Gucci – blickt man hinter die Fassaden des millionenschweren Modegeschäftes, dem Glamour und den Fashionshows entdeckt man eine dysfunktionale Familie, deren Streitigkeiten sogar die der Borgias in den Schatten stellen. Mittlerweile gibt es mit „House of Gucci“ auch einen Film über den Höhepunkt einer Geschichte, die der Familie Gucci wohl in dieser Form lieber erspart geblieben wäre.
Ein halbes Jahrhundert lang regierte Gucci die Modeindustrie. Ikonen wie Grace Kelly zeigten sich als Fans des Modelabels. Auch heutzutage findet man Stars wie die Beckhams und Jennifer Lopez unter den Gucci Liebhabern. Doch hinter dem Erfolg und der Prestige, die der Name der Familie Gucci mit sich bringt, findet man viel böses Blut und familiäre Tragödien.
Die Geschichte des Labels Gucci begann 1921 als Guccio Gucci ein Lederwarengeschäft in Florenz eröffnete. Zuvor hatte er in London im Hotel Savoy als Page gearbeitet und fand Inspiration im Gepäck – vor allem in den eleganten Koffern der Gäste.
In den 1930ern eröffneten Guccios Söhne Aldo und Rodolfo – der unter dem Künstlernamen Maurizio D’Ancora auch als Schauspieler erfolgreich war – zwei Gucci Stores in den USA. Gucci wurde fortan zur Goldmine. Neben den Touristen und Italienern in den USA, zog es auch Stars wie Elizabeth Taylor und Jackie Kennedy in die Läden. In den 70ern war Gucci zur weltweiten Sensation geworden. Von außen betrachtet gab es nichts, was dem Label im Weg stand. Hinter der Fassade jedoch drohte das Business zu implodieren.
Rodolfo Gucci aka Maurizio D’Ancora:
Die 2. Generation der Familie Gucci – Guccios Söhne
Nach Guccios Tod 1953 nahm Aldo, der älteste der drei Söhne, das Business in die Hand. Er sorgte dafür, dass Gucci zu einer internationalen Marke wurde. Denn er wusste, dass viele Leute nicht extra nach Italien reisen wollten, um die Produkte zu kaufen. Die Lösung: Expansion. Die Ziele: New York, Paris, Tokyo und London. Der Plan ging auf und Präsident John F. Kennedy verlieh Aldo Gucci den Titel des ersten „Ambassador of Fashion“.
1974 starb Aldos und Rodolfos Bruder Vasco, ohne Nachfahren hinterlassen zu haben. Folglich wurde das Business zwischen Aldo und seinem Bruder Rodolfo gerecht aufgeteilt. Aldo gab dann jedem seiner drei Söhne je 3,3 Prozent von seinem Anteil und behielt 40 Prozent während seinem Bruder Rodolfo die anderen 50 Prozent des Business gehörten.
Die Probleme kamen dann mit der dritten Generation der Gucci Familia.
Die 3. Generation – Guccios Enkelkinder
Paolo Gucci: Das schwarze Schaf:
© Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
In den 1980ern war Paolo der Hauptgrund aller Probleme im Gucci Clan. Als sein Vater Aldo und sein Onkel Rudolfo seine Idee einer eigenen Modelinie verwarfen, blieb er stur und brachte sie hinter ihrem Rücken dennoch heraus. Als Folge warfen ihn Aldo und Rudolfo aus dem Familienbusiness und brachen jeglichen Kontakt ab.
Für Paolo gab es nur eine angemessene Reaktion auf die Verbannung aus dem Gucci Clan: Vendetta. Paolo deckte den Steuerbetrug seines Vaters Aldo auf und sorgte dafür, dass dieser ins Gefängnis kam. Als 1983 Rudolfo starb und seine Anteile nun an seinen Sohn Maurizio gingen, einigten sich die Cousins das Gucci Business zusammen zu leiten.
Doch dieses Arrangement hielt nicht sonderlich lange. Denn Paolo tat das was er immer tat, wenn ihn seine Familienmitglieder nervten: Er verpetzte sie wegen Steuerhinterziehung an die Polizei. So kam es, dass Maurizio in die Schweiz flüchten musste.
Maurizio Gucci: Kein sonderlich guter Businessman
© Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
Nachdem sein Vater Rodolfo gestorben war und sein Onkel Aldo wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis saß, wurde Maurizio der Kopf des Unternehmens. Zuvor waren seine Frau und er ein eingespieltes Team gewesen. Patrizia lag das Entrepreneurship im Blut, während Maurizio sich mit der Leitung des Unternehmens schwertat. „Maurizio war kein Businessman, er war ein Playboy.“, sagte Karen Homer, Autorin des Buchs „Little Book of Gucci“. Maurizio wurde bekannt für seine üppigen Ausgaben: Häuser überall auf der ganzen Welt oder auch Yachten, darunter auch eine Holzyacht.
