Vor ein paar Wochen hat vini baby seine Heimspiel EP herausgebracht. Fünf Tracks, mit Story, Sound und ner Menge Hintergrund. Dazu erfährst du hier einiges im Text. Tipp der Auotrin: hör dir doch während du das hier liest die EP ganz einfach an. Dann gewinnst du versprochenerweise ganz neue Endrücke zu vini baby und seinem Stil.
vini baby: der beste Rapper der Welt im Gespräch
Aufwärmrunde: Hund oder Katze?
Hund.
Lieblingstrack at the moment? Muss nicht Genre Specific sein.
„Als wär ich etwas wert“ von beslik.
Traumfeature?
Makko.
Wenn du eine Zimmerpflanze wärst, was wäre ihre beste Eigenschaft?
Muss nicht so oft gegossen werden.
Praktisch. Du hattest gerade Release-Show von deiner EP Heimspiel im B72 Wien. Support waren Kevin Cool und Diemarcha. Wie war das für dich?
Super nice. Also 10 von 10, es war geil, eine nice Stimmung. Die Leute waren cool, die Acts waren cool. Mein Auftritt hat mir Spaß gemacht, wirklich super nice.
Was ist seitdem so passiert?
Ist ja noch nicht lang her (lacht!) aber ja, jetzt haben mich auf jeden Fall noch paar mehr Leute in Wien am Schirm.
Also kurz chillen und ne Pause machen?
Jaja, ich hab die Woche danach gechillt und auch gefeiert.
Was macht für dich einen gelungenen Auftritt aus?
Vor allem, dass ich ein gutes Gefühl dabei hab’ und dass ich auch mit dem Publikum interagiert und mit denen zusammen quasi diesen Auftritt gemacht habe und nicht nur ich alleine.
Wie kamst du eigentlich so zu deinen ersten Texten? Ich hab gehört, du kommst eigentlich aus dem Freestyle Rap, stimmt das?
Ne eigentlich nicht, eigentlich durch das Texte schreiben.
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vini baby: Musik wie ein Tagebucheintrag
Ahh, also eher lyrisch ausgeklügelt?
Ja, also auch ohne Beat am Anfang. Ich hatte gar keine Beats, ich wusste nicht wo ich die herbekomm’. Ich glaube, mein erster Text, an den ich mich erinnern kann, hieß „Herr Lehrer“. Das war so ein Diss an die Lehrer und das hab ich eigentlich eher geschrieben, um meine Freunde zu unterhalten.
Ok, just for fun also. Und deine Homies fanden das geil und irgendwer hat gesagt, ey nimm das doch auf?
Nein, niemand hat mir was gesagt, irgendwann wollt’ ich das aufnehmen und dann hab ich mir so ein Mikrofon bei Saturn geholt und hab’ dann auch Beats gefunden. Ich hatte so ne CD, wo die drauf waren.
Eine CD?
Damals gab’s noch kein Youtube oder Beats im Internet. Zumindest hatte ich keinen Zugriff darauf. Irgendwann hat mir dann jemand eine CD mit Beats geschenkt. Die haben zwar gar nicht gebockt, aber trotzdem hatte ich Beats.
Wie kam es dann zur Performance deines ersten Tracks? Wusstest du, als du das aufgenommen hast, dass du das auch performen möchtest?
Ich glaub das erste Mal, dass ich mit etwas aufgetreten bin, war in einer Schule auf so einem Sommerfest. Da war ich 14 oder 15.
Wow, schon so früh Performance-Erfahrung gesammelt! Ein paar Fragen zu deinen Lyrics. In dem Track Zauberwald rappst du: „nie wieder Keta mit Koka verwechselt”. Auch in Lime rappst du über Soberness. Ich will wissen, wie du zu deinem bisherigen lyrischen Fokus gekommen bist? Schreibt sich das einfach gut?
Ich denke, sehr viel passiert da im Unterbewussten. Die Tracks, die ich sehr mag, da schreiben sich die Texte bisschen wie von selbst, als wäre man nur so ausführende Kraft von etwas, was im Kopf da gerade passiert.
Musik wie ein Tagebucheintrag?
Ja.
Ein Gefühl kommt hoch, du setzt dich hin und beginnst zu schreiben?
Ja, also nicht immer. Aber wenn so die magic passiert (lacht!), dann ist das so. Aber manchmal brauch ich auch voll lange für Texte und denk auch sehr lange über ne Line nach.
Gibt es auch viel Trash- Texte, die du nicht veröffentlichen würdest?
Viele, sehr viele.
Entsteht daraus dann manchmal auch doch noch ein Track, auf den du dann stolz bist?
Genau. Also ich glaub die Kunst ist, selber immer wieder zu lernen, den inneren Kritiker auszustellen und einfach so laufen zu lassen. Am Ende kann man ja immer noch entscheiden, ob man das jetzt aufnehmen oder rausbringen will oder nicht.
womit die leeren Abende füllen?
Kommen wir zu deinem Track Kiffer (2022), da rappst du „Womit die leeren Abende nur füllen, verschwitzt aufwachen oder gar nicht schlafen können (…)”. Ich glaube, da können einige Potheads relaten. Womit füllst du jetzt deine Abende?
