Kennst du das Gefühl? Du gehst durch den Supermarkt und sobald du im Gang mit den Sixpacks oder Bierkisten stehst, wirst du urplötzlich durstig. Wenn du der Versuchung nachgibst und spätestens zu Hause den Hopfen-Smoothie ansetzt, dann genießt du das Ergebnis von gleich mehreren Standards und Normen – hinter denen fast ausschließlich Einheitlichkeit und klare Verhältnisse für dich als Verbraucher*in stehen. Wir haben dir die wichtigsten davon aufgeschlüsselt.
Der Bierkasten
Wir fangen einmal mit der größten typischen Verkaufseinheit für den/die Endverbraucher*in an. Sowohl für einzelne Flaschen als auch bei manchen Sorten als Träger für (üblicherweise) vier Sixpacks. Dieser Kasten ist insofern ein Sonderfall, weil es hier, vielleicht überraschenderweise, keine allgemein gültige direkte Norm gibt. Allerdings sind die meisten der Plastikkisten dennoch standardisiert – indirekt.
Das liegt daran, weil die Kästen üblicherweise zu Türmen zusammengestellt transportiert werden – etwa für die Anlieferung beim Supermarkt deines Vertrauens. Dazu stehen die Bierkästen absolut immer auf Paletten – bei uns sind das Europaletten.
Diese Paletten wiederum sind sehr wohl genormt. Sie haben in den meisten hierzulande gängigen Ausprägungen eine nutzbare Fläche von 1.200 x 800 Millimetern. Da jeder diese Maße möglichst genau ausnutzen möchte, haben sich für Bierkisten schon vor Jahrzehnten 300 x 400 Millimeter als Quasi-Standard etabliert (Ausnahmen bestätigen die Regel). Vier Kisten nebeneinander, zwei hintereinander. Macht pro Paletten-Ebene acht Bierkisten. Aufgrund von
- Handhabbarkeit,
- Gewichtslimits der Palette und
- Höhe von Durchfahrten und LKW
werden so üblicherweise fünf Reihen auf eine Palette gesetzt – also 40 Bierkisten. Es gibt jedoch Ausnahmen bei niedrigeren Kisten. Apropos:
Was die Höhe der Bierkiste anbelangt, kommt es auf die Art der Flasche an – zu der kommen wir gleich noch. Zuvor jedoch noch ein Blick auf die Zahl von Flaschen pro Kiste. Hier gibt es weniger Standardisierung. Meistens befinden sich pro Kiste 20 oder 24 Flaschen drin, allerdings gibt es seit einigen Jahren immer mehr Hersteller*innen, die ein eigenes Modell bevorzugen – etwa kleinere Kisten, die sich leichter transportieren lassen (bedenke: eine Kiste mit 20 0,5er-Bierflaschen wiegt gut 20 Kilogramm).
Das Sixpack
Du hast nicht einen so großen Durst, möchtest vielleicht eine neue Biersorte ausprobieren oder dir liegt der Sinn nach einer in deinem Supermarkt eher exotischen Marke, die es nicht im Kasten gibt? Dann wäre es eine vernünftige Wahl, statt eines Kastens lieber ein Sixpack in den Einkaufswagen zu stellen.
Es mag vielleicht überraschend klingen, aber bei dieser Verkaufseinheit gibt es nur eines, was wirklich sehr umfassend standardisiert ist – Bauweise und Kartonage des Trägers aus Pappe. Das ist Teil eines viel größeren Gesamtkonzepts namens ECMA-Codes – eine große Menge von Standards für alle möglichen Kartons. Jenseits davon gibt es zwar nicht so stringente Herangehensweisen, aber dennoch eine gewisse Einheitlichkeit:
- Die allermeisten Sixpacks enthalten – der Name verrät es – sechs Flaschen. Quad- (4) oder Octo- (8) Packs sind bei uns deutlich seltener. Erstere sind jedoch beispielsweise in Belgien weitverbreitet.
- Absolut immer sind es gerade Zahlen wegen der Gewichtsverteilung.
