Interview: Kardinal Kaos & Alligatorman aka Kardinator über ihr erstes Kollabo-Album „Rasenmäher“

Kardinal Kaos und Alligatorman werfen ihr künstlerisches Potenzial unter den Namen Kardinator gemeinsam in die Waagschale und bescheren uns mit ihrem Kollabo-Debüt Album „Rasenmäher“ einen großartigen heimischen Hip-Hop Release. Alligatormans ausgereifte Funky-Beats treffen hierbei auf den originellen und stilsicheren Mundart-Rap des Kardinal Kaos. Eine Symbiose, die Lockdown müde Hip-Hop Herzen höherschlagen lässt.
Neben Qualität und Stil bekommen wir als Hörer:innen in gewohnter Manier auch eine ordentliche Portion Gesellschaftskritik. Und wie bei jeder guten Kritik kommt dabei der Humor auf keinen Fall zu kurz. Wir haben uns mit den beiden Honigdachs Künstlern zu einem Video Chat getroffen, um ihnen einige Fragen zu ihrem neuen Album „Rasenmäher“ zu stellen.
Kurz um den Release herum habt ihr sicher einige Interviewanfragen. Gebt ihr eigentlich gerne Interviews oder ist das für euch eher mehr ein notwendiges Übel?
Alligatorman: Kommt ganz auf die Interviewer:innen an und natürlich auch auf die Fragen. Mir persönlich macht es aber meistens schon Spaß.
Kardinal Kaos: Ja, es geht … Es ist natürlich nicht das Coolste am Album machen. Man denkt sich nicht: „Okay, ich mache ein Album, damit ich irgendwann mal ein Interview dazu geben kann“. Aber es ist okay, kann schon lustig sein.
Alligatorman: Es gehört einfach ein bisschen dazu.
Ihr macht jetzt gemeinsame Sache unter den Namen Kardinator, wann kam euch die Idee zur Fusion und wie lange kennt ihr beiden euch schon?
Kardinal Kaos: Puh, wie lange kennen wir uns denn schon …?
Alligatorman: Vom Sehen her schon lange. Aber intensiver erst seitdem Honigdachs Ding würde ich sagen. Oder spätestens seitdem du mit den Mostheadz… nein warte, eigentlich schon vorher durch die DRK & FOZ Anfängen.
Kardinal Kaos: Ja klar, auch dadurch. Keine Ahnung, wie lange genau, es werden sicher schon 10 Jahre sein.
Alligatorman: Wir hatten uns in Linz immer wieder mal gesehen. In der KAPU (Linzer Kulturverein) zum Beispiel, wenn da Konzerte waren. Da haben wir uns schon gesehen, bevor wir uns überhaupt kannten. Auf jeden Fall schon recht lange.
Man kennt sich schon länger – Die „Rasenmäher“ Schöpfer Alligatorman & Kardinal Kaos aka Kardinator – © Studio.Abk
Geht es für euch nach dem Album unter dem Namen weiter oder ist der Name nur projektbezogen auf ein Kollabo-Album?
Kardinal Kaos: Ja, wir werden schon so weitermachen.
Alligatorman: Absolut!
Kardinal Kaos: Wir werden jetzt danach keine neuen Namen verwenden.
Alligatorman: Im Moment noch nicht (lacht). Ja, das war jetzt mehr oder weniger der Start von diesem ganzen Kardinator Ding. Wir haben uns angeschaut, wie das Arbeiten miteinander so ist. Und das hat sich alles einfach super ergeben. Insofern geht das so weiter.
Kardinal Kaos: Das kann ich auch nur so bestätigen. Es ist großartig, wie wir beide harmonieren. Es funktioniert gut und es kommt cooler Shit dabei raus. Wir werden sicher noch ein bisschen so weiter machen, mal schauen.
Wie sah die Zusammenarbeit bei dem Album in der Praxis aus? Schickt ihr euch die Sachen hin und her oder erarbeitet ihr euch das alles zusammen in Live-Sessions? Wie lange seid ihr an der Produktion des Albums gesessen?
Kardinal Kaos: Also gedauert hat die Produktion eigentlich ein dreiviertel Jahr. Im Herbst haben wir es zum Master geschickt. Also Dezember 2019 haben wir angefangen und letzten Herbst (2020) war es dann fertig. Wir haben das mit hin und her schicken gemacht.
Also er schickt mir Beats und ich mache dann was draus. Anschließend recorden wir dann. Beim mixing ist es dann nur noch mit hin und her schicken gelaufen, also die jeweiligen Updates.
