Der Orgasmus bei Frauen. Ein Mysterium? Immer noch kommen Frauen weniger oft zum Höhepunkt als Männer. Der so genannte Orgasm Gap in heterosexuellen Beziehungen bleibt weiterhin traurige Tatsache. Eine Bestandsaufnahme.
Der Orgasmus bei Frauen – brauchen sie einfach länger?
Immer wieder heißt es: Frauen brauchen länger… um zu kommen. Stimmt das? Wenn man einen (vorschnellen) Blick auf die Erhebungen wirft, dann stimmt das. Der Orgasmus bei Frauen braucht beim Sex (mit Männern!) in etwa 20 Minuten, um zu zünden.
Männer im Vergleich benötigen beim Sex nur zwei bis 10 Minuten, um zu kommen. Aber: Frauen benötigen wesentlich weniger Zeit, wenn sie es sich selbst machen. Nämlich nur vier Minuten.
Das Fehlen sexueller Ansprechbarkeit?
Die Psychologin und Professorin Laurie Mintz, bekannt für das Buch Becoming Cliterate: Why Orgasm Equality Matters–And How to Get It, führt diese Kluft zwischen dem Orgasmus bei Frauen und dem bei Männern auf eine, in diesen Erhebung nicht beachtete und fehlende, „sexual responsiveness“ zurück. Sie vermutet demnach, dass diese Kluft bei einem langfristigen Partner, der den Körper der Frau versteht, kürzer wäre.
Hier natürlich die berechtigte Frage, warum diese Orgasmusfähigkeit dann als Eigenschaft des Frauenkörpers dargestellt wird und nicht als Männertechnik? Vor allem, da diese Orgasmuskluft zwischen homosexuellen weiblichen Paaren kein Problem darzustellen scheint.
Eine neuere Untersuchung der Chapman University aus dem Jahre 2017, durchgeführt an 52.500 hetero- und homosexuellen Frauen und Männern zwischen 18 und 65 Jahren bestätigt zwar, dass Frauen weniger Orgasmen haben als Männer. Jedoch vor allem dann, wenn sie Sex mit Männern haben.
Heterosexuelle Nichtvereinbarkeit
Dass der Orgasmus bei Frauen somit seltener eintrifft – bei Männern 95 Prozent und bei Frauen 65 Prozent – scheint, wie es aussieht, primär ein Problem heterosexueller Partnerschaften zu sein. Wir erinnern uns. Gleichgeschlechtliche Paare schneiden bei diesen Erhebungen deutlich besser ab.
Das beweist: Die Orgasmuslosigkeit vieler Frauen ist demnach nicht einfach so gegeben. So findet sich die Ursache eindeutig in der geschlechtlichen Gegenpoligkeit der heterosexuellen Sexualität.
Biologisch passend und sexuell schwer kompatibel
Fortpflanzungstechnisch – also rein biologisch gedacht – benötigt man einen Penis und eine Vagina. Das eine ins andere gesteckt, gekoppelt mit einem (männlichen) Orgasmus zu Eisprungzeiten, und schon ist die Arterhaltung auf der (höchstwahrscheinlich) sicheren Seite. Dieser, auf seinen ursprünglichen und biologischen Sinn und Zweck reduzierte Koitus hat leider nicht wirklich viel mit sexueller Erfüllung zu tun.
Ein weiteres „Problem“ in dieser Hinsicht ist, dass die Klitoris im biologischen „Bauplan“ (leider) nach außen gesetzt wurde, anstatt in die Vagina. Und diese Klitoris ist für die weibliche Erregung (leider) unentbehrlich. Und da der Penis nur vaginal stimuliert, ist die klassische, sexuelle Prozedur für die Erlangung eines Orgasmus für Frauen leider nicht gerade vorteilhaft.
Wenn man die Reproduktion und die erfüllte Sexualität zusammendenkt. Ein Konstruktionsfehler? Zumindest Ursache für die Orgasmus-Kluft heterosexueller Paare. Denn laut Dr. Laurie Mintz kommt anhand der Penetration nur ein kleiner Prozentsatz der Frauen (etwa 4 bis 20 Prozent). Die Mehrheit benötigt für einen Orgasmus bei Frauen eine klitorale Stimulation, um zu kommen. Entweder allein oder in Verbindung mit Penetration.
Sex-Mythos aus den Medien als Ursache für Orgasmus-Kluft
Das Problem, so Dr. Mintz in einem Interview, (extrem zu empfehlen!) ist der Mann. Der fehlende Orgasmus bei Frauen entsteht letztlich in dem Moment, „wenn der Penis die Bühne betritt“. Wie das? Leider glauben viele Männer immer noch, dass Frauen allein durch das Rein-Raus-Spiel zum Orgasmus kommen. Hat leider nicht viel mit der Realität zu tun.
