Angestellte im Handel zum Tragen von FFP2-Masken verdammt: Petition soll Abhilfe schaffen
Während die meisten im Sommer ihren beruflichen Tätigkeiten unter normalen Umständen – heißt wie in Pre-Corona-Zeiten – nachgehen können, müssen die Angestellten im „lebensnotwendigen“ Handel weiterhin FFP2 Masken tragen. Der Handelsverband Österreich hat daher eine Petition gestartet, welche die übergangenen Helden der Krise entlasten soll.
Gleich einmal vorab: Hier kannst du die Petition unterstützen, um dich bei den Mitarbeiter:innen des lebensnotwendigen Handels zu bedanken.
Von geteilten Welten und Zwei-Klassen-Gesellschaften
Während es für die einen berufsmäßig wieder ohne Einschränkungen weiter geht, müssen die anderen unter den für sie noch anhaltenden Corona-Beschränkungen einem erschwerten Arbeitsalltag nachgehen. Vor allem die systemrelevanten Berufe sind weiterhin dazu verdammt, ihre Jobs unter den einschränkenden Corona-Bedingungen zu verrichten.
Paradoxerweise gelten als systemrelevant gerade all jene Berufe, wo man am wenigsten verdient. So gibt, wie die Arbeiterkammer in einer Studie feststellt, einen radikalen Unterschied „zwischen Beschäftigtengruppen, die von zuhause arbeiten können, und jenen, die ihre Arbeit weiterhin an ihrem üblichen Arbeitsort verrichten müssen.“
Die Gründe für diese Differenz „sind direkte und potentiell langfristige Konsequenzen der Coronakrise und des politischen Umgangs mit der Pandemie.“ Bedeutet knapp zusammengefasst: Während die einen „mithilfe“ der Pandemie jetzt endlich ihr ersehntes Homeoffice für sich durchgesetzt haben und einen Schritt weiter Richtung Zukunft gehen, versauern die anderen weiterhin in einem veralteten Berufsalltag.
Der Twist mit den systemrelevanten Berufen
Besonders betroffen von diesem Ungleichgewicht sind die sogenannten „systemrelevanten“ Berufe. Diese sind dazu gezwungen „ihre Arbeit weiterhin unter erhöhten Gesundheitsrisiken, starken körperlichen und psychischen Belastungen sowie zu teils überlangen Arbeitszeiten verrichten müssen.“, so die AK in ihrer Studie. Während also die einen von zu Hause aus arbeiten dürfen, von ihrem Arbeitgeber noch eine ganze Home-Office-Ausstattung installiert bekommen, schuften die anderen weiterhin für wenig Geld.
Ernüchterndes Fazit der Erhebung zum Thema Arbeitsbedingungen und Berufsprestige ist, „dass einkommensschwache Gesellschaftsgruppen einem höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind, da sie berufsbedingt mobiler sein müssen. Gleichzeitig kann bei einem Einstiegsgehalt von 1.500 Euro brutto für Kassierer/-innen oder 1.850 Euro für Pflegeassistenten/-innen kaum davon die Rede sein, dass die hohen Belastungen und Gesundheitsrisiken in diesen jetzt als systemrelevant definierten Berufen durch ein adäquates Einkommen abgegolten werden.“
Im Brennpunkt dieser neuen Definition von systemrelevanten Berufen – also all jenen Dienstleistungen, die während der Pandemie unabdingbar waren – stehen nun plötzlich genau jene Beschäftigten, deren Tätigkeit bislang überhaupt nicht wertgeschätzt wurde.
Verarmte neue Sichtbarkeit
Die Pandemie hat somit all jene Jobs sichtbar gemacht, die vorher niemand gesehen hat und wo die Menschen, die diese Berufe ausgeübt haben, dazu gezwungen waren, in der Stille der Bedeutungslosigkeit zu versiechen. Wir erinnern uns: Die Medien waren voll von den Helden und Heldinnen aus dem Handel, die, als alles andere stillstand, dafür gesorgt haben, dass sich der Rest der Bevölkerung in seinem Lockdown nur mit luxuriösen Sinnfragen bei Laune halten musste.
Im Endeffekt hat diese Sichtbarkeit den Leuten aus dem Handel jedoch rein gar nichts gebracht. Klar, es gab schöne Worte und Applaus. Die Drecksarbeit mussten diese Leute jedoch weiterhin verrichten. Für fast kein Geld. Als war das nicht schon schwierig genug, kommt es für diese systemrelevanten Jobs jetzt noch schlimmer. Denn während für viele Berufe die Corona-Pandemie immer mehr dem Ende zugeht, müssen diese systemrelevanten Berufe im Handel immer noch dazu gezwungen, unter den Corona-Bestimmungen „leiden“.
