Am 8. Februar treten die neuen WhatsApp-Regelungen in Kraft. Diese sind auch innerhalb der EU problematisch. Anstatt uns nur aufzuregen, sollten wir vielleicht etwas dagegen tun, wie zum Beispiel WhatsApp Lebewohl zu sagen, und Signal runterzuladen.
Spätestens seitdem Tesla-Chef Elon Musk vor einigen Tagen „Use Signal“ twitterte, explodieren die Downloads des Nachrichtendienstes Signal und immer mehr Leute löschen den bisher dominierenden Anbieter WhatsApp. Wie kam es dazu?
Use Signal
— Elon Musk (@elonmusk) January 7, 2021
Die meistgenutzte Messenger-App WhatsApp fordert seine NutzerInnen derzeit dazu auf, einer Aktualisierung der Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinie zuzustimmen. Am 8. Februar treten die neuen Bedingungen in Kraft – wer ihnen bis dahin nicht zustimmt, kann die App nicht mehr verwenden.
Die neuen Regelungen sorgen für Aufregung. Denn sämtliche WhatsApp-Daten stehen in Zukunft dem gesamte Facebook-Unternehmen zur Verfügung. Übersetzt heißt das: alles, was wir auf WhatsApp preisgeben und wie wir uns verhalten, wird künftig mit Facebook geteilt. Somit legt die Facebook Inc. ein digitales Profil von den UserInnen an, das alle Facebook-Unternehmen übergreifend umfasst. Dadurch ensteht ein noch größeres und durchschaubareres Bild – die nächste Stufe der gläsernen Menschen.
Credits: Screenshot WhatsApp
Auch innerhalb der EU erhält Facebook Metadaten
Außerhalb der EU dürfen die Daten, die Facebook von WhatsApp erhält, auch für Werbezwecke verwendet werden. Innerhalb der EU ist das aufgrund der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verboten. Auch die Nachrichteninhalte darf das Unternehmen nicht weitergegeben, da diese verschlüsselt sind.
Die neuen WhatsApp-Regelungen sind aber auch innerhalb der EU problematisch, da das Messenger Programm andere Metadaten mit Facebook teilen darf. Dazu zählen Daten wie Telefonnummern, Profilnamen, Profilbilder, Gruppennamen, Statusmeldungen. Zudem betrifft dies auch künftig das Verhalten der NutzerInnen auf WhatsApp. Facebook weiß dann, um welche Uhrzeit wir auf WhatsApp online sind und wann und wie lange wir mit wem chatten oder telefonieren. Allein diese Daten sind sehr wertvoll, um ein digitales Profil der UserInnen zu erstellen.
„Na und? Soll Facebook doch meine WhatsApp-Daten haben!“
Du verstehst die ganze Aufregung um die neuen WhatsApp-Regelungen nicht und denkst dir: „Ich hab‘ eh nix zu verstecken, soll Facebook doch meine langweiligen Daten haben!“ Ich verstehe dich und habe das früher auch immer gesagt. Auch war ich lange der Meinung, dass es mir egal ist, wenn mir personalisierte Werbung angezeigt wird, weil ich sowieso nicht draufklicke und darauf nicht reinfalle. Ich muss dir aber leider sagen: jegliche Datenpreisgabe ist problematisch und die Verbraucher sollten solche Änderungen kritisch sehen. Das ist mir einmal mehr klar geworden, als ich die Netflix-Doku „The Social Dilemma“ gesehen habe.
Darum sollten dir deine Daten nicht egal sein
Es geht nicht darum, dass Zuckerberg unsere Daten hat. Das könnte einem vielleicht noch egal sein. Es geht darum, was er mit unseren Daten macht. Dadurch, dass Facebook und Co. unsere Daten sammeln, wissen diese Unternehmen, wie wir uns verhalten. Sie können also auch vorhersagen, wie wir uns in Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach verhalten werden und uns somit steuern.
Was heißt das konkret? Wenn ich immer Katzenvideos anklicke und Trump-Posts like, zeigt mir Facebook hauptsächlich diese Inhalte. Eine Zustimmung zu den neuen WhatsApp-Regelungen bedeutet zudem: Wenn ich auf WhatsApp am häufigsten mit meinem besten Freund Max M. chatte und Teilnehmerin mehrerer WhatsApp-Gruppen bin, die Worte wie „Party“, „Rave“ oder „Techno“ beinhalten, zeigt mir Facebook künftig am häufigsten die Statusmeldungen von Max M. und schlägt mir Veranstaltungen der Techno-Szene vor.
Warum uns das nicht egal sein sollte? Weil wir dann noch mehr Zeit mit diesen Apps verbringen. Weil sie uns regelrecht süchtig machen.
Handeln statt zu jammern – Alternativen zu WhatsApp
Anstatt sich über die neuen WhatsApp-Regelungen aufzuregen, auf „zustimmen“ zu klicken und die ganze Sache nach drei Wochen vergessen zu haben, wäre es diesmal vielleicht an der Zeit, Facebook endgültig den Rücken zu kehren. Ja, das sagen wir, obwohl wir diesen Artikel gerade auf Facebook geteilt haben. Spaß beiseite – auch ich werde künftig noch WhatsApp benutzen bzw. es nicht löschen, weil ich Angst hätte, etwas zu verpassen und viele FreundInnen für etwaige Party- oder Urlaubsgruppen WhatsApp verwendet. Aber: ich werde mir einen alternativen Messenger-Dienst runterladen und zumindest enge FreundInnen und Familie dazu auffordern, es auch zu tun. Irgendwer und irgendwo muss man ja anfangen, oder?
Sieht man sich die Downloadzahlen der Messenger Signal oder Threema an, scheine ich nicht die einzige Person mit diesem Vorhaben zu sein. Ihre Server laufen derzeit heiß und immer mehr Leute registrieren sich bei den alternativen Nachrichtendiensten. Der größte Unterschied zwischen den Facebook-Unternehmen und alternativen Anbietern ist der Umgang mit den Nutzerdaten und die Privatsphäre. Auf Signal und Threema gibt es Sicherheitsbestimmungen, die verhindern sollen, dass Daten auf einzelne UserInnen zurückzuführen sind. Signal wird übrigens seit 2020 auch den MitarbeiterInnen der Europäischen Kommission empfohlen.
Eine tiefere Auseinandersetzung mit einigen Messengern und ihren Vor- und Nachteilen liefern wir euch bald in einem neuen Artikel.
Titelbild Credits: HeikoAL, Pixabay
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