Es gibt einen Typus Mann, der es einfach nicht begreifen möchte. Einen, der es nicht in seinen kleinen, minderbemittelten, patriarchalen Dickschädel bekommt, was es mit dem Wort „Nein“ auf sich hat. Diese Sorte Mann kommt leider häufiger vor, als mir lieb ist, kostet Frauen viele Nerven, im Worst Case sogar die körperliche Unversehrtheit und versaut auch vielen Männern einige Abende.
Die Nacht hat gerade erst begonnen und um 2 Uhr morgens verschwinden meine besten Freundinnen schon wieder genervt aus dem Club – das hat mittlerweile schon fast Tradition. Wieso? Weil es einige hormongesteuerten Grabscher und Gaffer nicht schaffen, Grenzen zu akzeptieren. Hierbei geht es nicht um die Bar oder den Sitzbereich, wo sie vielleicht auf eine charmante Art und Weise eine Frau ansprechen, es geschieht auf der Tanzfläche. Umzingelt von schwanzgesteuerten Ungeheuern wehren meine zwei Freundinnen einen Typen nach dem anderen ab – mit zunehmend weniger Erfolg. Denn das Wort „Nein“ scheint in deren Wortschatz ganz einfach nicht zu existieren.
Als Mann versuche ich, dem Treiben ein wenig zuzusehen und abzuwarten, ob dieser Schlag Männer es von allein checkt. Ich möchte außerdem einer Frau durch mein Einschreiten nicht das Gefühl vermitteln, ich wäre davon überzeugt, sie würde es nicht alleine schaffen. Oder dass es gar einen Mann bräuchte, um anderen Männern das Wort „Nein“ zu vermitteln – aber leider braucht es das viel zu oft.
Dreist greifen sie in Zonen, wo ihre Hände nichts verloren haben, tanzen die Frau unverschämt an und überschreiten damit immer wieder die Grenzen der Intimsphäre. Das ist nicht Flirten! Ich konnte häufig beobachten, wie die abgewiesenen Männer sogar absichtlich die Angebetete anschütten oder diese beschimpfen – was zur Hölle bringt das bitte?
Mich hat gestern Nacht ein Typ am Bahnhof festgehalten und mir übers Gesicht gestreichelt und nur aufgehört, weil zum Glück irgendein Mann gerufen hat, er solle das lassen. Weil Hey, wenn der Mann das sagt, dann gilt das. Wurscht, dass ich das vorher auch schon sagte.
— Lara Ermer (@laraermer) January 20, 2020
Im Härtefall gehen diese Männer sogar so weit, dass sie sexuell übergriffig werden. Sie „überhören“ das „Nein“, verstehen es als „sie will es ja eh“ und in weiterer Folge kommt es zum Teil sogar zu einer Vergewaltigung, die dieser Schlag Mann nicht als solche sieht, weil sie hat sich ja nicht gewehrt – what the fuck, was sind das für Ansichten. In meinem weiblichen Bekanntenkreis hat dieses Szenario schon viel zu häufig stattgefunden – ich schäme mich jedes Mal für meine Geschlechtsgenossen, wenn ich sowas höre –, weshalb das „Nein“ mal in deren Köpfe geprügelt werden sollte – auf verbale und pazifistische Art und Weise, versteht sich.
Die fehlgeleiteten Frauenversteher
Als die Frauenversteher schlechthin sehen sich diese Männer, weil sie vermeintlich durchschaut haben, wie Frauen ticken. Ja, es mag schon stimmen, dass Frauen nicht immer das sagen, was sie denken – beispielsweise, wenn man fragt, ob den alles in Ordnung sei und man die Antwort „Ja“ bekommt, obwohl man weiß, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Aber dieser Erfahrungsschatz kann doch nicht einfach analog auf alles angewendet werden, was mit Frauen zu tun hat. Wie beschränkt ist diese Ansicht bitte? Das ist beinahe so bescheuert und absurd, wie ein gleichmäßig kreisförmiges Treten der Pedale im Auto, nur weil man es beim Fahrrad ein paar Minuten zuvor auch so gemacht hat.
Übrigens einer der Gründe weshalb viele Frauen Angst haben, wenn sie auf der Straße von fremden Männern angesprochen werden. Man kann nie wissen: Will er jetzt nur flirten oder bin ich gleich (fast) tot? Das ist eine reale Gefahr. https://t.co/EW52UnFS40
— Lea (@lea_chiara) January 4, 2019
Es stimmt schon, dass manche Frauen es genießen, wenn man sich um sie bemüht. Nämlich im Rahmen eines respektvollen und wertschätzenden Umgangs, nicht aber, indem die Grenzen überschritten werden. Oder greifst du zu Beginn des ersten Dates einfach mal so in den Schritt einer Frau?
Situationen, in denen Frauen in einer Beziehung nicht ganz eindeutig sind, haben null – also wirklich rein gar nichts – mit jenen auf einer Tanzfläche oder einem ersten Flirt zu tun und erst recht nichts mit der ersten sexuell intimen Situation. Da heißt Nein nämlich ganz einfach nur Nein. Das ändert sich auch nicht, wenn die Frau es vielleicht nur zwei Mal sagt oder auf verschiede Arten, wie zum Beispiel „das möchte ich nicht“ oder „kannst du bitte weggehen“ – da darfst du ein Nein hören, obwohl keines dezidiert gesagt wurde. Hierbei gibt es keine Doppeldeutigkeiten.
