She-Hulk – Disney+ Serie als behäbiger Versuch, das Marvel-Universum frauenfreundlicher zu machen
Das Marvel-Universum hat wieder Zuwachs bekommen. Die Cousine vom Hulk betritt mit ihrer eigenen Serie She-Hulk die Bühne. Was durchaus als ein Format mit interessanten Ansätzen erscheint, entpuppt sich leider recht schnell als more of the same shit – nur eben in Grün.
Das Marvel Universum – Willkommen auf der ultimativen Dickparty!
Seien wir uns doch einmal ehrlich: Das Marvel-Universum mit seiner, wohl leider wortwörtlich zu nehmenden „Infinity Saga“ und seinen endlosen „Phasen“ ist eine waschechte Dickparty. Als sogenannte Dickparty gilt im Allgemeinen eine jede gesellschaftliche Veranstaltung mit einer überhohen und fast schon unangenehmen Anzahl männlicher Teilnehmer im Verhältnis zu den weiblichen Zahlen.
Und genau das ist das Marvel Universum: Eine Dickparty. Iron Man, Thor, Hulk, Captain America, Spider-Man, Ant-Man, Doctor Strange, Black Panther usw. Alles Kerle, die die Welt retten und jedes männliche Klischee ausleben dürfen bzw. müssen. Klar, Frauen kommen in all den Filmen natürlich ebenfalls vor. Doch bleiben diese bedauerlicherweise immer nur zierliches Beiwerk eines allzu männlichen Narrativs, das gut aussieht und sonst nichts. Die Avengers und Co: Das ist klassische Hypermaskulinität in Reinkultur, ganz im Sinne reaktionärer Actionfilme der 1980er und 1990er Jahre. Natürlich mit den Special Effects von heute.
Die Dickparty der Endlosigkeit
Schier endlos scheint dieses Marvel Universum, dass uns seit 2008 (beginnend mit Iron Man) mehrmals jährlich mit zweifelhaften cineastischen Ergüssen beehrt und uns seit 2014 (beginnend mit der Serie Agents of S.H.I.E.L.D.) auch eine ganze Palette an Serien vor die Birne knallt. Und es hört einfach nicht auf! Klar gab es diese Marvel-Filme und -Serien früher auch. Aber nicht in diesen megalomanischen Ausmaßen. Und auch nicht in dieser inhaltlich wertlosen Qualität. Das Ganze ist mittlerweile schon so unerträglich. Immer wieder dasselbe. Nietzsche würde da wohl von „der ewigen Wiederkehr desselben“ sprechen.
Das verblüffendste an dieser gefühlten Endlosigkeit ist aber, dass es funktioniert. Kaum zu glauben, dass sich die Menschheit an dem Marvel-Wahnsinn noch nicht sattgesehen hat. Es kommt einfach immer mehr. Das Verlangen nach diesen Superheldengeschichten scheint unstillbar. Was das für die Gesellschaft aussagt, ist noch zu klären – aber das machen wir nicht an dieser Stelle.
She-Hulk – Hulk als Frau oder so
Denn hier geht es um etwas anders. Und nicht einmal um das ganze Marvel-Universum, sondern nur um die neueste Auskopplung davon: Die neue Serie She-Hulk auf Disney+. Denn ja, Hulk (aka Bruce Benner) hat eine Cousine, die sich nach einem Unfall mit seinem Blut (kontaminiert) und so ebenfalls zum Hulk mutiert. Doch was viele erwarten – auch der liebe Bruce Benner – trifft jedoch in den ersten beiden Folgen nicht ein. Denn die Cousine Jennifer Walters hat keinen Bock auf Superheldin Sein und der liebe Hulk möge auch bitte nicht seine männlichen Klischee-Issues auf sie projizieren. Nein Danke! Und auf Wiedersehen.
Jetzt könnte man annehmen, dass diese Superheldengeschichte (die keine sein will) anders beginnen wird. Und das tut sie auch. Denn wir haben hier eine Frau, deren Hulk-Fähigkeiten sie eben nicht in ein irrational tobendendes Monster verwandeln, sondern sie ist (im Gegensatz zu ihrem männlichen Verwandten) nämlich dazu in der Lage, ihre Gefühle zu handhaben.
Ein durchaus amüsanter Seitenhieb auf das männliche Erzähl-Modell, wohlgemerkt. Doch leider auch ein kleines erzähltechnisches Problem. Denn, wenn du deine neuen Fähigkeiten einfach so und ganz easy handhaben kannst, dann bleibt ein wichtiger Teil der Superheldenstory einfach nicht erzählt, kann nicht erzählt werden. Und das ist das Wachsen des Helden (der Heldin) an den eigenen Fähigkeiten.
