Netflix-Serien Tipp: Liebe und Anarchie – schwedische Dramedy, die Grenzen überschreitet

Zugegeben sind wir mit unserer Empfehlung vielleicht etwas spät dran, denn die erste Staffel der schwedischen Netflix-Serie Liebe und Anarchie ist schon seit zwei Jahren auf Netflix streambar. Doch rechtzeitig zur Veröffentlichung der zweiten Staffel Mitte Juni waren wir vom WARDA-Serien-Empfehlungsteam wieder zur Stelle und liefern verlässlich, wenn auch spät, unseren Serien-Senf.
Die Ausgangsstory von Liebe und Anarchie
Sofie Rydman (grandios: Ida Engvoll) ist eine leidenschaftliche Unternehmensberaterin. Aber auch Mutter von zwei Kindern. Und das in einer zutiefst toxischen Beziehung, in der ihr Ehemann sie permanent in die vorgegebenen Rollen und Normen verweist. Ein Partner, der so gut wie selten jemand zeigt, wie Narzissten Gaslighting betreiben.
Als Sofie einen kleinen Literaturbetrieb vor dem wirtschaftlichen Ruin retten soll, beginnt ihr strukturiertes Leben plötzlich Risse zu bekommen und aus dem Ruder zu laufen. Zugegeben, der junge IT-Typ Max Järvi – mit dem es ordentlich knistert, so viel sei verraten – ist daran nicht ganz unschuldig. Aber wir wollen nicht zu viel erzählen. Außer noch das eine: Beide – Sofie und Max – lassen sich auf ein Grenzen sprengendes Spielchen ein. Darin hat jeder teils absurde Herausforderungen zu bestehen, welche die gesellschaftlichen Normen immer wieder herausfordern und aufgrund ihrer Skurrilität für so einige Lacher sorgen.
WARDA empfiehlt auf Netflix: Liebe und Anarchie
Aber nun zu dem Grund, warum genau wir die schwedische Serie empfehlen. Im Vergleich zu vielen anderen Netflix-Serien ist Liebe und Anarchie vor allem endlich einmal eines: kurz und knackig! Und das im besten Sinne des Begriffs. Eine Folge hat um die 30 Minuten und man hat keine Sekunde lang das Gefühl, dass hier künstlich etwas in die Länge gezogen wird. Was leider viele Netflix-Produktionen nicht begriffen haben.
Die schwedische Vorzeige-Dramedy bezieht sich somit auf das Wesentliche. Darin komprimiert die Serie allerdings gekonnt kleine Seitenhiebe auf die kapitalistische Gesellschaft, ohne dabei zu sehr auszuschweifen. Wie es sich gehört, macht man sich auch über die Kritik noch lustig.
Sex, Sex, Sex und Humor – na gut, vielleicht nicht ganz so viel Sex
Vor allem, was die Sexualität betrifft, werden die Grenzen des Gewohnten immer wieder übertreten. Aber nie so, dass es wie eine bewusste Provokation erscheint. Eine Frau, die in ihrem Büro onaniert? Warum nicht? Wenn man die Umstände kennt (unbefriedigende Ehe mit einem extrem toxischen Nice Guy), macht das natürlich Sinn.
Auch der Humor oszilliert hier in allen möglichen Formen und Farben. Von vulgär bis subtil. Versteckte Seitenhiebe gibt es in alle möglichen Richtungen. Die intellektuelle Literaturszene, vermeintlich jenseits finanzieller Sorgen, wird genauso durch den Kakao gezogen, wie gewinnorientierte Investoren und Investorinnen, die mit der Hochkulturschiene neue Märkte (des sozialen Prestiges) erschließen wollen.
Von Influencern, die auf Literaten und Literatinnen machen, bis über Literaten und Literatinnen, die sich im geldfreien Himmel intellektueller Ergüsse wähnen. Liebe und Anarchie wirft lauter Fragen auf, indem es das Gewohnte immer wieder herausfordert, bietet keinerlei Antworten, aber zeigt, dass keine der Figuren auf dem richtigen Weg ist, solange sich nicht echt und authentisch zu leben vermag.
Liebe und Anarchie auf Netflix: wunderbar irr- und wahnwitzig
Und die Figuren selbst? Selten schafft es ein Cast, als Ganzes so sehr zu überzeugen, wie jener von Liebe und Anarchie. Angetrieben von einer grenzgenialen Ida Engvoll, die die Grenzen des beruflichen und privaten Irr- und Wahnsinns in jeder Szene gekonnt auszuloten vermag, steigen hier auch alle anderen zur Höchstform auf. Vor allem an der Regie und am Drehbuch (beides Lisa Langseth) erkennt man, dass jede der Figuren ausreichend Platz bekommt, um – was die Charakterdarstellung angeht – den Fußstapfen der Heldin zu folgen.
Liebe und Anarchie ist in diesem Sinne eine ganzheitlich zu empfehlende Netflix-Serie. Inmitten der skurrilen Wendungen wird die Liebe zu den Figuren nie verloren. Und am Grunde der ganzen Entblößung immer auch ein Gefühl für das allzu menschliche bewahrt.
Titelbild © Ulrika Malm / Netflix
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