„In Vino veritas.“ Hätten das die alten Römer*innen auch gesagt, wenn sie gewusst hätten, in welche Richtung sich die Weinherstellung über die Jahrtausende entwickelt? Man weiß es nicht. Fakt ist, dass Naturweine in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind und das Interesse von Jung und Alt erregt. Neu definiert, alte Herstellungstechniken. Wie Naturwein seinen Einklang in Österreich und Wien gefunden hat, wird im Folgenden beleuchtet.
Naturwein: Klärung des Begriffs
Was vielen normalsterblichen, aber auch Gastro-affinen Menschen lange Zeit kein Begriff war, schlägt heute ein, wie eine Bombe. Naturwein oder auch „natural wine“ ist in aller Munde und auch aus vielen Weinkarten gar nicht mehr wegzudenken.
Um mit dieser Materie weiter fortfahren zu können, bedarf es jedoch zu aller erst eine Begriffserklärung. So etwas wie „natural wine“ gibt es nämlich gar nicht. Viel mehr ist damit gemeint, dass möglichst wenig künstlicher Einfluss im Garten sowie im Weinkeller stattfindet.
Wäre die Natur alleine für die Herstellung verantwortlich, hätten wir just Essig aus Traubensaft, aber keinen Wein. In Österreich ist der Begriff „Naturwein“ nicht geschützt, daher begründen einige konventionelle Winzer*innen, dass jeder Wein Natur ist, da Trauben nicht aus einer Fabrik stammen. Doch so einfach ist es natürlich nicht.
Einblick in die Herstellung und in den Verkauf
Entscheidet sich ein*e Winzer*in also dazu, auf technische sowie chemische Hilfsmittel zu verzichten ist dies äußerst mutig, da man an ganz anderen Herausforderungen, als bei der konventionellen Weinherstellung, wächst. Es ist auch eine aufwendigere Entscheidung.
Prinzipiell kann man jedoch sagen, dass die Herstellung von Naturwein im Grunde nur die alte Art ist Wein zu produzieren. Die Zeit und die technische Entwicklung brachte Maschinen und Spritzmittel hervor, welche eben in der konventionellen Herstellung von Wein in Massen zum Einsatz kommen.
Alte Sitten
Winzer*innen, die Naturwein herstellen, besinnen sich daher auf die alten Herstellungstechniken zurück. So auch der Winzer Gindl in Niederösterreich, welcher wieder mit Pferden statt Traktoren arbeitet, um den Boden nicht zu sehr zu komprimieren. Dies wirkt sich positiv auf das Pflanzenwachstum und so auch auf unsere Umwelt aus.
Vurschrift is Vurschrift
Zu betonen ist an dieser Stelle auch, dass es keine gesetzlichen Vorschriften zur Deklarierung von Inhaltsstoffen von Naturweinen gibt. Die Ausnahme macht hier Schwefel. Dies erklärt auch den Verkauf von natürlichen Weinen, der ausschließlich in ausgewählten Weinhandlungen und nicht in Supermärkten stattfindet.
Des Weiteren ernten Naturweinwinzer*innen im Schnitt 3.500 kg pro Hektar, wobei konventionelle mit Spritzmitteln auf bis zu 10.000 kg pro Hektar ernten. Dies ist dabei der gesetzlich höchste Grenzwert, woran man auch gut erkennen kann, dass dieser Ansatz für das Gesundheitssystem nicht sonderlich förderlich ist.
Pech & Schwefel
Bereits beim Einsatz von Schwefel werden die Gemüter der Anhängerschaft erhitzt. Plädieren die einen darauf, bei einer naturnahen Erzeugung muss ganz auf Schwefel verzichtet werden, meinen die anderen jener wäre in Maßen noch vertretbar. Man merkt schnell, es handelt sich um ein emotionales Thema.
Wobei sich alle Parteien einig sind, ist jedoch, dass der freie Geist und die unkonventionelle Form keinen Regeln unterliegt. Genau dies macht den Reiz dieser wilden Weinherstellung aus.
Durch die Narrenfreiheit in der natürlichen Weinherstellung können jedoch Fehler auftreten, wodurch der Wein dann „mauselt“ oder gar einen Essigstich bekommt. Des Öfteren wird der Fehltritt des Winzers, der es sich vielleicht nicht leisten konnte, den Wein wegzuschütten, mit dem Argument vertuscht, dass die Weinherstellung eben früher so war.
Der Einklang von Naturwein in Wien und Österreich
Lange Zeit waren österreichische Weine in Verruf geraten. Dies war dem Weinskandal aus dem Jahr 1985 verschuldet. Österreichische Winzer*innen mengten ihren Weinen damals Glykohol bei — zum Entsetzen der restlichen Bevölkerung. Künstlich erzeugte Weine wurden so als echte ausgegeben und der entdeckte Skandal löste schließlich die größte Weinwirtschaftskrise aus, die Österreich je erlebt hat.
Der weltweite Ruf von österreichischen Weinen war danach natürlich wort- und sprichwörtlich im Keller. Es hat lange gedauert, bis die Winzer*innen in Österreich ihre Weine wieder etablieren konnten— international wie national. Mitte der 1990er fanden sich Winzer*innen in Gols, einem Weinort am Neusiedlersee zusammen und gründeten die Gruppe „Pannobile“. Der Startschuss zur Auflebung des Naturweins war geboren.
Moritz Herzog, ein Mitarbeiter von Pannobile, gründete daraufhin die Firma „Weinskandal“, mittlerweile der größte Händler für Naturwein in Österreich. Weinskandal hat somit einen entscheidenden Faktor bei der Wiedereinkehr des Naturweins in Österreich und Wien gespielt.
Lokale mit Naturwein in Wien
Ein wichtiger Player in der Etablierung des Naturweines in Wien war auch das Café Espresso in der Burggasse, das schon eine ganze Spur länger vor dem Trendaufkommen mit dem Ausschenken und dem Verkauf von Naturweinen begann. Ebenso brilliert das Café Kandl neben hervorragenden Speisen mit einer Karte von Naturweinen aus der ganzen Welt.
Die Weinhandlung Vinifero, welche früher auf der Gumpendorferstraße war und heute einen Katzensprung weiter, in der Otto-Bauer-Gasse zu finden ist, besitzt zudem auch die dazugehörige Weinbar auf am Karmeliterplatz. Mit dem Ableger der R&Bar des Naturweinhändlers „Weinskandal“ sticht jenes Lokal natürlich auch durch seine, um einiges günstigeren Preise, hervor.
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Bilder © Shutterstock
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