Knapp vor dem Ende der besten Dekade meines Lebens wurde ich persönlich ein paar Mal mit einem Wort konfrontiert, das mir bisher nur beiläufig ein Begriff war, mir dann aber nach einer kurzen Google-Recherche ziemlich sauer aufstieß. Fuckboy – eine Bezeichnung, die meines Erachtens viel zu leichtfertig verwendet und von manchen Frauen zudem als Entschuldigung für ihr fehlendes Hinhören missbraucht wird.
Was bedeutet Fuckboy? Was macht einen Fuckboy aus?
Früher sagte man Arschloch oder Idiot, wenn ein Mann sich lügend und herzensbrechend von einem weiblichen Körper zum nächsten gef***t hat. Heute werden solche Typen als Fuckboy bezeichnet – was ja in manchen Fällen auch völlig gerechtfertigt ist.
Das Wort aus der Jugendsprache definiert recht spezifisch, wie ein Mann sich verhält und beschaffen ist. Denn ein Fuckboy bricht vollkommen vorsätzlich Herzen und stellt Dinge in Aussicht, die er niemals vorhat zu erfüllen. Wie das „Fuck“ in „Fuckboy“ schon sagt, ist diese Sorte Mann nur an sexuellen Beziehungen interessiert, aber erreicht das durch Manipulation und Täuschung, indem er Gefühle oder ähnliches vorspielt, statt offen und ehrlich zu sein. Ein Poser, der selbstverliebt und womöglich auch noch respektlos ist und in weiterer Folge sehr gefühlskalt agiert.
Auf Tinder tummeln sich angeblich sehr viele dieser Sorte herum, wie ich so aus meinem Bekanntenkreis gehört habe.
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Wie ich zu dem ehrenvollen Titel des Fuckboys kam
Ganz offen gestanden war auch ich in meinen Anfang-Zwanzigern nicht immer ein Engel und ich hatte den Titel „Arschloch“ oftmals vollkommen verdient. Mit den Jahren und den Frauen entwickelt Mann sich aber ebenso weiter und versteht, dass es besser ist, stets mit offenen Karten zu spielen – auch wenn das bedeutet, dass man dann die Angebetete damit vielleicht nicht ins Bett bekommt. Somit sagte ich Sachen wie „Das ist für mich rein körperlich“ oder vollkommen unmissverständlich „ich möchte keine Beziehung“.
Zu diesem Thema war ich Gast bei Couchgeflüster:
Vor ungefähr einem Jahr wurde ich bei einem Schlussmach-Gespräch und dann in einer Nachricht die ersten Male als – ich zitiere – „du bist einfach ein scheiß verdammter Fuckboy, das hätte ich von Anfang an wissen müssen“ bezeichnet. Vorerst dachte ich mir, dass es wohl begründet sei, das zu sagen, weil ich etwas beendet hatte und daher wahrscheinlich Frust aufkam. Als ich dann aber Google quälte, um mir den Begriff näherzubringen, fiel mir auf, wie unpassend diese Bezeichnung auf mein Verhalten hin ist.
Nachdem mir das dann öfter vorgworfen wurde, entstand ein deutliches Bild. Manche Frauen – die diesen Terminus häufig verwenden – hören nicht wirklich hin oder stellen ihre eigenen Erwartungen als Realität dar, woraufhin sie bei Enttäuschung derselben schnell mal Fuckboy schreien und die eigene Unfähigkeit auf das Gegenüber umwälzen. Genauso unangemessen empfinde ich die Bezeichnung einer Frau als Schlampe – egal, ob sie mit vielen Männern geschlafen hat oder nicht – und empfinde es als wichtig, ein gewisses Wording auch in Bezug auf Männer mit Vorsicht zu verwenden – ja, wir modernen Männer stehen dazu, dass wir von so etwas verletzt werden können, das ist eine Form der Emanzipation, meine Lieben.
Vermeintlicher Fuckboy: Wenn die Aussagen einfach bewusst ignoriert werden
Spulen wir etwas zurück – ungefähr sechs Wochen zuvor hatten wir unser erstes Date. Alles easy. Natürlich hatte ich gesagt, ich fände sie schön, sie wäre interessant und ich würde mich gut mit ihr unterhalten – daran war nichts gelogen. Aber auf ihre Frage, was ich mir erwarte, war meine Antwort staubtrocken: „Sowas kann ich beim ersten Date schwer sagen, aber schauen wir mal.“ Wie soll ich auch schon wissen, wohin das alles führen soll. Der Abend führte uns auf alle Fälle noch zu mir und wir landeten im Bett.
Wir trafen uns weiter. Noch keine Spur von tiefgehenden Zugeständnissen meinerseits. Als wir nach ein paar Dates gemeinsam durch die Innenstadt spazierten, sagte sie mir, dass sie mich mag, woraufhin ich entgegnete, dass es mir gleich ginge, doch für mich sei das nicht genug für eine Beziehung – ja, das ist in der Tat grob, aber noch immer ehrlich und aufrichtig.
Enttäuscht sah sie jedenfalls nicht aus, als ich das sagte. Stattdessen nahm sie mich bei der Hand und erzählte mir, welches Bild sie von einer Beziehung hätte. Ich hatte das Gefühl, sie übergeht einfach, was ich gesagt hatte. Also unterbrach ich sie, obwohl es mir unangenehm war, und fragte erneut, ob ihr bewusst wäre, dass ich das als Freunschaft Plus sehe. Sie bejahte das.
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Eine Woche später lagen wir bei ihr im Bett und unterhielten uns wieder über dieses Thema – Beziehungen. Da wurde mir klar, dass ich es noch mal deutlich sagen muss, um eventuelle Missverständnisse auszuräumen. Nochmals erklärte ich ihr, dass es für mich nur Freundschaft Plus wäre. Ich hatte ein richtig unangenehmes Gefühl, als ich das sagte, weil ich weiß, sowas ist ein Schlag ins Gesicht. Sie nickte aber zustimmend und sagte, dass sie das wohl wissen würde. Also eh alles easy.