She-Hulk – Interessante Ansätze, die stecken bleiben
Wir erinnern uns. Superman, Spider-Man und wie sie alle heißen, zeichnet unter anderem auch aus, dass sie erst lernen, mit ihren neuen Fähigkeiten umzugehen. Das ist beim She-Hulk nicht der Fall, denn diese kann schon alles, einfach so. Und da das Ganze so easy ist und sie ohnehin keinen Bock darauf hat, heißt es für sie: zurück zu ihrem alten Job als Anwältin, zurück zur Karriere. Denn die männliche Story vom einsamen Helden abseits des Lebens will sie sich nicht aufzwingen lassen. Das ist einmal ein interessanter Ansatz, wird aber nicht wirklich weiterentwickelt.
Denn natürlich kommt es wie es kommen muss und die Frau muss ihre Superkräfte dann doch spielen lassen. Wird gefeuert, findet keinen Job, dann auf einmal doch und muss plötzlich als Spezialistin für Superheldenrechte auch noch den berüchtigten Emil Blonsky / Abomination (Tim Roth) vor Gericht vertreten, der – wir erinnern uns –, den Hulk (also ihren Cousin) in der Vergangenheit vernichten wollte. Der Bösewicht hat aber eine argumentativ recht interessante Herangehensweise, das alles zu relativieren bzw. zu rechtfertigen. Das blöde dabei ist nur, dass auch dieser spannende Ansatz nicht weiterentwickelt wird.
She-Hulk vs. Life: Exhibit 🅱️ pic.twitter.com/Z1GlaWvQps
— She-Hulk (@SheHulkOfficial) August 28, 2022
She-Hulk – Supergirly-Serie, die weit hinter den Erwartungen zurückbleibt
She-Hulk: Eine Serie ala Ally McBeal und eine Mischung aus Natürlich Blond und Seinfeld soll es den Creators zufolge sein. Das sind ganz noble Ansprüche. Man will als eine Art Sitcom im Marvel Universum mit existieren. Das Problem auch hier: ein netter Ansatz, der aber auch wieder stecken bleibt, denn an keines der erwähnten Inspirationen reicht die Serie She-Hulk nämlich heran.
Bis jetzt hat Disney+ erst 2 Folgen ausgestrahlt, im Wochenrhythmus folgen die Nächsten. Was man bis jetzt über She-Hulk sagen kann, ist leider recht ernüchternd: Die Lichtblicke, die die Serie hat, werden leider schnell wieder zugemüllt mit altbekanntem, dem Familydinner, das zur Qual wird. Das tiefe Gespräch mit dem Vater, wo man einen Monolog über Verantwortung usw. erwartet, wird zum lächerlichen Geschwafel (nicht witzig, einfach nur lächerlich!).
© 2022 MARVEL
Zurück zum spannenden Argument bezüglich Abomination – warum er die Freiheit eigentlich verdient. Gerade als es da juristisch wirklich spannend werden könnte, erfährt man plötzlich, dass der Bösewicht nun doch aus dem Knast ausgebrochen ist. Oder auch die Entscheidung der Figur, eben nicht als Superheldin leben zu wollen. Anstatt sie wirklich einmal so leben zu lassen, wird sofort ein (aus dem Nichts entstandener) Zwischenfall inszeniert, der sie dann doch zwingt zur Superheldin zu werden. Die Serie ist furchtbar, weil sie die guten Ideen, die sie selbst hat, sofort wieder zerstört und schnell zu etwas Gewöhnlichem wird. Immer und immer wieder.
Das Marvel-Universum – wie die Burger vom McDonalds
Man geht zu McDonalds und bestellt sich einen Burger. Das Angebot ist zahlreich und variiert ständig – so die Werbung. Doch wenn man ehrlich ist, schmeckt der Double-Cheeseburger eben nicht viel anders als der klassische Cheeseburger. Und auch wenn die Werbung ganz toll ist, verhält es sich mit den anderen Produkten ähnlich. Es ist nie etwas wirklich neu, obwohl es immer als neu angekündigt wird. Alles ist im Grunde immer nur more oft he same shit.
Und dasselbe gilt auch für She-Hulk. In einer Welt, in der es schon so viele Burger, Filme und Serien zu einem bestimmten Thema gibt, braucht man da wirklich auch noch She-Hulk, um den Leuten vorzugaukeln, dass es da endlich um eine Frau geht, die anders ist. Nur um dann zu erfahren, dass diese überhaupt nicht anders ist, sondern einfach nur wieder more of the same shit. Nur eben in Grün.
Wer sich wirklich gut unterhalten will, der ist mit diesen Filmen besser bedient: 10 Netflix and Chill Filme für eine Punktlandung beim Date.
Titelbild © 2022 MARVEL.
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