Zum Vergleich: In den 1970er Jahren kostete die Karte für ein Rolling Stones-Konzert um die zwei Pfund, knapp 2 Euro, 50 Cents. 50 Jahre später kostet ein Ticket für dieselbe Band zwischen 250 und 600 Euro. Klar, damals war so ziemlich alles billiger. Dennoch stimmt das Verhältnis nicht so ganz. Warum ist das so? Wieso sind die Konzerttickets so verdammt teuer geworden?
Livemusik: der große Aufbruch
Nach zwei Jahren Pandemie und einer nie dagewesenen Flaute in der Konzertlandschaft wird die Livekonzert-Branche plötzlich von einem wahren Geldregen heimgesucht — wie das eben immer so ist, gilt das natürlich leider nur für die Big Player im Game.
Der CEO von Live Nation, der größten Eventfirma der Welt, Micheal Repino kommt über seinen Geschäftsbericht gar nicht mehr aus dem Prahlen raus: im Vergleich zu 2019 gab es 2023 einen Gewinnzuwachs bezüglich der Konzerttickets von über 60 Prozent!
Dieser Cashflow betrifft, wie schon gesagt, dabei lediglich die Big Player im Musik-Business wie Taylor Swift, Coldplay und so weiter. Denn auf der anderen Seite fallen reihenweise Konzerte kleinerer Artists aus. Wegen steigernder Kosten und vor allem: fehlender Ticketverkäufe. Zwei Seiten derselben Medaille.
Teure Ticketpreise für Konzerte: Marktmacht, Monopole und Geld
Des Kleinen Leid, des Großen Freud, möchte man sagen. Während kleine Bands und Künstler*innen ihre Auftritte absagen müssen, weil es sich einfach nicht mehr rentiert und sogar Verluste im Raum stehen, treten die Mega-Stars immer öfter vor immer mehr Menschen auf und verdienen immer mehr Geld dabei.
Tickets für Konzerte von Taylor Swift, Coldplay, Harry Styles, Bruce Springsteen, Adele und Co erreichen nämlich oftmals Spitzenpreise von 5.000 Dollar pro Ticket, wie ARTE Tracks herausgefunden hat. Absurd! Doch wie kommt es zu diesen geradezu obszönen Ticketpreisen?
Das Zauberwort: Nachfrageorientierte Preisgestaltung
Dynamische Preisgestaltung – dynamic pricing ist ein Algorithmus, der folgende Rechnung anstellt: Desto mehr Menschen auf ein Konzert wollen, umso teurer werden die Tickets. Je mehr Fans, umso teurer. Klar, mehr Menschen, die man melken kann.
Erfunden hat diesen Algorithmus des dynamic pricing models niemand geringerer als Eventgigant Live Nation und dessen Ticketportal Ticketmaster. Durch die Echtzeitanalyse der Nachfrage wird ein Maximalpreis ermittelt. Denn laut Live Nation-CEO Micheal Repino wurden Tickets lange Zeit weit unter dem verkauft, was Fans bereit wären zu zahlen.
Nachfragenanalysen und dynamische Preisanpassungen wie bei Flügen und Hotels sind mittlerweile auch Modelle der Event-Industrie, die ständig optimiert werden. Dabei gilt es, alles Mögliche zu optimieren – im Sinne der Monetarisierung natürlich.
Teure Ticketpreise für Konzerte: Die Platzhirsche
Wie der Veranstalter und Autor Berchtold Seliger ARTE gegenüber erklärt, hat sich das Veranstaltungs-Business mittlerweile in ein „Event-Imperien-Geschäft“ verwandelt. Weltweit gibt es nämlich nur drei Großkonzerne, die das Live-Geschäft dominieren. Diese wären: Live Nation (mit der weltgrößten Ticketfirma, Ticketmaster). In Deutschland wiederum „regiert“ die CTS Eventim AG geradezu monopolistisch.
Dann gibt es noch die AEG (Anschutz Entertainment Group Deutschland) mit einem etwas anderem Geschäftsmodell. Die AEG sind nämlich mehr im Immobiliengeschäft tätig und stellen Hallen für diese Events und Konzerte zur Verfügung. Die Group ist dabei aber auch eine erfolgreiche Tournee-Agentur, die zum Beispiel die Rolling Stones-Tour in Europa veranstaltet hat.
