Ezra ist ein weißer US-Jude und Amira ist schwarz. Sie lieben sich. Doch ist diese Liebe möglich in einer von Rassismus geprägten Welt, welche vor allem von den früheren Generationen geradezu zelebriert wird? You People ist eine herrliche Netflix-Komödie über ein geradezu unantastbares Thema. Ein must see mit einem überzeugenden Jonah Hill.
Race clash – der ethnische Zusammenprall als Genre mit Geschichte
Der „Culture Clash“ sprich, das Zusammenprallen unterschiedlicher Kulturen, Milieus, Klassen, Geschlechter usw. ist vermutlich so alt wie die Filmgeschichte selbst. Bezüglich der ethnischen Zugehörigkeit erweist sich diese Ausgangsposition bei genauerer Hinsicht jedoch als nicht ganz so alt. Bahnbrechend in diese Richtung gilt bis heute der Klassiker dieses Genres: Guess Who’s Coming to Dinner. Ein US-Filmdrama von Star-Regisseur Stanley Kramer aus dem Jahr 1967.
Der Plot ist schnell erklärt: Joanna, eine junge weiße Amerikanerin, stellt ihren afroamerikanischen Verlobten John (Sidney Poitier – der erste schwarze Schauspieler, der bei den Oscars als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde) ihren Eltern (Damals schon Hollywood Giganten: Spencer Tracy, Katharine Hepburn) vor. Rassismus-, Geschlechter- und Generationskonflikte sind da natürlich vorprogrammiert. Der Film war ein Erfolg und über die Jahre und Jahrzehnte folgten etliche weitere Filme mit dieser Thematik.
You People – Jonah Hill und Kenya Barris mit mutigem Filmprojekt
Mitten in der anhaltenden Black Lives Matter-Thematik, tun sich Jonah Hill und Kenya Barris zusammen und entschließen sich für eine Wiederbelebung dieses Themas in ihrem Film You People. Ein durchaus mutiger Schritt.
Die Ausgangssituation: Der US-Jude Ezra (Jonah Hill) kommt mit der schwarzen Amira (Lauren London) zusammen und will den Rest seines Lebens mit ihr verbringen. Zuvor gilt es aber noch, die Familien der Verliebten kennenzulernen. Konflikte sind da natürlich vorprogrammiert.
Obama, Blackwashing und Co – You People als Parodie der Gegenwart
Und You People beginnt recht furios: In seinem Hobbyprojekt – einem Podcast – diskutiert der eigentliche Banker Ezra mit seinem schwarzen Co-Host provokant und intelligent, aber auch höchst unterhaltsam über das Thema Kultur. Der Film beginnt mit einer extrem lustigen Abhandlung über Barack Obama, schwenkt über zum Blackwashing und trifft den Zeitgeist ziemlich genau. Die Pointen sitzen!
Danach begleitet man Ezra zu einer jüdischen Yom Kippur-Feier, wo er zu einem unterhaltsamen Schlagabtausch mit der US-jüdischen Gemeinschaft ausholt. Auch die kurz darauf – nach einer ganzen Reihe grenzgenialer Dialoge – folgende Begegnung zwischen Ezra und seiner späteren Partnerin Amira ist eine überaus gelungene Parodie über voreilige Rassismus-Vorwürfe.
© Netflix
Jonah Hill und die beste erste Filmhälfte der jüngsten Zeit
Was dann folgt, ist nicht minder unterhaltsam. Man darf es ruhig sagen: You People liefert filmisch eine der unterhaltsamsten Ausgangssituationen der letzten Zeit. Die späteren Dialoge mit und zwischen den Eltern sind ebenfalls verdammt gut geschrieben und die Aussagen nicht minder von gesellschaftlicher Brisanz. Auch wenn man sich da mehr Tiefe erwarten könnte. Doch immer wieder zeigt der Film recht gut die Idiotie der heutzutage geführten Opferdiskussionen auf. Wer hat mehr gelitten? Die Schwarzen oder die Juden?