Wir sahen uns noch ein paar Mal und sie machte klar, dass es für sie wichtig sei, ich würde nur mit ihr schlafen, womit ich zu diesem Zeitpunkt völlig klarkam. Exklusivität geht auch in Affären. Nachdem ich dann beim Fortgehen eine andere Frau kennengelernt hatte, war es meinem moralischen Empfinden nach wichtig, das Gespräch mit der zuvor noch aktuellen Frau zu suchen. Gesagt, getan.
Ich klärte sie auf, dass ich die Sache mit uns mal auf Eis lege und ich jemanden kennengelernt hatte. Nach dem Gespräch sah sie mich vollkommen entsetzt an. Ich hatte ein unangenehmes Gefühl, weil ich es hasse, Gspusis in den Wind zu schießen. Auch für sie war es mit Sicherheit nicht gerade angenehm. Sie sagte: „Du hast letztens noch etwas ganz anderes gesagt.“ Wann? Hä? Ich überlegte. Dennoch kam ich nicht dahinter, was sie meinen könnte. Ich hätte ihr angeblich eine Beziehung in Aussicht gestellt, sagte sie. Nämlich, als ich davon sprach, dass ich sie mag. Ähm? Ich schlafe nicht mit Frauen, die ich nicht mag. Logisch? Und ich hatte dem Ganzen etwas beigefügt – es wäre jedoch nicht genug für eine Beziehung.
Naja, dann kam besagte Beschimpfung und besagte Nachricht obendrauf, die noch weitaus schlimmer ausfiel. Lustigerweise wurde mir das noch zwei weitere Male vorgeworfen, in beinahe exakt gleichen Affären, weshalb ich stutzig wurde und mir Gedanken darüber gemacht hatte, was meinerseits falsch lief. Da war aber nichts, weil ich stets offen gesagt habe, dass ich „just for fun“ mit ihnen Zeit verbringe und sie sich nichts erwarten sollen – oft und mehr als deutlich. Wenn schon dürften sie Oxytocin die Schuld geben und nicht mir.
Wer nicht hören will, muss fühlen
So gilt es auch bei Affären. Ich verstehe vollkommen den Frust, wenn jemand in den Wind geschossen wird. Noch mehr kann ich Ärger nachvollziehen, wenn Dinge in Aussicht gestellt werden, aber niemals erfüllt. Doch fällt mir auf, dass manche Frauen nur hören, was sie hören möchten und dann dem Gegenüber die Schuld dafür geben. Sie hören „Ich mag dich“, „Ich finde dich wunderschön“ oder „Ich genieße die Zeit mit dir“, aber überhören dabei Aussagen wie „Für eine Beziehung reicht das nicht“, „Ich möchte momentan nichts Ernstes“ oder ähnlich deutliche Hinweise.
Es stimmt schon, dass sich Meinungen ändern können und sich jemand doch verliebt. Oder es passiert auch, dass man als Mann manchmal ungeschickte Dinge sagt oder versehentlich mal ein Kuss auf der Stirn landet – bei sowas reiße ich mich mittlerweile richtig zusammen und mache das bei Affären schon seit Jahren nicht mehr; liebe Männerschaft, bitte tut das auch nicht, denn es ist ein recht eindeutiges Zeichen für Zuneigung. Aber auch das sollte noch kein Grund für eine Beschimpfung als Fuckboy sein, genauso wenig sollte auf der anderen Seite das Wort Schlampe fallen.
Auf Basis seiner eigenen Erwartungen jemanden zu schimpfen und ihn damit eigentlich zu diskreditieren, sollte kein reflektierter und selbstbewusster Mensch machen. Ich empfinde beide Wörter – Fuckboy und Schlampe – als äußerst sexistisch und unpassend. Schlimmer noch wird es, wenn vermeintlich emanzipierte Menschen solch ein Wording für das andere Geschlecht wählen. Und NEIN: Es geht nicht darum, dass Männer so arm sind, sondern dass eine gewisse Sensibilisierung wichtig ist.
Also statt die eigene Unsicherheit und Verletzung auf den anderen zu übertragen – und da spreche ich beide Geschlechter an – solltet ihr lieber versuchen, euch selbst und vielleicht eure eigene Kommunikation zu überdenken. Wenn mich eine Person damit konfrontiert, dass sie unbedingt eine Beziehung will und verliebt ist, werde ich auch dementsprechend damit umgehen. Mit offenen Karten spielen – dann entgeht man auch mit höherer Wahrscheinlichkeit einer Verletzung.
Wer jetzt denkt „na klar, dass ein Typ das schreibt!“, sollte sich womöglich meine anderen Beiträge lesen. Den über das Wort Nein zum Beispiel oder auch über das Dasein als männlicher Feminist.
Selbstverständlich gibt es viele Themen, die sich mit dieser Problematik überschneiden, doch würde das vollkommen den Rahmen eines Beitrages sprengen. Mit dem Wort Schlampe werden wir uns ebenso nochmal gesondert und genauer auseinandersetzen.
Dass zwischen Frau und Mann gewisse Unterschiede bestehen – in Kommunikation und Verhalten – sollten wir trotz Emanzipation nicht außer Acht lassen. Damit sage ich nicht, das eine Geschlecht wäre besser oder schlechter als das andere. Ein wunderbarer Vortrag von Vera F. Birkenbihl gibt diesbezüglich einen großartigen Einblick, den sich womöglich jede*r einmal zu Gemüte führen sollte.
Titelbild Credits: Shutterstock
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