Happy Valentinstag! Während heute überall Herzchen fliegen und Schoko-Liebesbotschaften verteilt werden, haben wir uns gefragt: Was macht eine Beziehung eigentlich wirklich stark – und woran erkennt man, wenn’s bröckelt? Dafür haben wir mit der Paartherapeutin Marlene Stöhr gesprochen und ihr die Fragen gestellt, die man sonst nur heimlich googelt: Was ist der häufigste Trennungsgrund? Gibt es Warnsignale, dass das Ende naht? Und gibt es wirklich eine Geheimformel, um eine Beziehung zu retten? Hier kommen spannende Insights und überraschende Antworten!
WARDA.at: Was ist der häufigste Trennungsgrund bei Paaren, den du siehst?
Marlene: Der häufigste Trennungsgrund bei Paaren heutzutage ist sicher die fehlende Zuwendung und Auseinandersetzung miteinander. Das beinhaltet natürlich auch die oft missverständliche Kommunikation zwischen den Paaren. Oft spielt auch der Zeitfaktor eine große Rolle. Die meisten Menschen sind so mit ihren eigenen Probleme im Alltag beschäftigt, dass die Beziehung meistens so nebenbei läuft und man merkt dann oft erst zu spät, dass man einander mehr Aufmerksamkeit schenken hätte sollen. Dann ist es für viele, zumindest gedanklich leichter, einen Schlussstrich zu ziehen, anstatt an der Distanz und den Konflikten zu arbeiten.
WARDA.at: Gibt es Warnsignale, an denen man erkennt, dass sich eine Beziehung dem Ende neigt?
Marlene: Ich würde, es metaphorisch mit einem Graben zwischen zwei Menschen vergleichen. Je größer der Graben, desto schwieriger ist es wieder zueinander zu finden. Dieser Graben ist allerdings nicht einfach ganz plötzlich da. Durch Streitereien und Verletzungen, die nicht besprochen bzw. geheilt werden entsteht er. Als Warnsignal kann sicherlich auch die Hinwendung zu anderen Menschen, ob online oder real angesehen werden. Wenn man zum Beispiel kaum mehr mit dem Partner/der Partnerin über die Probleme oder das Leben spricht und es vorzieht sich Aufmerksamkeit und Nähe von woanders zu holen. Der bekannte Autor und Professor für Psychologie John Gottman sieht als Warnsignale einer Beziehung, wenn seine sogenannten vier apokalyptischen Reiter dauerhaft Einzug genommen haben. Diese wären: Kritik – Verachtung – Rechtfertigung – Mauern.
WARDA.at: Gibt es eine Geheimformel um dann noch eine Beziehung zu retten?
Marlene: Gute Frage. John Lennon würde da vermutlich mit „all you need is love“ antworten. So einfach ist es dann in Wirklichkeit vermutlich nicht. Die einzige Formel, die ich als sinnvoll erachte, ist einfach stetig an der Beziehung zu arbeiten. Wenn man schon von Trennung spricht, dann gab es bereits viele Anzeichen im Vorfeld, wo man reagieren hätte können. Den Partner/die Partnerin nicht als selbstverständlich anzusehen, wäre ein guter Ansatz.
Was Paare letztlich im Innersten dann doch zusammenhält, ist vermutlich schon Liebe oder meine romantische Vorstellung lässt mich daran glauben. Allerdings auch die äußeren Umstände. Hat man eine gemeinsame Wohnung, eventuell Kinder oder arbeitet zusammen, kann das den Wunsch eine Beziehung zu retten verstärken. Man sollte sich bewusstmachen, dass es mit der nächsten Person nicht einfach so leichter wird. Unsere Beziehungsmuster nehmen wir nämlich grundsätzlich in jede Beziehung mit.
WARDA.at: Wer beendet Beziehungen eher, Frauen oder Männer – und warum ist das so?
Marlene: Ich würde mal stark auf Frauen tippen, wobei ich auch einige Männer auf der Couch sitzen habe, die in der Therapie davon berichten sich getrennt zu haben. Tendenziell scheint es allerdings schon häufig der Fall zu sein, dass Frauen sich früher mit dem Thema Trennung beschäftigen und dann auch eher den Entschluss fassen zu gehen. Grund dafür ist sicherlich die emotionale Unzufriedenheit, weil Frauen stärker auf eine gute emotionale Verbindung in der Partnerschaft achten. Wenn sie sich nicht gesehen, geschätzt, geliebt fühlen, ziehen sie eher einen Schlussstrich. Außerdem haben Frauen oft bessere soziale Beziehungen außerhalb der Partnerschaft. Sie können sich oft auch auf Freunde gut verlassen. Ich denke, dass Frauen auch höhere Erwartungen an die Kommunikation innerhalb der Beziehung hegen. Männer hingegen tolerieren ihr Unglück in einer Beziehung oft länger.
WARDA.at: Würdest du sagen, dass Beziehungen heutzutage schnelllebiger sind & dass man eben schneller eine Beziehung beendet, als an sich selbst zu arbeiten?
