Die moderne Architektur liebt das Offene, Lichte und Klare. Großzügige Glasfronten, Sichtbeton, glatte Parkettböden und minimalistische Einrichtung definieren heute den ästhetischen Anspruch im privaten Wohnbau ebenso wie in öffentlichen Gebäuden oder innovativen Bürolandschaften. Doch diese Reduktion auf das Wesentliche hat einen akustischen Preis. Harte Oberflächen reflektieren den Schall gnadenlos. Das Ergebnis ist ein unangenehmer Nachhall, eine Geräuschkulisse, die Gespräche anstrengend macht und die Konzentration stört
Früher wurde Akustik oft als technisches Problem behandelt, das man nachträglich mit standardisierten, oft wenig ansehnlichen Elementen zu beheben versuchte. Diese Zeiten sind vorbei. Heute ist die Gestaltung des Klangs ein integraler Bestandteil des architektonischen Entwurfs. Es geht darum, Räumen nicht nur eine visuelle, sondern auch eine akustische Identität zu geben. Die besten Lösungen sind dabei jene, die man nicht
sieht, sondern nur positiv wahrnimmt: als angenehme Ruhe, als klare Verständlichkeit, als Minderung von Stress.
Die Kunst der stillen Integration
Der Schlüssel zu einer gelungenen Raumakustik liegt in der Absorption. Schallenergie muss „geschluckt“ werden, bevor sie sich durch vielfache Reflexion zur Störung entwickelt. Hierbei haben sich Methoden etabliert, die Funktionalität und Designanspruch elegant verbinden. Das österreichische Unternehmen DECIBEL beispielsweise spezialisiert sich auf Lösungen, die sich nahtlos in die Gestaltung einfügen oder diese sogar als Design-Statement bereichern.
Anstatt plumpe Schaumstoffplatten an die Wand zu kleben, werden Absorber als Kunstwerke getarnt. Sogenannte Akustikbilder nutzen hochwirksame Dämmstoffe als Trägermaterial, die mit einem schalldurchlässigen Stoff bespannt werden. Dieser Stoff kann individuell bedruckt werden, wodurch das funktionale Element zur Leinwand für Fotografie oder Grafik wird. Ähnlich verhält es sich mit Deckensegeln. Diese schwebenden Elemente, oft in geometrischen Formen oder als organische Skulpturen gestaltet, fangen den Schall auf, der zur Decke steigt, und strukturieren den Raum gleichzeitig visuell. Selbst Textilien, wie schwere Akustikvorhänge, dienen als flexible Absorber, die den Raumklang je nach Bedarf dämpfen und gleichzeitig ein Gefühl von Wohnlichkeit vermitteln.
Unsichtbare Materialien und smarte Möbel
Der Trend bewegt sich klar weg von der reinen Nachrüstung hin zu Baustoffen, die bereits akustische Eigenschaften besitzen. Innovative Hersteller bieten mittlerweile Akustikputze an, deren feine Körnung den Schall bricht, obwohl die Oberfläche glatt erscheint. Auch beispielsweise im Heidelberg Congress Center kommt dieser zum Einsatz. Eine andere effektive Methode sind mikroperforierte Oberflächen. Dabei werden Holzpaneele oder Gipskartonplatten mit winzigen, aus der Distanz unsichtbaren Löchern versehen. Dahinter verbirgt sich ein Vlies, das den Schall absorbiert. Für das Auge bleibt eine edle Holz- oder eine homogene Wandfläche, während der Raum akustisch beruhigt wird.
Diese „stille“ Technologie findet sich auch in der Materialwahl wieder. Filz, ob aus Schurwolle oder recycelten PET-Flaschen, erlebt eine Renaissance. Als Wandverkleidung oder bei Raumteilern eingesetzt, überzeugt das Material durch seine warme Haptik und seine exzellenten schallschluckenden Fähigkeiten. Auch das Mobiliar selbst wird zum Akteur. Designer entwerfen Sofas mit besonders absorbierenden Bezügen, Sessel mit hohen, schallschützenden Lehnen (sogenannte „Ohrensessel“ im modernen Kontext) oder Regalsysteme, deren Rückwände speziell für die Schalldämpfung konzipiert sind.
Akustik als Faktor für Lebensqualität
Die Auseinandersetzung mit dem Raumklang ist keine ästhetische Spielerei, sie berührt direkt das menschliche Wohlbefinden. In einem Großraumbüro entscheidet die Akustik über Produktivität oder permanenten Stress. Die ständige Geräuschkulisse von Telefonaten,Tastaturen und Gesprächen führt nachweislich zu Ermüdung. Gezielte Absorber, Tisch- Trennwände und „Silence-Boxen“ schaffen die notwendige Zonierung und Ruhe.
In der Gastronomie ist die Akustik oft der entscheidende Faktor, der über einen gelungenen Abend bestimmt. Ein Restaurant mag exzellent kochen und stilvoll eingerichtet sein – wenn der Lärmpegel so hoch ist, dass man sein Gegenüber anschreien muss, bleibt die Erfahrung negativ. Hier schaffen kreative Akustiklösungen eine Atmosphäre der Intimität und Entspannung. Und im privaten Wohnraum sorgt eine ausgewogene Akustik dafür, dass der offene Wohn-Ess-Bereich tatsächlich ein Ort der Begegnung bleibt und nicht zur Halle verkommt. Die moderne Architektur hat gelernt, dass ein Raum erst dann vollendet ist, wenn er nicht nur gut aussieht, sondern sich auch gut anhört.
Titelbild © Shutterstock
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
Was unterscheidet österreichische Online Casinos von internationalen Anbietern?
Im Online-Glücksspiel unterscheiden sich die Plattformen je nach der Gerichtsbarkeit, in der sie tätig sind, erheblich. Für österreichische Spieler stehen […]
Wenn es draußen kälter wird und es sich zu Hause wärmer anfühlt
Der Winter verändert die Stadt. Die Luft wird kühler, die Abende früher und der Blick richtet sich stärker nach innen. […]
Fünf Versuche gegen das Fernweh: Die Lockdown-Reise
Die eigenen vier Wände, gekoppelt mit der Sehnsucht nach der Welt draußen. Diese Kombination treibt nach über einem Jahr Corona […]
12 Trends, die niemand braucht
Trends. Viele davon sind einfach nur total bescheuert. Wir haben diesbezüglich eine Liste für euch erstellt. 10 Trends, die keiner braucht.
Die 5 besten Hidden Bars in Wien
Die besten Hidden Bars in Wien. Angekommen in Wien verraten wir dir jene versteckten Orte, an denen du außergewöhnlichste Cocktails bekommst.
Transatlantic – Netflix Rettung vor den Nazis
Anna Winger – die Schöpferin der Erfolgsserie Unorthodox – legt mit Transatlantic eine durchaus sehenswerte Netflix-Serie hin, die leider das […]