Die Kombination aus seiner Ahnungslosigkeit vom Entrepreneurship und der Liebe zum verschwenderischen Lifestyle führte dazu, dass die Marke Gucci schon bald mit enormen finanziellen Problemen zu kämpfen hatte. In 1988 verkaufte der Gucci Erbe 48,8 Prozent des Unternehmens an „Investcorp“, das Unternehmen welches unteranderem auch Eigentümer von Tiffany und Co war.
Man könnte denken, Maurizio hätte aus seinen Fehlern gelernt, doch dies war nicht der Fall. Er setzte seinen verschwenderischen Lifestyle fort und bis 1993 hatte der Gucci- Erbe gezwungenermaßen auch die restlichen Anteile des Unternehmens für 170 Millionen Euro verkauft.
Das einst familiäre Unternehmen, welches sein Großvater gegründet hatte, war nach nur zwei Generationen kein Familienbusiness mehr und ein Großteil der Familie war entweder tot, zerstritten oder saß im Gefängnis.
Die Familie Gucci: Parallelen zu der neapolitanischen Mafia
Wenn man sich etwas länger mit dem Gucci-Clan auseinandersetzt, kann man bestimmte Strukturen erkennen. Strukturen, die sehr jenen der neapolitanischen Mafia ähneln. Mal abgesehen vom italienischen Ursprung der beiden Familien. Die Mafia, die in den Teilen Napolis regiert, trägt den Namen Camorra. Es handelt sich um eine der ältesten und größten kriminellen Organisationen Italiens. Ihr Ursprung reicht bis ins 17. Jahrhundert.
Das besondere an dem Camorra Clan ist seine Struktur. Während die sizilianische Mafia einem Pyramidenschema untergeordnet ist, sind die Camorra eher horizontal als vertikal organisiert. Genau das geschah mit dem Gucci Clan, als Guccio starb und das Business zwischen Aldo, dessen drei Söhnen und Bruder Rudolfo aufgeteilt wurde.
Diese horizontale Organisation führt dazu, dass Individuen unabhängig voneinander agieren was wiederum in den meisten Fällen zu vielen Streitigkeiten im Clan führt. Genau das war der Knackpunkt der Guccis.
Raffaele Cutolo folgte in den 1970ern und 1980ern dem Beispiel der sizilianischen Mafia und versuchte vergeblich die Camorra Familien zu vereinigen. Genauso wenig gelang es den Guccis einen gemeinsamen Weg zu finden.
Maurizio und Patrizia: Ein Märchen wird wahr
Mit Patrizia begann eine neue Ära in der Gucci Dynastie. Als Maurizio die junge Patrizia mit nach Hause nahm, um sie seinem Vater Rodolfo Gucci vorzustellen, war dieser weniger begeistert. Patrizia Reggiani wuchs in ärmlichen Verhältnissen im Norden Italiens auf, doch sie schien mit aller Kraft diese Vergangenheit hinter sich lassen zu wollen.
Vielmehr hatte sie sich in den Kopf gesetzt, Teil der elitären Kreise zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen war ihr jedes Mittel recht. Manche beschreiben Patrizia als kalt und berechnend – ein opportunistisches Mädchen, das gerne Pelz trug, lange bevor sie sich überhaupt welchen leisten konnte.
Als sich Patrizia dann im selben Raum wie Gucci Erbe Maurizio wiederfindet – ist ihr langersehnter Traum und das extravagante Leben, von dem sie sicher war, dass es ihr zustünde, zum Greifen nahe. Maurizios und Patrizias Hochzeit war dementsprechend dekadent, trotz der Streitigkeiten zwischen Maurizio und Vater Aldo, der weniger erfreut war über seine neue Schwiegertochter. Dies war der Anfang eines It-Paares. Patrizia und Maurizio lebten den Jetset Traum – immer overdressed und umgeben von Persönlichkeiten wie den Kennedys.
Gucci heißt Luxus
Doch auch nach Jahren fand Patrizia keine Akzeptanz von der Familie Gucci. Dies befeuerte ihren Wunsch „jemand zu werden“. Maurizio war komplett eingenommen von Patrizias Leidenschaft und ihrem Feuer. Mit so einer Frau an seiner Seite fühlte er sich unbesiegbar. Als würden ihnen alle Türen offenstehen.
Maurizio und Patrizia kauften ein Appartement in New York und mehrere Privatinseln, eine Yacht und weil das alles nicht genug war, hatten sie noch zwei Töchter: Allegra und Allessandra. Ihr Leben glich einem Märchen. Patrizia trank jeden Tag den besten Champagner der Welt und gab monatlich fast 8000 Dollar für Orchideen aus.
Gucci hatte nun einen Ruf – Gucci stand für Glamour und Luxus und wurde zu der Top Marke im „Made in Italy“–Movement. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Marke nahm immer mehr zu. Patrizia hatte alles richtig gemacht – Was könnte da noch schief gehen?