Marlene: Das kommt darauf an wann sich Paare kennengelernt haben. Findet man die Liebe in seinen Anfang 20igern halten sie meines Erachtens länger, als Beziehungen, die bei Paaren die in ihren Mitte 30igern sind entstehen. Unsere ganze Welt ist schnelllebiger geworden und somit sind natürlich auch zwischenmenschliche Beziehungen davon stark betroffen. Ich habe auch immer mehr den Eindruck, dass es überhaupt schwieriger geworden ist Beziehungen aufzubauen bzw. tiefere Bindungen einzugehen. Die Menschen sind ängstlicher geworden. Ängstlicher einander zu begegnen, aufeinander zuzugehen, sich auf etwas Tieferes einzulassen. Das kann man dann auch umgekehrt als Erklärung auffassen, weshalb Beziehung schneller beendet werden. Die Angst verletzt zu werden erscheint mir sehr hoch. Die hohen Erwartungen die wir haben sind auch ein Grund, dass Beziehungen schneller beendet werden. Heutzutage soll der Partner/die Partnern quasi jede Rolle im Leben ausfüllen. Das macht alles komplizierter.
WARDA.at: Warum fällt es manchen schwer, mit einer Trennung umzugehen, während andere direkt bei einer neuen Person landen?
Marlene: Ich finde man kann diese Frage gut anhand der Bindungstheorie erklären. Laut John Bowlby gibt es drei unterschiedliche Bindungstypen – sicher – ängstlich/unsicher – vermeidend. Je nachdem welcher Bindungstyp man ist, geht man entweder leichter oder schwerer Beziehungen ein. Der sichere Bindungstyp fühlt sich wohl in einer Beziehung und zieht dementsprechend auch oft ein ähnliches Gegenüber an – einen sicheren Bindungspartner/partnerin. Bei den beiden andern Typen ist es tendenziell schwieriger. Oftmals trifft der ängstliche Typ auf den vermeidenden Typ. Dabei sind im Vorfeld schon Konflikte vorprogrammiert. Der sichere Bindungstyp geht selbstsicherer und leichter auf Menschen zu, da er nicht nur sich selbst, sondern auch seinem Gegenüber vertrauensvoller entgegenkommt. Im Allgemeinen kann man aber vielleicht auch von Glück sprechen. Ein bisschen davon braucht man bei der Partnersuche schon.
WARDA.at: Macht Social Media unsere Beziehungen kaputt? Oder sind wir einfach schlecht darin treu zu sein?
Marlene: Die Frage würde ja voraussetzen das social media automatisch untreu macht. Ich denke, das ist alles eine Entscheidung, die jeder Einzelne für sich bewusst oder unbewusst trifft. Die sozialen Medien bieten augenscheinlich viele Optionen. Ich denke es braucht neue Beziehungsformen und Regeln. Es erscheint ja heute gar nicht mehr ganz klar zu sein, was man unter Untreue versteht. Wo beginnt sie? Fängt es beim followen anderer Menschen an oder bei Nachrichten und Bilder versenden? Social Media hat alles sicher komplexer gemacht. Es ist aber definitiv nicht alles schlecht daran. Da ich noch in einer Zeit ohne Handys/Smartphones aufgewachsen bin, sehe ich die Dinge vermutlich ein wenig anders, als der 18 jähirge tiktok/Instagram User. Die jungen Menschen haben ganz neue Arten entwickelt um miteinander im ständigen Austausch zu sein. Allerdings sehe ich in der Zukunft schon viele Risiken, wenn es um Beziehungen geht. Studien zeigen bereits, dass die Menschen immer isolierter leben und nur mehr ihre sozialen Kontakte über die sozialen Medien pflegen. Das ist traurig und ich hoffe doch, dass viele Menschen aktiv da dagegen steuern.
WARDA.at: Thema Online Dating: Viele wollen sich nicht auf einen Partner einlassen, weil man sich immer erwartet was besseres zu finden? Warum ist das so?
Marlene: Ich bekomme natürlich viel von meinen Klienten/Klientinnen diesbezüglich zu hören. Es ist tatsächlich nicht so leicht online auf die richtige Person zu stoßen. Beim Online Dating spielen ja in erster Linie äußere Kriterien eine große Rolle. Ein paar Nachrichten später und oft ist es dann schon wieder vorbei. Ich denke Schuld daran ist unser Konsumverhalten. Wir wollen in allen Lebensbereichen ständig mehr.
WARDA.at: Was ist das Geheimnis der Liebe?
Marlene: Mut, Kommunikation und ein bisschen Glück. Wahre, tiefe Liebe erfordert Mut – denn sie ist nichts für Zögernde. Es braucht den Mut, sich zu öffnen, verletzlich zu sein und dem anderen wirklich zu begegnen. Liebe bedeutet, sich im anderen wiederzuerkennen, verstanden und gesehen zu werden. Kommunikation ist dabei der Schlüssel, um gemeinsam zu wachsen und auch schwierige Phasen zu meistern. Und ja, ein bisschen Glück gehört auch dazu – die Chance auf Liebe im richtigen Moment zu erkennen und sie dann festzuhalten.
Titelbild © Shutterstock
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