Auch die Schwierigkeit, die Dinge wirklich anzusprechen, wird immer wieder dargestellt. Ezras Kritik an Amiras Vater muss sich zum Beispiel immer wieder ungerechtfertigte Rassismusvorwürfe gefallen lassen. Der Film zeigt geradezu genial, wie ein Dialog verunmöglicht wird, weil sich eine Partei zwanghaft beleidigt fühlen will und dabei auch noch perfide agiert.
Zum Beispiel versucht Amiras Vater (Eddy Murphy) geradezu zwanghaft, Ezra das N-Wort in den Mund zu legen. Er zwingt ihn praktisch dazu bzw. versucht penetrant ihn den Titel des Jay-Z und Kanye West Hits Niggas in Paris auszusprechen. Herrlich absurd, aber auch nicht minder traurig. Um dem Schwiegervater zu gefallen, geht Ezra an seine Grenzen.Schon bis zu dieser Stelle ein gelungener Film für jedes Netflix and Chill Date.
Jonah Hill und sein Gespür: Wo You People überzeugt und wo nicht so ganz
Mit der Komödie You People sticht Co-Autor, Produzent und Hauptdarsteller Jonah Hill natürlich in ein kulturelles Wespennest. Geradezu meisterhaft versucht man darin, die Grenzen des „erlaubten“ Humors auszuloten und spricht eine Vielzahl Problematiken auch direkt an. Unter anderem das schon erwähnte Opfer-sein-wollen.
You People spricht dabei die Problematiken wirklich an, das schon, geht am Ende aber nicht weit genug. Die Polizeigewalt ist natürlich kurz ein Thema, dazu fällt jedoch nur ein Satz. Anstatt tiefer zu gehen, folgt dann ein Cut zur nächsten Szene. Vor allem, wenn es politisch komplex wird, macht der Film zu oft einen Rückzieher.
Ezra ist als weißer mit einer schwarzen Kultur groß geworden. An einem Punkt erzählt er das sogar. Doch mehr darüber erfährt man nicht. Hierzu hätte man sich schon mehr Dialog gewünscht. Anstatt den problematischen Themen mehr Raum zu geben, besinnt man sich zu oft auf den komödiantischen Aspekt. Dabei zeigt der Film selbst, dass beides zusammen und in demselben Ausmaß wunderbar gut funktionieren kann.
© Netflix
You People kleines Manko: die Nebendarsteller*innen
Es ist bei Filmen und in Serien oft der Fall, dass gute Schauspieler*innen ein schlechtes Drehbuch retten. Wie zum Beispiel in der Netflix-Serie Totenfrau. Bei You People ist es aber witziger Weise gerade umgekehrt. Hauptsächlich die Schauspieler*innen, welche die Eltern spielen, bleiben viel zu oft harmlos. Und dabei sind das gerade die Stars. Eddy Murphy (Amiras Vater), David Duchovny, Julia Louis-Dreyfus (Ezras Eltern).
Sie alle sind zu reserviert. Vor allem David Duchovnys Spiel ist geradezu extrem zurückhaltend. Und Eddy Murphy ist für das, dass er für sein schnelles Mundwerk bekannt ist, geradezu stumm. In der Rolle des grimmigen Vaters bleibt er leider hinter den Erwartungen zurück. Und dennoch ist der Film sehr gut.
Trotz der Schwächen ist You People immer noch eines der Netflix-Highlights der letzten Monate. Und als Komödie kommt man mehr als auf seine Kosten. Obwohl der kritische Aspekt ein wenig hinterherhinkt (mit seiner Tiefe), ist Jonah Hills und Kenya Barris You People ein Film, denn man gesehen haben sollte. Weil er als Komödie genial funktioniert und als gesellschaftspolitisches Instrument durchaus auch wichtige Inputs liefert.
Titelbild © Netflix
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