Ärger im Paradies: Die Scheidung und ein Bruch in der Gucci Familie
Verfilmung der Tragödie in „House of Gucci“ – links Maurizio, gespielt von Adam Driver, und rechts Patrizia, gespielt von Lady Gaga | © Universal Pictures
Dieser Teil der Geschichte hat wenig mit Glanz und Glamour zu tun. Ganz im Gegenteil: Es wird ziemlich hässlich. Und genau hier setzt Ridleys Scott Film an. „House of Gucci“ legt den Fokus auf Patrizia Reggiani und die immer größer werdende Rachelust in ihr, nachdem ihr Mann sie 1985 für eine jüngere Frau verlässt. Patrizia weigerte sich sieben Jahre lang die Scheidungspapiere zu unterzeichnen. Sie hatte ihre ganze Identität um den Status, den ihr der Nachname Gucci verliehen hatte, gebaut und nun war die Seifenblase geplatzt.
Patrizia fühlte sich verstoßen und erniedrigt. Jahrelang hatte sie beim Aufbau und der Weiterentwicklung des „Gucci“- Imperiums mitgearbeitet und nun war sie wieder ein Niemand. Auch als sie die Diagnose Hirntumor in 1992 erhält, die eine schwere Operation zur Folge hat, sind die Wut und der Hass auf Maurizio und die Guccis noch immer sehr groß. Als Maurizio ihre Anteile für mehrere Millionen Dollar verkauft, muss sie sich von jeglichen Ansprüchen auf das Gucci Erbe verabschieden. Maurizio hatte Öl ins Feuer, welches schon lange in ihr loderte, gegossen.
Mord an Maurizio Gucci
Es ist der 27. März 1995. Ein mysteriöser Mann feuert mehrere Schüsse auf Maurizio und verschwindet. Maurizio erliegt den Schussverletzungen. Die Suche nach dem Schützen dauert bereits zwei Jahre, als am 31.Januar. 1997 die Verdächtigen Pina Auriemma, Ivano Savioni, Benedetto Ceraulo und Orazio Cicala festgenommen werden. Pina und Ivano galten als Mittelmänner zwischen Patrizia und Cicala, dem Fahrer, der den Fluchtwagen lenkte. Ceraulo galt als Mastermind hinter dem ganzen Plan.
Von Anfang an hegte man Verdacht gegenüber Patrizia Reggiani. Denn Patrizia war keineswegs subtil, wenn es darum ging, ihrem Ärger und Hass gegenüber den Guccis, insbesondere dem Gucci- Erben und Ex-Ehemann Maurizio, Ausdruck zu verleihen.
Pina Auriemma und Ivano Savioni bestätigten in einem Telefonat, dass Patrizia eine Rolle in der Ermordung von Maurizio spielte. Vielmehr noch: Patrizia hatte insgesamt 600 Millionen Lire (etwa 300 000 Euro) gezahlt, um ihren Maurizio „aus der Welt zu schaffen“.
Als Patrizia verhaftet wurde, verglichen die Medien sie mit einem Bösewicht aus einem Film: Ein langer Pelzmantel hing über ihren Schultern und in ihren Augen war nicht einmal ein Hauch von Reue zu erkennen. Aus dem Aschenputtel wurde zuerst eine Prinzessin, die sich dann als manipulativer Drahtzieher entpuppte.
Patrizia – dann auch als „Die schwarze Witwe bezeichnet – wurde zu 26 Jahren Haft verurteilt, obwohl sie sich nie öffentlich zu dem Mord bekannte. Zu was sie sich sehr wohl bekannte, waren ihre Mordfantasien in Bezug auf Maurizio. Sie sagte, sie hätte sogar ihren Metzger um Hilfe gebeten, ihren Mann zu ermorden, dennoch leugnete sie, in den Mord an Maurizio involviert gewesen zu sein.
Wo ist Patrizia Regianni heute?
2011 lehnte Patrizia eine frühzeitige Entlassung aus dem Gefängnis ab, als sie erfuhr, dass eine der Auflagen darin bestand, sich einen Job zu suchen. „Ich habe noch nie in meinem Leben gearbeitet und ich habe nicht die Absicht jetzt damit anzufangen.“, erklärte sie ihrem Anwalt.
2016 willigte sie jedoch endlich den Bewährungsauflagen ein und wurde entlassen. Das erste was Patrizia nach ihrer Entlassung tat: Shoppen in der berühmten Via Monte Napoleone in Milan, mit einem Papagei auf ihrer Schulter. Auf die Frage nach ihrer Beziehung zu dem Rest des Gucci Clans antwortete sie folgendermaßen: „Sie brauchen mich. Ich fühle mich noch immer wie eine Gucci – tatsächlich bin ich am meisten Gucci von all ihnen.“ Die Ironie hinter der ganzen Geschichte? Trotz des Faktes, dass Patrizia Maurizio Gucci ermorden ließ, erhält sie auch heute noch jedes Jahr einen Check von einer Millionen Euro von der Familie Gucci.
Titelbild ©
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