Die erste Zusammenarbeit auf Album länge: Kardinal Kaos & Alligatorman © Falkenjunge
Aufgenommen habt ihr aber immer zu zweit?
Kardinal Kaos: Ja.
Alligatorman: Ich habe eigentlich bei allen Parts, bis auf den von Digga Mindz, die Aufnahmen gemacht. Anschließend alles gemischt. Es hat sich so ergeben, wir haben einfach nicht viele Sessions gebraucht für das Projekt. Ich weiß auch nicht, was dafür genau der ausschlaggebende Grund war, vielleicht waren wir einfach gut vorbereitet und dadurch hat auch alles gleich gepasst. Das war dann in 5 bis 6 Sessions, wenn überhaupt, im Kasten.
Dann haben wir, wie Kardinal vorher gesagt hat, alles wieder hin und her geschickt und geschaut, wie wir arrangieren. Aber das ist eh auch meistens der Modus, wie das rennt. Also bei mir zumindest. Da hat jetzt eigentlich Corona nichts großartig daran verändert. Nur dass wir dadurch nicht genau wussten, wo es hin läuft.
Weil man auch nicht wusste, wie es weitergeht (lacht). Vor einem Jahr noch war alles auch noch ein bisschen funkyiger. Dadurch mussten wir es einfach gut einteilen. Aber das kam natürlich auch durch private Geschichten, dass man schauen musste, wo nimmt man sich jetzt die Zeit her.
Welchen Hintergrund oder tiefere Bedeutung haben Name und Cover des Albums für euch? Warum genau „Rasenmäher“ ?
Alligatorman: Naja weil rasiert wird… Oder besser gesagt gemäht (beide lachen)
Kardinal Kaos: Keine Ahnung. Es hat sich hauptsächlich aus einem Track ergeben. Man kann da recht viel hineininterpretieren.
Alligatorman: Wir mochten das Bild mit dem zerlegten Rasenmäher, also die Blaupause, die da als Cover drauf ist. Rap hat auch immer irgendwie etwas mit Technik zu tun. Das hat sich bei „Rasenmäher“ einfach gut getroffen. Ich kenne außerdem kein Album, dass bereits so heißt.
Coverbild – „Rasenmäher“
Neben geilen Beats und technisch feinen Rap wird auf Tracks wie Bourgeoisie feat. Fate humorvoll eine gesellschaftskritische Message transportiert. Wie wichtig ist euch die Message beim Musik machen?
Kardinal Kaos: Also die Message ist mir schon sehr wichtig. Ich finde, bei dem Album sind auch relativ viele Themen drauf gekommen. Also mehr als üblich bei mir. Deswegen ist das Album vielleicht auch etwas außergewöhnlicher geworden. Es hat recht viel Spaß gemacht, ich hatte eine Phase, in der ich nicht einfach nur Lines schreiben wollte. Sondern verschiedene Themen genommen und hier und da etwas dazu geschrieben habe. Manche Parts waren auch schon fertig, bevor wir angefangen hatten.
Wie gesagt, es war einfach eine Phase, in der ich relativ viel Bock hatte, über verschiedene Themen zu schreiben. Das ist schlussendlich auch dem Album zugutegekommen. Ich finde die Message auch dann wichtig, wenn es etwas Persönliches ist, was nur mit einem kleinen Nebensatz erwähnt wird.
Wie wenn ich z. B. sage: „Ich habe zum Rauchen aufgehört, ich rauche nur noch, wenn ich sauf“(beide lachen). So was ist dann einfach ein Fakt. Oder wenn ich sage: „Ich habe ein rotes Blutgerinnsel in meinem linken Auge.“ So was ist dann einfach noch mal eine persönliche Note oder Botschaft.
Ich finde, es erweitert die Tracks ungemein gut, da es das Spannungsfeld, in dem die Message oder Botschaft transportiert wird, noch mal vertieft.
Alligatorman: Ich kann das natürlich nur von halb außen betrachtet sagen. Also auch bei den politischen Sachen am Album, und davon gibt es einige, ist es kein Zeigefinger Rap.
Würdet ihr lieber auf eine geile Line für die Message verzichten oder eher die Message fallen lassen für eine witzige Line?
Kardinal Kaos: Wenn es geht, sollte natürlich beides Platz haben. Wenn ich eine Message habe, dann schaue ich, dass ich sie genauso rein bringen kann. Ich arbeite dann an der Formulierung, damit das irgendwie noch tighter klingt.