- Fast immer nutzt man 0,33er-Flaschen im sogenannten Longneck-Format (mehr dazu weiter unten). Nur einige wenige Bierbrauer nutzen andere 0,33er-Bauformen oder gehen gar auf 0,5 Liter hoch.
Ebenfalls einheitlich ist die zentrale Trageweise. Da die allermeisten Sechserträger aus Pappe bestehen, ist das für Komfort und Belastbarkeit zwingend notwendig.
Das Flaschenglas
Möchtest du bei der nächsten Party eine Wette gewinnen? Dann bitte die anderen Gäste darum, dir zehn in Österreich erhältliche Biersorten zu nennen, die nicht in braunen oder grünen Glasflaschen verkauft werden.
Zugegeben, es gibt bei uns durchaus heute ein paar Biere in glasklaren Flaschen; etwa Corona als wohl bekanntestes Beispiel. In der Masse dominieren jedoch Grün und Braun.
Der Grund ist simpel: Der Biergeschmack ändert sich unter Einstrahlung von UV-Licht. Ebenso hängt die Haltbarkeit damit zusammen. Braun ist besonders dunkel, daher ist Bier hierin besonders gut geschützt (wenngleich du es trotzdem immer möglichst dunkel lagern solltest). Es folgt Grün, was bereits etwas weniger gut geeignet ist, und dann Weiß.
Eine kleine Rolle spielt hierbei noch das Marketing in Form des Wiedererkennungswerts – speziell bei den Brauereien mit grünen Flaschen, die sich von der überwiegenden Masse mit braunen Gläsern abheben möchten.
Die Flaschenform und ihr Volumen
Eines steht bei uns fest: Wer hier Flaschenbier aus einer größeren Verpackungseinheit als ein halber Liter trinken möchte, der hat, abgesehen von Geschäften mit ausländischen oder Exoten-Bieren, keine Wahl, als im Ausland zu kaufen. Bei den Schweizern etwa gibt es noch einige Hersteller*innen, die traditionelle 0,58er- oder gar Literflaschen anbieten. In Belgien gibt’s zudem diverse Biere in 0,75er-Flaschen, die aufgrund ihres Formats (und des Korkens) eher an Sekt erinnern.
Bei uns gibt es Bier bis auf sehr wenige Ausnahmen nur in Flaschen (und Dosen) mit entweder 0,33 oder 0,5 Litern Inhalt. Bei manchen Einwegflaschen gibt es noch das 0,4-Liter-Format.
Warum das? Das hängt vor allem mit dem Trinkverhalten zusammen:
- Die meisten Flaschenbiere werden bei uns aus der Flasche getrunken. Sie muss sich also in Gewicht und Form gut handhaben lassen.
- Aufgrund dieser Trinkweise besteht bei Volumina größer als 0,5 Liter die Gefahr, dass die letzten Schlucke kaum noch Kohlensäure enthalten.
In anderen Staaten wird Bier anders konsumiert, daher haben sich dort andere Maße etabliert.
Doch kommen wir zu den Formen. Hier gibt es bei uns einen Favoriten – mit gar nicht österreichischer Bezeichnung:
Bierflasche, Vichy-Typ, NRW, 50 cl (Zentiliter)
Größtenteils abgekürzt als NRW-Flasche. Höhe 260 Millimeter, unterer Durchmesser 67,5 Millimeter, langgezogener Hals, der sich allmählich zu einer Mündung mit 26 Millimetern verjüngt. Das Kürzel NRW steht für das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen. Dort nutzten Anfang der 1990er viele Brauer erstmals diesen Typ, um sich von der Masse abzuheben. Da die Flasche sehr gut in der Hand liegt, wurde sie auch bei uns ein enormer Erfolg.
Weitere wichtige Standards:
- Vichy-Flasche NRW 33 cl – wie die große NRW-Flasche, nur als 0,33er-Version.
- Longneck-Flasche 33 cl – steile Schulter mit markantem langem Hals. Sehr oft in Sixpacks zu finden.