ACHTUNG NEULAND: Frauen sind selbstbestimmte Wesen. Sie haben Entscheidungsmacht und wissen in der Tat auch in den meisten Belangen, was sie wollen und was nicht.
Die Auswirkungen dieses Verhaltens
Zum Glück geht es nicht immer so weit, dass extreme Grenzen überschritten werden und es sogar zu Vergewaltigungen kommt – diesen Herren gehört sowieso mal gehörig eine Dildofaust in den Allerwertesten geschoben.
Doch auch schon die kleinen Grenzüberschreitungen bringen für Frauen und – ja auch – für Männer sehr unangenehme Folgen. Zum einen werden gewisse Clubs von Frauen gemieden, was dazu führt, dass man mit seinen Freundinnen dort nicht mehr hingehen kann und zum anderen führt ein hoher Anteil von Testosteron auch dazu, dass die paar Frauen, die sich noch dorthin trauen oder zufällig dort gelandet sind, schon bald genervt das Feld räumen. Dann haben wir die sogenannte Schwänzeparty – yay, i love it.
Sogar in Clubs, wo es früher üblich war, dass solche Männer einfach des Lokals verwiesen wurden, findet das scheinbar immer mehr Spielraum. Wo sind die Zeiten, als Türsteher noch auf die Frauen aufgepasst haben, anstatt grinsend in solchen Situationen daneben zu stehen? Schaut, dass eure Tür- und Tanzflächenpolitik wieder ein bisschen strenger wird, liebe ClubbesitzerInnen, und achtet nicht nur aufs Geld. Sonst habt ihr bald keine Frauen mehr im Club. Die Technoszene hat sich diesbezüglich leider sehr ins Negative gewandelt.
Ab einer gewissen Uhrzeit werden die Männer endgültig unausstehlich und verhauen damit auch mir jegliche Laune am Tanzen. Obwohl ich nicht direkt betroffen bin von den Anmachen, drängeln sich diese Typen permanent durch die Reihen der Tanzenden und stören damit jeglichen Flow – hab schon ein paar Mal ein Beinchen gestellt, damit die Herren der Schöpfung schneller flachgelegt werden, Zwinkersmiley.
Männer im Club Symbolbild pic.twitter.com/Rr5pftj4HF
— Arno Cao i.w.S. (@arnoxcao) November 16, 2019
Tanzfläche – Google definiert es wie folgt: „Die Tanzfläche (oder Tanzboden) ist jener Bereich in einer Lokalität oder im Freien, der zum Tanzen vorgesehen ist.“ Steht da was von baggern? Oder grabschen? Oder blöd in der Mitte rumstehen und gaffen?
Ein Tipp an die Männerwelt
Auch ich habe gerne Frauen um mich – ehrlich gesagt liebe ich es, ich lebe fast dafür. Und ja, hin und wieder – ehrlich gesagt sogar oft – flirte auch ich mit Frauen im Club. Doch da gibt es ein paar eklatante Unterschiede zwischen euch Pseudo-Frauenverstehern und richtigen Männern, die im Gegensatz zu den verzweifelten Jungs sogar verhältnismäßig häufig zu zweit nach Hause gehen. Denn – jetzt kommt etwas wirklich Bahnbrechendes und vollkommen Neues – Frauen stehen zumeist auf Männer und nicht auf hechelnde Hunde, die einfach nur versuchen, die Nächstbeste zu besteigen.
Für den ordinären Möchtegern-Aufreißer mag es oft nicht nachvollziehbar sein, warum manche Männer mit solch einem Erfolg bei Frauen gesegnet sind. Hin und wieder mag es so scheinen, als würden diese gesegneten Männer auch einfach zu Frauen hingehen, sie antanzen und abschleppen, aber da passiert meist recht viel davor. Manchmal baut sich ein Flirt langsam auf, geht sogar womöglich über den gesamten Abend – wodurch Mann übrigens auch unter Beweis stellt, dass er ihn nicht einfach bei irgendeiner Frau wegstecken möchte.
Coolness, Lockerheit, Charme, zum Teil eine Prise unbeabsichtigte Ignoranz und ab und an auch etwas Geduld – das sind so Dinge, mit denen Mann gut ankommt. Needy zu sein gehört auf jeden Fall nicht dazu, respekt- und distanzlos zu sein ebenso wenig. Selten mag die Strategie des vermeintlichen Frauenverstehers aufgehen, doch kann auch mal eine Frau gerade Needy sein oder es ist ihr in dem Moment auch einfach mal egal, wer da ankommt – ist aber meist nicht so.
Auf jeden Fall – lasst die Scheiße sein und hört hin, wenn eine Frau „Nein“ sagt. Ob im Club, im Bett oder sonst wo, ein „Nein“ ist immer als „Nein“ zu verstehen. In einer Beziehung mag es vielleicht zum Teil anders sein. Wenn ihr jemanden aber gerade erst kennenlernt, dürft ihr das stets so verstehen, wie es gesagt wurde.
Und sollten deine Flirtversuche grundlegend immer scheitern, findest du hier ein paar hilfreiche Tipps.
Titelbild Credits: Shutterstock
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