Ich finde, das ist die Königsdisziplin. Dass man etwas Wichtiges sagt, vielleicht noch mehrsilbige Reime da rein bringt und es dann auch noch eine gute Message hat.
Manchmal gelingt das, es ist mal so und mal so. Und manchmal scheißt man auf den Reim, weil man einfach was Wichtiges sagen will. Das passiert auch bei nicht so wichtigen Sachen (lacht). Weil man die dann einfach rein bringen will.
Alligatorman, die Beats auf „Rasenmäher“ sind absolut genial und stammen alle aus deiner Feder, außer bei Marktlücke da hat SSSL noch mit produziert. Wie sieht es da mit den Cuts aus, wer war bei den Tracks Australopithecus und Feiyah dafür verantwortlich?
Alligatorman: Es gibt, glaube ich, noch ein paar mehr auf der Platte. Aber alle stammen von mir.
Kardinal Kaos: Das war auch irgendwie alles ein Teil der Herangehensweise an das Album. Also dass Alligator alle Beats und Cuts macht und ich die Raps. Es war ziemlich klar aufgeteilt. War nie ein Thema, dass da jetzt irgendwie wer anderes dazu kommt. Vom Setting her war das sehr cool, so.
Also bis auf die Features alles komplett von euch?
Kardinator: Ja!
Alligatorman: Es war für uns einfach die klassische Herangehensweise, geplant war das jetzt auch nicht. Wir machen das halt einfach so (beide lachen)
Was ist das für geniales Sprachsample in der Hook bei dem Track Sternzeit 17 ?
Karidnal Kaos: Das ist von Tha God Fahim. Ja ich habe das sehr funky gefunden. Er schießt da einfach Gunshots von seinem Spaceship aus, so drive-by mäßig. (beide lachen)
Karidnal Kaos was geht bei den Mostheadz , gibt es da irgendwelche News? [Anmerk. d.r.: Karidnal Kaos bildet mit Woldow und DJ Zeilomat die Mostviertler Hip-Hop Kombo – Mostheadz]
Karidnal Kaos: (Lacht) Na! Also ich bin regelmäßig beim Zeilomat, aber Hip-Hop mäßig passiert da gerade nichts. Wir machen manchmal so spaßhalber ein bisschen was, wir haben ja unseren Stuff beim Zeilomat daheim. Ist unsere Base zum Musik machen. Wie gesagt, es passiert dann halt manchmal was…
… aber noch nichts was in die Medien soll oder wie. (alle lachen)
Karidnal Kaos: Na, das sind eher so Sachen, die um 3 Uhr in der Früh entstehen.
Alligatorman: Ah, das wird schon noch legendär. (Beide lachen)
Karidnal Kaos: Ja, von solchen Sachen gibts Tausende. Aber auf jeden Fall shoutout an meine Boys an der Stelle.
Zum Abschluss noch eine kleine Fun Frage. Wer sind eure drei österreichischen Lieblings Rapper oder Producer?
Alligatorman: Da… Goidene… Bash
Karidnal Kaos: Also meine drei Lieblingsproducer sind: Alligatorman, Digga Mindz, Stixx
Muss ich einfach so sagen, ist so. Ich meine, vielleicht bekomme ich viel nicht mit, ich bin jetzt auch nicht der offenste Hörer. Also was sonst noch so in der Szene passiert. Und was Rapper angeht, das ist auch schwierig. Also die, die mal richtige Favorites waren, sind auf jeden Fall Kamp und Jack. Die waren mal meine Lieblingsrapper und sind sie auch heute noch, was gewisse Alben angeht. Aber es kommt ja auch nichts mehr nach. Dann nehmen wir noch als Nummer drei der Lieblingsrapper den Brother, also Monobrother.
Alligatorman: Ja, das mit dem Favorites ist immer ein bisschen schwer, wen nimmt man denn da. Nimmt man jetzt seine all time favorites, die immer schon drin waren oder das Neueste? Es tut sich ja auch sehr viel in dem Bereich. Was ja voll geil ist und natürlich auch die Diversität am Sound …
… Ja, es tut sich jetzt gerade bei uns in Österreich auch richtig viel…
Alligatorman: Ja und man kann nur hoffen, dass die Industrie das auch irgendwann bald checkt.
Nachdem ich mich bei den beiden für das Interview zu „Rasenmäher“ bedankt habe unterhalte mich noch mit ihnen über die österreichische Musiklandschaft und die Berichterstattung. Anschließend danke ich mich für ihre Zeit und wünsche alles Gute fürs Album und ihr weiteres künstlerisches Schaffen.
Titelbild Credits: Falkenjunge
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