Arena vs. Anrainer – ein skurriler Nachbarschaftsstreit droht eine Wiener Institution in ihrer Strahlkraft zu beschneiden. Die Arena Wien ist eine geschichtsträchtige Partylocation, die mitten im dritten Bezirk gelegen ist. Sie ist einer der Orte in Wien, mit denen ganze Generationen in ihrer Jugend geprägt wurden.
Egal, ob Drum’n’Bass, Eisberg oder Punk-Events, jeder und jede Wiener*in und viele andere haben wohl in ihrer Ausgehhistorie zumindest einen geschichtsträchtigen Abend in der Arena verbracht. Der Siff, der Dreck, der Geruch und die komplette Atmosphäre sind einmalig und das Resultat einer konstanten, über mehrere Jahrzehnte gewachsenen Veranstaltungs- und Partykultur. Ehemals besetzt, hat sich die Location in der Arena seit Jahren als einer der Party Hotspots in Wien etabliert.
Nun droht aber ein skurriler Nachbarschaftsstreit der Location ihre Identität zu rauben. Denn Veranstaltungen in der Arena waren stets auch durch einen Freiraum-Charakter und der dazugehörenden Lautstärke geprägt. Jetzt ist die Arena den neuen Anrainern jedoch zu laut.
Anfänge einer Institution
Die Arena in Wien-Landstraße ist kein gewöhnlicher Veranstaltungsort. Es ist ein alternatives Kulturzentrum, das vor allem für Jugendkultur, vielfältige Konzerte und andere Musikveranstaltungen bekannt ist. Aber das ist noch nicht alles – im Sommer verwandelt sie sich sogar in ein beeindruckendes Freiluftkino. Die Arena liegt in einem industriellen Umfeld im Stadtteil Erdberg. Und wird vom Verein Forum Arena Wien, der autonom und basisdemokratisch arbeitet, betrieben.
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Die Geschichte der Arena reicht bis ins Jahr 1970 zurück, als im Rahmen der Wiener Festwochen eine alternative Veranstaltungsreihe namens „Festwochen-Arena“ ins Leben gerufen wurde. Wolfgang Lesowsky, der Gründer, Leiter und Organisator der ersten „Arena 70“, versammelte damals für einige Wochen die Avantgarde aus Literatur, Musik und Theater. Es war eine revolutionäre Zusammenkunft.
Die Besetzung des Kulturzentrums Arena
Die Arena setzte ihre Mission fort, als Wolfgang Lesowsky die Leitung der „Arena 70/2“ im ehemaligen Varieté und Nachtlokal „Casanova“ übernahm. Die Veranstaltungsreihe war nicht subventioniert und sollte vom 10. November bis zum 31. Dezember 1970 laufen. Leider musste sie aufgrund eines nachlassenden Publikumsinteresses, Schulden und Beanstandungen seitens der Theaterpolizei am 12. Dezember vorzeitig beendet werden. Es war schwierig, eine Lösung für die Fortführung dieser Untergrundbewegung zu finden.
Von 1971 bis 1974 setzten die Wiener Festwochen das avantgardistische Theater unter dem Namen „Arena“ an verschiedenen Orten fort. Ab 1975 fanden die Aufführungen im ehemaligen Schlachthof Sankt Marx statt. Die Gebäude sollten nach dem Ende des Veranstaltungsprogramms abgerissen und ein Textilzentrum errichtet werden. Diese Pläne stießen jedoch auf heftigen Protest, da das kulturelle Angebot zu dieser Zeit ohnehin zu wünschen übrig ließ.
Ende Juni 1976 mündeten die Proteste schließlich in der Besetzung des Arena-Geländes, die über drei Monate andauerte. Prominente Persönlichkeiten der Austropop – Szene beteiligten sich mit Auftritten. Die Stadt Wien reagierte zunächst abwartend, aber viele Wienerinnen und Wiener unterstützten die Forderung, die Arena als dauerhaftes Kulturzentrum zu erhalten.
Bedenkt man die Geschichte der Arena, ist es umso ironischer, dass dieser geschichtsträchtige Veranstaltungsort nun durch Anrainerbeschwerden die Zähne gezogen werden sollen. Umso skurriler scheint es in die Nähe der Arena zu übersiedeln, um sich dann über den Lärm zu beschweren. Auf der Seite des Wohnbauträgers wurde mit der Nähe zur Arena extra geworben, um neue Bewohner*innen anzulocken. Die scheinen inzwischen wohl nicht so cool zu sein, wie die Anrainer, die man in der Werbung anlocken wollte.
