Narzissmus-Typen: 3 unterschiedliche Ausprägungen, die ihr kennen solltet
Der Narzissmus wird mehr und mehr zum Problem in unserer Gesellschaft. Statt um Inhalte geht es nur noch um Inszenierungen. Auch im Leben der „normalen“ Menschen ist die Konfrontation mit Narzisstinnen und Narzissten zum Alltag geworden. Um den Umgang mit diesen Quälgeistern zu erleichtern, hat der Narzissmus-Experte Pablo Hagemeyer ein außergewöhnliches Buch geschrieben. Mit neuen und bis dato noch nicht bekannten Ausprägungen der narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
Die Invasion der Narzissten – Narzissmus auf dem Vormarsch
Seit einiger Zeit häuft sich die Anzahl wissenschaftlicher Berichte die behaupten, dass unsere Gesellschaft narzisstisch ausgeprägter wird. Ob Lovebombing oder Spiritueller Narzissmus & Co. Die Phänomene häufen sich. Einige Expertinnen und Experten sehen die gesellschaftliche Priorisierung der Individualität als Grund für diese Ausbreitung des Narzissmus.
Gefördert wird diese Form narzisstischer Selbstverwirklichung auch durch verschiedene Kompensations- und Ablenkungsformen, wie etwa durch den gesteigerten Konsumtrieb und die häufige Nutzung sozialer Medien. Vor allem die Beeinflussung der eigenen Meinung durch andere und durch die Massenmedien führt zu dieser Selbstwertstörung und verlorenen Lebendigkeit. Der steigende Narzissmus spiegelt also unseren Zeitgeist wider, wie der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz ausführen würde.
Erfolg und perfekte Selbstdarstellung
Der moderne Mensch. Hauptsächlich fokussiert auf Leistung, Erfolg und natürlich eine perfekte Selbstdarstellung. Der Narzissmus, zwar ein Phänomen, das uns schon länger beschäftigt. Wir erinnern uns: schon in der griechischen Mythologie findet man den Mythos des Narziss, ein junger Kerl, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt. Dennoch scheint unser gegenwärtiger Lebensstil die Ausbreitung dieses Phänomens zu fördern wie keine Epoche zuvor.
Dem Ideal eines perfekten Selbstbildes unterworfen, ist eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung folgerichtig geprägt durch ein extremes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung. Hinter dem meist selbstverliebten und/oder arroganten Auftreten eines Narzissten oder einer Narzisstin stehen somit meist Schmerz und Leid. Und ein im Grunde schwaches Selbstwertgefühl. Verständlich, ist man jedoch permanent abhängig vom Urteil der anderen über einen.
Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung – Narzissmus2
Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeit haben demnach ein extremes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Bewunderung. Oft tun sie sich durch Arroganz und Selbstidealisierung aus der Masse hervor. Kritik ertragen sie nicht. Ein Misserfolg – den sie selbst nicht mehr wegleugnen oder -lügen können – kann sie in schwere Krisen stürzen. Narzissten und Narzisstinnen haben im allgemeinen Schwierigkeiten, sich in andere Menschen hineinzuversetzen.
Was verständlich ist, dienen diese ihnen jedoch lediglich als seelenloses Publikum, dass ihre Großartigkeit zu bejubeln hat. That’s it! Der Umgang mit Narzissten und Narzisstinnen ist für davon nicht betroffene Menschen daher eine echte Herausforderung. Aus genau diesem Grund hat der Psychiater Dr. med. Pablo Hagemeyer, Experte auf diesem Gebiet und selbst ein netter Narzisst, wie er erklärt, ein Buch darübergeschrieben, wie man Narzissten und Narzisstinnen am besten entlarvt und ihnen Paroli bieten kann.
Der Titel ist Programm: „Gestatten, ich bin ein Arschloch.“ Und um uns den Umgang mit diesen „Quälgeistern“ etwas zu erleichtern, hat Hagemeyer einige neue Narzissmus-Typen in Spiel gebracht, von denen drei Typen einen genaueren Augenschein verdienen.
Drei unterschiedliche Narzissmus-Typen, die man kennen sollte
Der paranoide Narzissmus
Narzissten und Narzisstinnen fühlen sich häufig bedroht, benachteiligt und verfolgt. Das nimmt mitunter wahnhafte Züge an. Unter hohem psychischem Druck kann aus dieser Grunddisposition sogar eine Psychose mit Wahnvorstellungen, Wahnanfällen und hochsystematischen Wahngebilden entstehen. „Wahn ist eine irrationale Überzeugung, an der trotz Beweis am Gegenteil festgehalten wird. Wahn hält der rationalen Widerlegung, etwa durch Kritik, einen beträchtlichen Widerstand entgegen und formt hieraus neue Realitäten.“, so Hagemeyer in seinem Buch.