Ich hab’ nie wirklich ganz aufgehört, aber ich mache mehr Pausen jetzt. Eine Sache, die ich jetzt gottseidank wieder mache, ist Sport, in meinem Fall Thaiboxen. Danach ist man eigentlich schon sehr entspannt und ausgelastet.
Chasing the natural being high and being tired. Lifestyle und Sucht hängen ja in der Szene teilweise schon sehr eng zusammen. Macht einem das zu schaffen, wenn man gerade versucht, die Abende mit anderen Inhalten zu füllen? Konsumiert man dann doch auch mal häufiger wegen des Umfeldes? Privat und Arbeit ist da, nehm ich an, nicht ganz abgetrennt.
Ja, das ist schon so. Aber in meinem Fall passiert das nicht so häufig, weil ich meistens alleine Musik mache. Oder mit Leuten, die gar nicht smoken und viel trinken oder sowas. Also mein Umfeld ist jetzt eigentlich relativ boring mit sowas. Aber natürlich gibt es da manchmal solche Sessions, das ist aber auch fein , weil es nicht so oft ist.
15.Februar, da kam dann S-Bahn. Da rappst du „Dieses Haschisch war viel zu lecker und die Insecurities kicken”. Eine Frage für die nicht neurodiverse Community ohne Erfahrung auf diesem Gebiet: Wo kicken denn die Unsicherheiten bei dir?
Na wenn ich high in der S-Bahn bin zum Beispiel. (lacht!)
Klar! Geht es dann um dein Aussehen? Um die Wahl deines Lebensweges? Anxiety hat ja nicht jede*r. Ich versteh dich gut, aber kannst du darauf nochmal eingehen?
Also, mit anderen anxieties habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht, die ich nicht in dem Track verarbeitet habe.
Also du meinst einfach, dass du dich in der S-Bahn beobachtet fühlst?
Genau, Ich denke das kennen viele und dafür muss man auch nicht high sein, so gerade wenn man jetzt in Berlin in einer großen Stadt unterwegs ist. Es ist manchmal echt unangenehm in so ner S-Bahn.
Over-Ears mit Sound Cancelling und dann bildet man sich erst recht ein, dass jemand über einen redet. Hast du einen Schutzmechanismus?
Playboi Carti, Soundcloud unreleased. Das ist für mich Therapie.
Musik oder Podcast, rettet mich auch oft. Wie gehst du mit Selbstzweifeln um?
Hab ich ständig und ich weiß nicht genau, wie ich damit umgehe, das geht halt irgendwann wieder weg. Ich denke, viele kennen das auch, von „ich bin der Größte“, zu „ich bin der Schlechteste“ so hin und her zu switchen. Ich kenn mich deswegen auch und ich weiß, dass das wieder vorbei geht. Und ich muss ja nicht weitermachen, ich kann ja sagen: „Ja, ich lass es jetzt.“ Aber dann hab ich halt wieder Bock und mach wieder weiter. Das kommt dann automatisch.
Ist das kurz vor dem Release ein Thema?
Vorm Release oder auch nach dem Release, wenn das jetzt nicht so viel Aufmerksamkeit und Klicks bekommen hat. Ich weiß, darum sollte es nicht gehen, aber irgendwie geht’s schon auch darum, so zumindest zum Teil. Wenns meine Erwartungen nicht erfüllt hat, da kann es sein, oder auch beim Musik machen, wenn ich irgendwie 2-3 Tracks gemacht hab hintereinander, die ich alle nicht feier denk ich so: „Ok? mach ich jetzt keine gute Musik mehr?” Dann mach ich wieder einen Track den ich feier und dann ist alles wieder gut.
Gibt es da etwas Bestimmtes, das du machst? Einen Ort an den du gehst oder eine Person, die du triffst, um dich da rauszuholen?
Kein bestimmter Ort. Keine bestimmte Person. Aber es gibt schon oft die Situation, dass mich da ein Freund so ein bisschen wach klatscht und mir sagt: „Ey chill mal, ist doch voll geil!
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Papa? auf ein Wort!
Sorry Papa, so ein toller Track. Es geht um den Verlust deiner Mutter. Kein Ding, wenn du darüber nicht sprechen möchtest. Aber inwieweit hilft dir das Texten dabei, emotionale Themen zu verarbeiten?
Ich will das bis heute in einem Song verarbeiten und bis jetzt ist mir das nie gelungen, den adäquat, angemessen zu machen. In dem Track geht es ja nur nebenbei, eher so meta mäßig um meine Mutter. Eigentlich geht es ja um meinen Vater. Lyrisch abgeschlossen habe ich das Thema damit auf jeden Fall nicht. Aber ich weiß nicht, ob da jemals irgendwas kommen wird.
Genau, ich wollte nämlich wissen, ob es ein Gegenstück zu „Sorry Papa“ geben wird.
Würd’ ich mir selbst auch wünschen, aber mal gucken.
Kommt dein Dad zu deinen Shows?