Und dieses falsche Überzeugung, dieses falsche Bild heterosexueller Sexualität, kann man den Männern nicht einmal wirklich vorwerfen. Denn wenn man sich die medialen Darstellungen von Sex (in erfolgreichen Mainstreamfilmen) genauer ansieht, liegt der Fokus dort primär (man kann sogar sagen ausschließlich) auf der Penetration. Und natürlich kommen die Frauen in diesem Filmen regelmäßig zu ihren ekstatischen Orgasmen.
Schlussendlich führt diese einseitige Darstellung von Sexualität dazu, dass ein völlig falscher Eindruck von (weiblicher) Lust entsteht. Nicht zu sprechen von dem Druck auf Frauen ausschließlich durch Penetration kommen zu müssen.
Der Orgamsmus bei Frauen – vom lesbischen Sex lernen
Um dieser trügerischen Falle medialer Falschdarstellung zu entgehen, hilft nur eines. Sich davon abzuwenden und anfangen zu lernen, den Körper selbst kennenzulernen. Vor allem die individuelle Weise, wie Lust und Erregung entsteht. Denn das funktioniert bei jedem Menschen anders. Nur so lässt sich das Wissen an den jeweiligen Partner weitergeben. Egal ob Hetero-, Homo-, Trans- oder wie -sexuell auch immer.
Und in diesem Sinne ist es eine gute Idee, sich vom lesbischen Sex inspirieren zu lassen. Denn lesbische Frauen können sich nicht auf den penetrativen Sex verlassen. Deshalb nutzen sie sämtliche Wege der Erregung und verfügen daher über eine Bandbreite an Wissen. Natürlich sind auch nicht alle Männer ausschließlich ahnungslose Nulpen. Doch gibt es immer noch zu viele, die zu penisfixiert denken. Dies ist, zugegeben, auch ein Problem vieler Frauen.
Interessante Erkenntnis bezüglich einer aktuellen Studie über bisexuelle Frauen. Beim ersten Mal Sex mit einer fremden Person gaben 65 Prozent der Frauen an, beim ersten Mal Sex mit einer Frau einen Orgasmus gehabt zu haben. Zum Vergleich: Beim ersten Mal Sex mit einem Mann waren es gerade mal 7 Prozent.
In einer anderen Studie der Indiana University und Chapman University heißt es, dass 86 Prozent der lesbischen Frauen beim Sex mit einer Frau einen Orgasmus bekommen. Bei den Hetero-Frauen sind es nur 65 Prozent. Ein Weg die Orgasmus Kluft zu schließen, führt somit über das Lernen vom lesbischen Sex.
Vorspiel – der Weg des orgiastischen Erfolges
Guter Sex hat also mehr, als nur mit der Penetration zu tun. Grundstein für guten Sex und den Orgasmus bei Frauen legt man mit einem „Vorspiel“. Doch auch die Bezeichnung Vorspiel ist unpassend. Es wird nur so bezeichnet, weil es hier noch nicht zur eigentlichen Sache kommt, der Penetration. Ein Denkfehler! Da es bereits zum Sex gehört und Teil des Spiels ist. Der wichtigste Teil.
Dass Männer diesbezüglich durch mediale Darstellungen des Themas auf eine falsche Fährte geführt wurden und immer noch werden, ist schade. Vor allem deshalb, weil ein Vorspiel auch die männliche Lust in ungeahnte Höhen zu steigern vermag. Viele der Männer sind alles andere als egoistisch und denken nur an ihren eigenen Spaß.
Die Mehrheit ist wirklich sehr bemüht, einer Frau Lust zu bereiten und diese zum Orgasmus zu bringen. They just don’t know it better. Leider ist diese Unerfahrenheit nicht nur ein Männer-Ding. Auch viele Frauen erzählen enttäuscht, wie sie tollen Sex haben, aber leider nicht kommen.
Dr. Laurie Mintz bringt es in ihrem Interview auf den Punkt: Wenn Frauen masturbieren, haben sie fast immer einen Orgasmus. Warum? Sie fassen sich selbst an und stimulieren sich klitoral. Warum nur lassen sie, sobald sie penetrativen Sex mit einem Mann haben, die Finger von ihrer Klitoris? Gute Frage.
Fazit – drei wichtige Dinge für den Orgasmus bei Frauen
Laut einer Studie der Indiana University und Chapman University gibt es drei wichtige Dinge, die für den Orgasmus bei Frauen zielführend sind. Zungenkuss, Stimulation der Genitalien und Oralsex. Oralsex meint natürlich, dass der Mann die Frau oral befriedigt. Es gilt nun, zusammen und mit vereinten Kräften, dem Orgasm Gap den Kampf anzusagen. Sex ist dazu da gemeinsam Spaß zu haben. In diesem Sinne.
Titelbild Credits: Shutterstock
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