Unsere Redakteurin stellt sich der Frage, ob die Maßnahmen der Regierung und deren Lockerung in gewissen Bereichen etwas im Widerspruch stehen. Eine weitere Woche Wahnsinn aus dem Quarantäne Tagebuch.
Alle Indizien deuten auf eine neue Kursrichtung hin, Kurs zurück zur Normalität – natürlich langsam versteht sich. Die ersten Läden haben bereits wieder geöffnet, wir sollen das Haus zwar noch immer ausschließlich zu unvermeidbaren Zwecken verlassen, aber Chanel, Gucci und co öffneten bereits wieder ihre Pforten. Also Leute, für den Fall der Fälle: einer von euch braucht dringend eine neue „it-bag“, absolut kein Problem.
Macht jedoch bitte dann kein Picknick im Park, sonst werdet ihr noch verhaftet wegen den Dinkelkeksen in eurer neuen Prada – Picknick streng verboten -, und darauf fällt Höchststrafe, angeblich!
360 Euro für einen Spaziergang, 500 Euro für eine Ubahn-Fahrt, 2800 Euro für die Fahrt zum Arbeitsplatz. Klingt absurd oder? Ist aber Realität und die Schlagzeilen nehmen kein Ende. Leider verschwimmen momentan die Grenzen zwischen dem was man darf und dem was nach außen hin kommuniziert wird. Nach der Krise wird es jedenfalls enormen juristischen Aufarbeitungsbedarf geben, soviel ist sicher.
Ich stelle fest, die letzten Wochen haben mich viel zum Nachdenken gebracht und ich bin ehrlich: Ich fühlte mich vor Corona manchmal nahezu erdrückt von allem was passiert, wir werden überladen von allen Seiten, haben all diese Möglichkeiten und Türen, die uns offen stehen. Oft wusste ich garnicht in welche Richtung ich mein Leben lebe – oder leben sollte. Die ganze Hektik des normalen Alltags, all der Stress, der sich über Jahre aufgebaut hat, ist die letzen Wochen wie ein Sack Ballast Tag für Tag mehr abgefallen.
Es fühlt sich gut an, ich kann nach draußen gehen und tief durchatmen ohne dass in meinem Kopf 1000 unsortierte Gedanken und Probleme herumschwirren. Es scheint mir, als hätte ich den Blick für das Wesentliche zumindest zu einem Teil wiedererlangt.
Meine Highlights der vergangenen Woche waren unter anderem ein Streit mit einer Billa Verkäuferin, weil ich meine Maske vergessen hatte. Ich band mir ein T-Shirt um Mund und Nase – fragt nicht wieso ich das dabei hatte. Aber das wollte sie partout unter keinen Umständen akzeptieren. „Wenn dann nur ein Schal!“ OK! Naja, bevor ich mit ihr weiter über Schnittmuster diskutiere, kaufte ich mir eben diese überteuerten Masken, die es nur im 3er Pack gab.
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Mein Vater war geschäftlich einen Tag in Wien und als er zurück nach Hause – nach Niederösterreich – fahren wollte, merkte er, dass sein Tank leer war. Alle Tankstellen hatten bereits geschlossen und sein Iphone zeigte nur mehr 2 % an. Mein Papi ist kein Drogendealer, dennoch beschränkt sich seine Liquidität meist auf das gute alte Bargeld und somit hatte er weder eine Kreditkarte, geschweige denn eine andere zahlungsfähige Karte dabei.
Einen Tobsuchtsanfall Anruf später stand er auf einer diesen self service Tankstellen und bezahlte einem jungen Pärchen 50 Euro um sein Auto zu tanken, und nach Hause kommen zu können. Von mir aus hätte er auch die Nacht im Auto verbringen können. Kleiner Scherz.
An einem anderen Tag besuchte ich meine Mutter – sie ist u.a Autorin. Sie zeigte mir ein neues Cover und fragte mich wie ich es denn fand, meine Antwort – „gefällt mir nicht so, ich hasse gelb“ – ließ sie kurz stutzen.
„Das ist Gold!“, erwiederte sie genervt.
„Ja und du bist ein bisschen Farben blind“, ich konnte es mir nicht verkneifen.
„Ich liebe deine Ehrlichkeit mein Kind.“ – (Danke Mama, von wem ich das wohl habe? )
Wir diskutierten über Gott und die Welt und als ich in einer Anmerkung erwähnte, dass Corona angeblich auf eine Fledermaus zurückzuführen war, die auf dem Teller irgendeines Asiaten landete, war sie sichtlich empört.
„Diese Chinesen, die müssen sich aber auch wirklich alles reinhauen.“
Allgemein sehen die Chinesen in vielem eine aphrodisierende Wirkung oder auch eine potenzielle Steigerung von Potenz und Libido. Nun ist sowas nicht mehr nötig, denn bei dieser ganzen Quarantäne ist jetzt beinahe jeder Single von einer massiv gesteigerten Libido betroffen – Dankeschön!
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Titelbild Credits: Shutterstock
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Es war einer dieser Sonntag- Nachmittage, an denen meine Gedanken eigentlich nur um die Frage kreisen sollten, wo ich am unkompliziertesten und billigsten mein Katerfrühstück herbekomme. Meine sozialen Verpflichtungen und ein Theaterstück zerstörten aber die Idylle des kleingeistigen Daseins und veranlassten mich dazu, mich mit unangenehmeren Themen wie der Beschneidung meiner Männlichkeit auseinanderzusetzen.