© Handelsverband
Handelsverband versucht die Helden der Coronakrise zu entlasten
Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, hat der Handelsverband Österreich eine Petition gestartet. Darin wird ein sofortiges Ende der Maskenpflicht für ALLE Beschäftigen im Handel gefordert. Denn es kann nicht sein, dass fast alle europäischen Länder die Maskenpflicht in den Geschäften abgeschafft haben. Österreich bezüglich Maskenpflicht jedoch immer noch zwischen „lebensnotwendigem“ und „nicht lebensnotwendigem“ Handel unterscheidet.
Mehr als 100.000 Beschäftigte im „lebensnotwendigen“ Handel (z.B. Supermärkte, Diskonter, Drogeriemärkte, etc.) sind daher seit mittlerweile 24 Monaten fast durchgehend dazu gezwungen, mit Maske zu arbeiten. Am 14. April hat der österreichische Gesundheitsminister diese Masenpflicht sogar noch bis 8. Juli verlängert. Die erschwerten Arbeitsbedingungen im Lebensmitteleinzelhandel gehen somit trotz steigender Temperaturen und sinkender Fallzahlen weiter. Während die Leute in der Gastronomie keiner FFP2-Masken-Pflicht mehr unterstehen. Die 3-G-Regel als Zugangsbeschränkung in der Nachtgastronomie wurde ebenfalls aufgehoben.
Handelsverband fordert Gleichstellung aller Handelsmitarbeitenden
Seit Beginn der Corona-Pandemie leisten vor allem die Mitarbeiter:innen im „lebensnotwendigen Handel“ täglich Außergewöhnliches. Über zwei Jahre lang haben sie die Nahversorgung im ganzen Land sichergestellt. Aufgrund der sinkenden Fallzahlen und der Tatsache, dass das Infektionsrisiko beim Einkauf sehr gering ist, ist dort eine Fortführung der Maskenpflicht einfach nicht mehr zumutbar. Es braucht daher endlich eine Gleichstellung aller Handelsmitarbeitenden. Denn eine Fortführung dieser Diskriminierung ist epidemiologisch nicht länger argumentierbar.
Selbstverständlich sollen alle Kund:innen wie auch alle Mitarbeiter:innen weiterhin freiwillig Maske tragen dürfen, wenn sie sich damit sicherer fühlen. Doch der Wegfall der gesetzlichen Maskenpflicht muss auch für die sogenannten Held:innen der Corona-Pandemie endlich gelten.
Hier kannst du die Petition unterstützen, um dich bei den Mitarbeiter:innen des lebensnotwendigen Handels zu bedanken.
Titelbild © Unsplash | Marek Studzinski
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
Warum man mit Verschwörungstheoretikern nicht tolerant sein darf
Eine Gesellschaft vertritt in sich viele verschiedene Meinungen. Doch es gibt Meinungen, die fern jeglicher Fakten existieren und ein Verhalten legitimieren sollen, das so vom Rest der Gesellschaft nicht akzeptiert werden darf. Anhand einer Geschichte möchte ich klarmachen, warum es eine Null-Toleranz gegen „alternative Fakten“, Pseudowissenschaften und Verschwörungstheoretiker geben sollte und warum Wahrheit nichts mit individuellen Meinungen zu tun hat.
Organics Talentville: Keynotes, Paneldiskussion und Workshops
Passend zu dem Motto ,,Talent comes naturally” finden kreative Talente hier Anklang. Bei der ersten Edition von ORGANICS TALENTVILLE am […]
Coronaleugner und Skeptiker mit "Maskenfrei Einkaufen"-Flashmob
Als wären die wiederholten Versuche von Demonstrationen an der vermeintlich harmloseren frischen Luft nicht schon genug, poppt nun eine Telegram-Gruppe […]
Rassismus an Europas Grenzen: Krieg offenbart weitere Abgründe
Rassismus an der ukrainischen Grenze? Seit dem ersten Kriegswochenende mehrten sich Berichte über nicht-weiße Ukrainer:innen sowie Studenten:innen aus afrikanischen Ländern, […]
Drogendealer im Gespräch: im Untergrund der Schattenwelt
Wir haben einen ehemaligen Drogendealer zum Gespräch getroffen, dabei erzählt er uns über die dunkle und geheime Welt des Drogenhandels!
Ayahuasca Ernährung: was du beachten solltest
Über Ayahuasca-Zeremonien gibt es viel zu lesen. Doch wusstest du, dass die Ernährung einen großen Einfluss auf die Ayahuasca-Erfahrung hat?