- Steini-Flasche 33 cl – die bekannte knubbelige Form, von manchen Zeitgenoss:innen Stubbi genannt.
Falls du dich jetzt an eine ziemlich plump wirkende Flasche nahezu ohne Hals erinnerst: Das ist die sogenannte Euroflasche mit 0,5 Liter Inhalt. Sie war in den 1960ern die erste Flasche, die für die damals brandneuen Kunststoffbierkisten erfunden wurde. Heute wird sie insbesondere bei „Retro“-Bieren genutzt.
Übrigens: Dieser Tage wird in Österreich eine neue 0,33er-Pfandflasche ausgerollt.
Die Mündung und der Verschluss
Gehörst du zu denjenigen Bierfreund*innen, die ihre Flasche mit allem öffnen können, nicht nur einem Flaschenöffner (fachsprachlich Kapselheber)? Dann liegt das an einem Grund: Eine überwältigende Mehrheit aller Glasflaschenbiere ist heute mit Bierkapsel bzw. Kronkorken verschlossen. Die muss als Einwegverschluss aufgehebelt werden – wobei es vorwiegend in den USA viele Schraub-Kronkorken gibt.
Früher war der Bügelverschluss Standard. Der lässt ein Wiederverschließen zu, hält ein Bier also länger frisch – das fördert aber nicht gerade den Absatz. Außerdem sind die Bügelverschlüsse bei Mehrwegflaschen unnötig komplex. In vielen Brauereien werden sie immer noch händisch geöffnet (daher steht auf vielen Etiketten solcher Biere, man möge sie bitte offen zurückgeben).
Nicht zuletzt hängt das alles mit der Abfüllindustrie zusammen: Die meisten Bierflaschenhälse haben ein sogenanntes CC- oder MCA-Format – beides Standards für die Anschlüsse beim Befüllen. Der Kronkorken passt nahezu perfekt dazu.
Das Etikett
Bier ist nicht nur ein Lebensmittel, sondern ein alkoholhaltiges Getränk. Angesichts dessen muss es nicht nur ein Etikett haben, sondern darauf muss sich eine ganze Reihe von vorgeschriebenen Angaben befinden. Darunter nicht nur die exakte Füllmenge und der Alkoholanteil in Volumenprozent, sondern – surprise – es muss aus dem Etikett sogar hervorgehen, dass es sich überhaupt um Bier handelt.
Der Inhalt
Vielleicht hast du bis hierhin schon eines festgestellt: Es gibt rund um das Bier eine ganze Menge Standards, noch bevor du einen einzigen Schluck aus der Flasche genommen hast. Es dürfte kaum überraschen, dass es rings um das eigentliche Produkt jedoch noch weitere Einheitlichkeit gibt.
- Das Bier muss in jeglicher Hinsicht den sehr strengen Vorgaben des österreichischen Lebensmittelbuches, Kapitel B13. Der wichtigste Kern: Erlaubt sind nur Zerealien, Hopfen und Trinkwasser, und wie ein Bier genau heißen darf, hängt exakt von seinen Inhaltsstoffen ab.
- Bei herkömmlichem Bier muss der Alkoholgehalt mindestens 0,5 Volumenprozent betragen. Das ist gleichzeitig die Obergrenze für alles, was sich noch legal alkoholfreies Bier nennen darf.
Doch keine Regel ohne Ausnahme: Unter anderem für sogenannte Kreativbiere gestattet unser Lebensmittelrecht noch andere Zutaten. In der Masse sind es jedoch nur diese wenigen Elemente, die so vielfältige Formen des kühlen Blonden ergeben – das in manchen Ausprägungen gar nicht so blond ist.
Bevor wir dich nun entlassen, noch eine finale Zahl: Zwischen 2002 (einem ziemlich durstigen Jahr) und 2022 sank der hiesige Pro-Kopf-Konsum um gerade einmal 7,1 Liter – da er seit mindestens 1980 konstant (bis auf die Corona-Jahre) über 100 Litern pro Kopf und Jahr liegt, kann man hier ebenfalls durchaus von einem Standard sprechen.
Bilder © Shutterstock
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