Forum Wien Arena: Trägerverein sucht nach Lösungen
Die Causa erreichte die Medien, als Mario Weisch, Obmann des Trägervereins Forum Wien Arena Berichte in der „Presse“ über angebliche Lärmbeschwerden gegen die Location bestätigte. Die Angst bei allen kulturbewussten Menschen in Wien wuchs daraufhin schnell an. Man befürchtete, dass eine wertvolle und wichtige kulturelle Einrichtung der Stadt aufgrund der Anrainerbeschwerden schließen müsste.
Doch auch wenn Anrainerbeschwerden in Österreich als eins der mächtigsten Bewertungsinstrumentarien in der Bevölkerung gelten, die Arena bringen sie dennoch noch nicht zum Einkrachen. Aber zum Erzittern. Währenddessen wird bereits an einer Lösung für das Lautstärke-Problem gearbeitet.
Gemeinsam mit dem Wohnbauträger und der Stadt Wien versucht man jetzt die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sowohl Feiernde als auch Anrainer auf ihre Kosten kommen. Der größte Brocken, der dafür bewältigt werden muss, ist logischerweise die Soundanlage.
Location besorgt sich leisere Anlage
Es gibt heutzutage schon großartige Musikanlagen, die sich im Veranstaltungsbereich gut bewährt haben. Das wichtigste dabei ist: Drinnen soll es laut sein, draußen aber leise! So hat man im Verein Überlegungen angestrebt und dafür zuerst das ausgeklügelte „Panther“-System von Mayer Sounds ins Auge gefasst. Das große Problem dabei: Das Ding kostet eine Million Euro! Ein Betrag, den sich die Arena, auch wenn sie von der Stadt Wien subventioniert ist, bei Weitem nicht leisten kann. Denn die Arena ist eingestuft als Bildungsverein, eine bürokratische Kategorie, die dafür sorgt, dass man wesentlich weniger Geld bekommt als ein sogenannter Kulturverein.
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So muss der Verein derzeit umdisponieren und sich eine billigere Lösung suchen. Dafür hat man bereits eine andere Soundanlage ins Auge gefasst, die angeblich genau dasselbe kann, aber nur die Hälfte kostet. An der Stelle könnte man eventuell vorschlagen, dass die Anrainer auch Spenden sammeln könnten, damit sich die Arena das teure Teil leisten kann, wenn sie so viel Wert auf ihre Ruhe legen. Doch mit der Anlage ist es nicht getan. Man möchte ebenfalls die Schalldämmung in der Location noch mal erneuern. Mit diesen Mitteln hoffen die Betreiber der Arena, dass die Lautstärke außerhalb der Location nach unten geht.
Wie konnte es so weit kommen?
Doch wie konnte es eigentlich so weit kommen? Die Arena ist als Institution und Location seit den 70er-Jahren bereits ein Kulturort der Stadt Wien. Das Genehmigungsverfahren für das Wohnprojekt „The Marks“ wurde laut Planungsstadträtin Ulli Sima, wie sie in einer Anfrage des derStandard beantwortet, bereits vor ihrer Amtszeit 2017 abgewickelt. Denn für die Genehmigung eines Planungsvorhabens muss auch ein entsprechendes schallschutztechnisches Gutachten über die Lärmverträglichkeit eingeholt werden. Vereinfacht ausgedrückt, die Stadt Wien gibt keine Wohnbaugenehmigung aus, für einen Ort, an dem eine unzumutbare Lärmbelästigung für Anrainer bestehen könnte.
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Worum geht es also wirklich? Dass mit der Genehmigung für das Bauvorhaben alles ordnungsgemäß abgelaufen ist, davon kann man stark ausgehen. Die Frage ist hier eher, deckt sich die gefühlte Wahrheit der Bewohner*innen auch mit den tatsächlichen Dezibel-Zahlen, die als Lärmbelästigung gewertet werden? Oder geht es hier einfach um ein einkommensstarkes Segment an Bewohner*innen, die einfach nur ihre Ruhe haben wollen?
Alles hypothetische Fragen, die keine Rolle spielen, da bereits beidseitig und gemeinsam an einer Lösung gearbeitet wird. Der Verein sowie die Stadt Wien sind optimistisch, dass man sich mit den neuen Maßnahmen auf eine Lösung einigen wird. In dem Sinne kann man als Fan von Kunst und Kultur in Wien nur hoffen, dass die Location die Probleme mit der Lärmbelästigung in den Griff bekommt. Denn es wäre wohl sehr ironisch, wenn die Arena als eine der ältesten Veranstaltungslocations in Wien ihre Tore wegen ein paar Anrainerbeschwerden schließen müsste.
Titelbild © Shutterstock
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