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Bestes Beispiel für diese Form der Störung und des Wahns sieht Hagemeyer in Donald Trump und seinen alternative facts und fake news. Problem bei diesem Phänomen: „Projektion und wahnhaft gefärbte Projektionen mobilisieren auch die Massen, die sich davon „hypnotisieren“ lassen. Wenn die Widerstandskraft der Oppositionellen ermüdet, dann breitet sich das wahnhafte Denken ungehindert aus. Paranoia ist ansteckend. Und populär.“, erklärt Hagemeyer weiter und nahm hierbei unwissend den Sturm auf das Kapitol in Washington 2021 vorweg.
Der schillernde Narzissmus
Die schillernden Narzissten und Narzisstinnen sind sozusagen „die Schauspieler unter den Narzissten“, wie Hagemeyer erläutert. Eine faszinierende Gattung der Spezies. Wie bekannt ist, können Narzissten und Narzisstinnen sehr gut manipulieren. Eine Strahlkraft ist dieser starken Selbstüberzeugung gegen alle Widerstände nicht abzusprechen sowie ein gewitzter Charme, der die Leute für sich einnehmen kann. Eine faszinierende Gabe aller Narzissten: Sie können sehr gut manipulieren. Auch wenn dies oft plump und auf eine leicht grobe Weise passiert und sie oft diktieren, was zu tun ist.
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Doch nicht so beim schillernden Narzissmus. Denn die Schillernden machen es subtil und mit viel Einfühlungsvermögen. Gegen die gängige Meinung, dass Narzissten und Narzisstinnen keine Empathie haben, sind die schillernden Narzisstinnen und Narzissten durchaus fähig, „mit den Gefühlen der anderen operativ ins Geschäft zu kommen“.
Der schillernde Narzissmus greift dabei auf das sogenannte Resonanzphänomen zurück. Dieses besagt, dass Menschen auf starke Emotionen reflexartig reagieren. Der schillernde Narzissmus „nimmt scheinbar oder tatsächlich die Emotion des anderen ernst und vertieft damit die Bindung. Ein Vorteil für Narzissten, die ja davon profitieren, eine Bindung einzugehen mit ihren Opfern. Viele Narzissten können Schuldgefühle in andern auslösen und diese dazu bringen, Dinge zu tun, die sie nie tun wollten.“
Und um diese Schuldgefühle für sich arbeiten zu lassen, bedarf es einer bestimmten Form von Empathie. Auch wenn diese hinterfotzig und auch bösartig ist.
Der stille Narzissmus
Die stillen Narzissten und Narzisstinnen sind „jene mit dem traurigen Blick“. Warum? Weil sie sehnsüchtig sind. Nach Anerkennung, Liebe und Trost. Doch im Gegensatz zu ihren Verwandten, den anderen klassischen Narzisstinnen und Narzissten, sind die Stillen, wie der Name schon vermuten lässt, all jene, „die sich zurückhalten und sich nicht trauen, in der ersten Reihe zu stehen.“ Es aber doch so unbedingt zu wollen scheinen.
Diesen tragischen Verlust an Größe müssen die stillen Narzissten und Narzisstinnen „im kleinen Kreis wieder geraderücken und klären.“ Was das genau bedeutet? „Sich von nur einer Person bewundern zu lassen reichte den stillen Narzissten, sie agierten verdeckt. Das war ihre Stärke. Sie waren bescheiden, aber dennoch im Eins-zu-eins einer Beziehung gleichfalls Emotionssauger und nervig wie die anderen.“
Unterschied zwischen Narzissmus und narzisstischer Persönlichkeitsstörung
Ob der Narzissmus krankhaft ist oder sich im Rahmen des Normalen bewegt – wobei sich diese Abgrenzung immer wieder zu verschieben scheint –, ist wichtig. Man will ja niemanden etwas unterstellen. Daher ist es wichtig, zwischen Narzissmus und einer echten narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden.
Narzissten und Narzisstinnen sind oft recht ehrgeizig. Sie sind daher auch in Führungspositionen wiederzufinden und können ein sehr erfolgreiches Leben führen. Wenn deren Narzissmus jedoch zu stark ausgeprägt ist und für sie selbst und ihre Umwelt zu Leid führt, ist er höchstwahrscheinlich krankhaft. Hier spricht man auch vom pathologischen Narzissmus.
Der Übergang von der Eigenschaft einer Person zur Störung ist fließend. Mit welcher Ausprägung ihr es aber auch immer zu tun habt oder zu tun bekommt, Pablo Hagemeyers Buch „Gestatten ich bin ein Arschloch“ ist die ultimative Lektüre, um sich gut einen Überblick zu verschaffen. Und die konkreten Beispiele im Buch bringen einen ein Thema näher, von dessen Problematik wir scheinbar immer mehr und mehr betroffen werden.
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