Im Grunde sind es diese drei Firmen, welche die Live-Branche maßgeblich formen. Vom Veranstalter, über Ticketing, bis hin zur Venue. Diese Unternehmen sind in der Regel Aktiengesellschaften, wo es um Shareholder-Value geht und nicht wirklich um Cultural-Value, wie Berchtold Seliger ARTE gegenüber verdeutlicht.
Teure Ticketpreise für Konzerte: Das Problem
Aber Veranstaltende gab es doch schon immer, werden viele einwerfen. Was ist jetzt genau das Problem? Neu und besorgniserregend in der Eventbranche ist, laut Seliger, dass es heutzutage nicht nur „horizontale, sondern auch vertikale Monopolbildungen gibt“. Denn mittlerweile verhält es sich nämlich so, dass die beiden Weltmarktführer Live Nation und die CTS Eventim AG auch die größten Ticketing-Händler sind.
Eventim generiert zum Beispiel 60 Prozent Profit beim Ticketing und 10 Prozent bei den Konzert-Veranstaltungen. Eine vertikale Expansion, von der Live Nation-CEO Micheal Repino schon 2019 gesprochen hat.
Brillante Geschäftsmodelle
Profit mit der Sehnsucht nach dem Live-Moment! Das machten bis jetzt nur Schwarzmarkthändler und dubiose Wiederverkaufsplattformen – die Urväter des dynamic pricing. Diese kauften Tickets für den normalen Preis und warteten dann ab, um diese viel teurer weiterzuverkaufen. Für Live Nation bzw. Micheal Repino natürlich alles verpasse Umsätze, sobald er einmal gesehen hat, wie viel Fans wirklich bereit sind, für ein Ticket zu bezahlen.
Was natürlich viel, viel mehr ist, als der bis dahin normale Ticketpreis, den die Veranstaltenden verrechnet haben. Der sogenannte Zweitmarkt (Weiterverkauf von Tickets) hat laut ARTE einen Jahresumsatz von 10 Milliarden Dollar, wie auch Repino erklärt. Also ein riesiger Pott an Kohle, den es anzuzapfen gilt. Ergo sind die Veranstaltenden selbst zu den halsabschneidenden Weiterverkäufer*innen geworden, die Fans immer schon gehasst haben.
Teure Ticketpreise für Konzerte: ein moralisches Problem
Die bösen und gierigen Veranstaltenden sind jedoch nicht der einzige Player in diesem Game. Wichtiger Faktor bei dieser Preisgestaltung der Tickets, der nicht beleuchtet wird, sind vor allem die Bands und Künster*innen selbst. Denn diese stimmen den Bedingungen der Veranstaltenden zu oder eben nicht.
Noch einmal zum Mitschreiben: Mega-Stars stimmen vertraglich diesen Preis-Bedingungen zu. Was sie aber nicht tun müssten. Das letzte Wort haben nämlich immer die Bands und Künstler*innen selbst – zumindest die richtig großen. Fakt bleibt dabei, dass die Musiker*innen selbst sagen könnten, sie wollen nur einen Ticketpreis von X, wie Veranstalter Seliger erklärt. Und dieser spricht aus Erfahrung, hat er doch auch die Konzerte von Stars wie Patti Smith veranstaltet. Diese war, by the way mit den 45 Euro Ticketpreis für ihre Konzerte mehr als zufrieden.
Musiker*innen können selbst bestimmen, wie hoch ihre Ticketpreise sind. Doch das machen natürlich nicht viele von ihnen. Weil die meisten dann eben doch auch Geld verdienen wollen, sehr viel Geld. Und wenn Stars wie zum Beispiel The Cure dem skrupellosen Treiben der Veranstalter entgegenzuwirken versuchen, erhebt der Veranstalter (in diesem Fall Ticketmaster) einfach dermaßen hohe Gebühren, die teilweise über dem eigentlichen Ticketpreis liegen. Dennoch konnte The Cure für seine Fans auch kleinere Erfolge erzielen.
Tatsache bleibt jedoch, dass, solange sich Taylor Swift, Coldplay, Bruce Springsteen und Co nicht selbst für erschwinglichere Ticketpreise einsetzen, die Stars live zu erleben, wohl weiterhin ein sehr teures Vergnügen bleiben wird.
Konzerte sind teuer, aber leider geil? In unserem Eventkalender findest du die besten Veranstaltungen und Partys in Wien.
Titelbild © Shutterstock
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