Der ist bis jetzt einmal da gewesen. Das war letztes Jahr in Hamburg und ja, er fand das ganz cool. Bei mir ging das auch früh los, mit so 6, 7, 9 mit meinem Hip Hop-Shit und ein paar Jahre später mit selber aufnehmen und so. Hab in meinem Kinderzimmer aufgenommen, das kannte er schon.
Gibt er dir auch Feedback?
Nicht so richtig. Ich glaube, der freut sich wenn er sieht, dass andere Leute das auch hören. Die Musik selbst findet er ganz cool, aber ist jetzt halt nicht so seins so.
Zuvielzeitallein vereint für mich vieles, was gerade in der Gesellschaft so abgeht. Also eigentlich eine deepcore message die aussagt, dass du zu viel Zeit alleine verbracht hast. ABER eigentlich genießt du auch diese Melancholie, das signalisiert der positive Vibe, den der Beat versprüht. Dieses zwischen der Haustüre, dem Späti und dem Tonstudio sein, wo sammelst du deine Inspos für Tracks?
Ja genau, da auf diesem Wege (lacht!) auf dem Limeroller den ich dann fahre. Ja, also halt mein Alltag.
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Fick die AFD, klares politisches Statement, da braucht man keine Frage. Blank Space. Gefolgt von einem Video wo du sagst: Ich habe Angst vor der AFD. Welche Erlebnisse haben diesen Track geprägt?
Also mich belastet sowas auf jeden Fall, wenn ich gewisse Kommentare lese oder Umfrageergebnisse sehe. Diese ganzen Sachen belasten und nehmen mich emotional schon mit und dann gab es halt auch so Leute in meinem Umfeld, jetzt nicht Freunde oder so, aber schon Leute, die ich kenne, die schon auch damit sympathisieren. Weniger jetzt mit Ausländerhass, sondern mit anderen Werten der AFD. Aber für mich ist das egal, was man jetzt daran feiert. Und dann war ich so: „Ok, ich muss jetzt einen Track machen.“ Das ist das Einzige, das ich da jetzt machen kann.
Also geht es dir auch um ein gewisses Schooling deiner Community?
Ja, ich weiß nicht wieviel das jetzt bringt, aber es bringt zumindest, dass Leute wissen, wo ich stehe. Und es gab halt andere Tracks von mir, wo Leute das missverstanden haben und dachten, ich mach mich jetzt zum Beispiel über Frauen lustig oder so. Oder irgendwie auch andere Tracks, wo ich so frech bin, weil ich mach mich so über alles lustig und dann haben so Leute kommentiert, wo ich in deren Profil gesehen habe, das sind nicht die Leute, von denen ich will, dass die mich hören. Ich glaube durch so einen Track kann man sich schon zumindest ganz gut einordnen.
vini baby: zwischen Hau drauf und Softness
Ok, verstehe. Also die Mischung zwischen Hau drauf mit ner Mische Softness. Bei dir habe ich klar die Richtung herausgehört, in die du dich bewegst. Das war auch bei der Recherche zu dir sehr angenehm. Da gab es ja auch von Casper so einen Track „Der Druck steigt”, der wurde bei Nazi Demos gespielt.
KIZ wurde auch viel von Rechten gehört und gefeiert. Ironie und Sarkasmus können manche einfach nicht unterscheiden und sehen nicht das große Ganze.
Interessant, was sich alles instrumentalisieren lässt. Bis auf Kinky Freestyle, wo du mit Lines punktest wie: „du ziehst dich kinky an zum feiern, doch bist eigentlich homophob”. Hast du alles selbst produziert? Wann hast du mit dem Produzieren angefangen?
Ich hab angefangen Beats zu machen schon vor so bestimmt 8 Jahren oder sowas, aber ich hab das nie richtig verfolgt und fand mich auch nie gut genug. Ich hab das so nebenbei ab und zu gemacht. Irgendwann hab ich den Dreh dann rausbekommen und dachte so: „Ok, die EP machst du jetzt mehr oder weniger selber“. Würd’ das glaube ich aber nicht nochmal machen, weil es ist dann doch sehr viel Arbeit.
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vini baby: Verantwortung abgeben
Heißt, lieber auslagern? Denkst du da an wen bestimmten, mit dem du gerne arbeiten würdest?
Ist verschieden. Kommt immer auf den Stil auch an und wo ich gerade bin, in welcher Stadt. Aber ich hab’ schon bemerkt, es ist gut, wenn man das manchmal abgeben kann und die Entscheidung auch mal andere treffen lässt, oder zusammen halt eine Entscheidung trifft. Wenn ich alles alleine entscheiden muss, dann zieht sich das immer so lange hin und hat nicht so diesen nicen, schnellen Workflow, der auch manchmal ganz erfrischend sein kann so.
In einem Interview erzählt Siska hört man dahingehend etwas ähnliches, lest mal rein! Letzte Worte?
Hört die Heimspiel EP. (lacht!)
Ausrufezeichen!!
Dieses Interview mit vini baby wird im Podcast „Liebe“ ab Donnerstag den 13. Juni 2024 zu hören sein.
Titelbild © vini baby
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