Beziehung ja auf die nächste Ebene holen will.
„In unserer Forschung definieren wir eine Situationship als eine andauernde sexuelle oder romantische Liaison, die sechs Monate oder länger andauert und von einer oder beiden Parteien nicht als weiterführend angesehen wird“, erklärt Elizabeth Armstrong, Vorsitzende des Fachbereichs Soziologie an der University of Michigan, im Gespräch mit Business Insider.
Im Gegensatz zu Modellen, bei denen es ausschließlich um Sex geht, ist die „Situationship“ eher eine Art Beziehung mit Ablaufdatum. Oder vielmehr eine Art Verharren auf einer bestimmten Stufe Richtung Beziehung, die man jedoch niemals verlässt. Diese Beziehungsform wird nur verlassen, wenn einer der Beteiligten einen „besseren“ Partner oder Partnerin* gefunden hat. Meist verstehen sich alle Beteiligten einer „Situationship“ natürlich als Single, eine ernstere Vertiefung mit der anderen Person wird dabei nicht angestrebt.
Boysober: Immer mehr Frauen schwören den Männern ab
Eine Situationship ist dabei natürlich kein rein männliches Phänomen. Dennoch haben scheinbar immer mehr Frauen von den Männern die Schnauze voll und nicht umgekehrt. Woodard spricht mit ihrer Idee von der zeitweiligen Abstinenz vor allem Frauen in ihren 20ern an. Für sie soll Boysober eine Art Werkzeug sein, das dabei hilft, sich frei von Ablenkungen zu machen, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse besser kennenzulernen.
Dieser Ansatz soll aber vor allem dabei helfen, besser gegen toxisches Verhalten und umständliche Beziehungen gewappnet zu sein. Ähnlich einem Alkoholentzug soll der „Jungsentzug“ dabei helfen, sich von den negativen Begleiterscheinungen des „Konsumierens“ zu befreien. Gemeint ist damit unter anderem das Spiel mit Nähe und Distanz, das eine emotionale Achterbahn beim Gegenüber verursachen kann. Weil man eben nicht weiß, woran man beim anderen ist.
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Gegen die Überforderung eines exzessiven Datinglebens
Ein weiterer positiver Effekt des Boysober-Lifestyles ist auch, der Überforderung entgegenzuwirken, der man durch ein exzessives Datingleben zweifelsohne anheimfällt. Woodard versichert dabei, dass ihr diese freie Zeit ohne Männer dabei geholfen hat, ihren Fokus neu auszurichten. Aber auch ihre Handlungsweisen zu hinterfragen.
Als Frau ist man sich auch alleine genug, so ihr Fazit. Man braucht keinen Mann, um sich ganz zu fühlen. Toxische Dating-Gewohnheiten und das Gefangensein in komplizierten Beziehungen sind natürlich nicht an ein bestimmtes Geschlecht gebunden, versichert Woodard. Dennoch spricht ihr Ansatz der Entsagung hauptsächlich junge Frauen an. Warum?
Lange Zeit wurde Frauen vermittelt, sie brauchen einen Mann bzw. eine Beziehung, um sich ganz zu fühlen. Aus eben diesem falschen Gedanken heraus, gehen sie oft Beziehungen ein, die toxisch sind. Und das, obwohl sie oft nicht den geringsten Vorteil davon haben. Haben Frauen wie Woodard und ihre Anhängerinnen endlich erkannt, dass sich eine Interaktion mit klassischen Männern überhaupt nicht wirklich lohnt?
Boysober: Männer als Problem
Wie Oliver Keens in seiner Kolumne sehr gut beschreibt, ist die eigentliche Botschaft des Boysober-Phänomens, dass eine bedeutende Anzahl von Frauen mit der Idee resoniert, dass das Dating von jungen Männern im Grunde so schädlich ist wie der Alkoholismus.
Laut Keens leiden viele dieser jungen Männer unter einem Mangel an Selbstvertrauen. Gleichzeitig haben sie aber auch ein „tobendes Ego“, das all diese Männer daran hindert, sich auf eine Beziehung in bedeutungsvoller Weise einzulassen. Wie diese jungen Männer wollte auch er bestimmte Dinge, tat jedoch nicht das nötige, um sie zu erreichen, noch kommunizierte er sie klar und ehrlich.
Fazit
Das Datingleben scheint, laut Keens, übersät mit Frauen, die mit Männern ausgehen, die emotional unintelligent oder nicht wirklich verfügbar und zugänglich sind und gefährlich wenig natürliche Empathie besitzen. Darüber hinaus sind diese Männer zu stolz oder unsicher, um über sich selbst zu lachen zu können. Weiters sind sie auch nicht in der Lage eine sexuelle Begierde zu vermitteln, die nicht einfach nur eine Nachahmung von Pornos ist.
Was immer man über das Boysober–Phänomen denken mag, es ist eine besorgniserregende Entwicklung, die vor allem klassische Männer dazu bewegen sollte, ihr Verhalten den Frauen gegenüber zu überdenken. Denn es sieht ganz so aus, als hätten diese Männer nicht wirklich viel zu bieten, warum eine Frau Zeit mit ihnen verbringen sollte – abseits des ideologisch gesättigten Wunsches, einfach nur mit einem Mann zusammen zu sein.
Doch das traditionelle Mannsein alleine, reicht scheinbar immer weniger aus, um eine Beziehung, ein Date oder Sex zu rechtfertigen. Es ist alarmierend, dass immer mehr Frauen scheinbar nur ein glückliches Leben führen können, wenn sie den Männern abschwören. Was natürlich auch verständlich ist. Der Incel-Backlash und die Manosphäre sind dabei nur einige Beispiele dafür, die Männer für Frauen nicht gerade attraktiver machen.
Bilder © Shutterstock
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