Der von der FPÖ organisierte Wiener Akademikerball (auch „WKR-Ball“) findet seit 2013 jährlich in der Wiener Hofburg statt. Während er von den Veranstaltern als gesellschaftliches Event mit langer Tradition bezeichnet wird, sehen Kritiker darin eine Bühne für rechtsextreme Netzwerke.
Warum ist der Akademikerball so umstritten?
Der Akademikerball hat eine lange Geschichte. Von 1952 bis 1987 fand er als „Wiener Korporations-Ball“ im Wiener Konzerthaus statt, bevor er in die Hofburg verlegt wurde. Nach anhaltender Kritik kündigten die Hofburg-Betreiber den jahrzehntelangen Vertrag. Die Wiener FPÖ reagierte darauf mit einer Umbenennung in „Wiener Akademikerball“ – neuer Name, gleiches Konzept. Als Begründung für die Fortsetzung der Veranstaltung in der Hofburg führte sie an, dass das historische Gebäude allen österreichischen Parteien offenstehe. Die Ironie: Um den ersten Akademikerball am 1. Februar 2013 abzuhalten, musste der traditionelle Ball der Universität für Bodenkultur (BOKU) weichen.
Seitdem gibt es keine andere Veranstaltung in der Wiener Ballsaison, die so spaltet. Seit 2008 protestieren jährlich Gruppen, die vor allem die Teilnahme von rechtsextremen Politiker:innen aus dem In- und Ausland kritisieren. Die Österreichische Hochschüler:innen- und Hochschülerschaft (ÖH), die Grünen sowie antifaschistische Gruppen werfen dem Ball vor, ein Vernetzungstreffen für die politische Rechte zu sein. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes führt eine lange Liste rechtsextremer Gäste. Der Veranstaltungsort selbst sorgt ebenfalls für Diskussionen. Die Hofburg, als eines der wichtigsten Wahrzeichen Österreichs, wird von vielen als völlig ungeeignet für ein politisch so aufgeladenes Event angesehen.
Ein Ball, der spaltet
Kaum ein Ball wird so stark abgesichert wie der Akademikerball. Die Proteste gehen regelmäßig mit massiven Sicherheitsvorkehrungen einher, um Konflikte zwischen Demonstrant:innen, Polizei und Ballgästen zu verhindern. In den vergangenen Jahren kam es dennoch mehrfach zu Ausschreitungen, Sachbeschädigungen und hunderten Anzeigen. Besonders 2014 eskalierten die Demonstrationen mit massiven Schäden in der Wiener Innenstadt. Dies wurde im Anschluss sowohl von Politik als auch Zivilgesellschaft kritisiert.
Für linke Gruppen steht der Ball für eine problematische politische Geschichte. Die Veranstalter argumentieren dagegen, dass das Event durch das Versammlungsrecht gedeckt sei. Der umstrittene FPÖ-Politiker Herbert Kickl äußerte sich zu den Kritikern des WKR-Balls, indem er von einem „Kesseltreiben der selbsternannten Zivilgesellschaft“ sprach. Dieses habe seiner Meinung nach ein „völlig unerträgliches Ausmaß an Unappetitlichkeit“ angenommen.
Gleich und gleich gesellt sich gern: Auch Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache stieß mit seiner Äußerung zur Protestbewegung gegen den WKR-Ball auf breite Kritik. Er hatte die Proteste im Jänner 2012 mit der Judenverfolgung verglichen. In der darauffolgenden ORF-Sendung ZIB 2 rechtfertigte Strache sich damit, dass er den „Vergleich nicht direkt“ gezogen habe. Das belauschte Privatgespräch sei „völlig falsch und aus dem Zusammenhang“ gerissen wiedergegeben worden.
Kritik aus aller Welt
Auch international sorgt der Akademikerball immer wieder für Aufsehen. Die französische Zeitung Libération bezeichnete den Ballbesuch von Marine Le Pen 2012 als „widerliche Teilnahme an einem Ball für Nostalgiker des 3. Reichs“.
Im selben Jahr stellte sich heraus, dass die österreichische UNESCO-Kommission den WKR-Ball fälschlicherweise als Beispiel für den „Wiener Ball“ auf die Liste des immateriellen Kulturerbes setzte. Daraufhin entfernte die Kommission den Eintrag und erklärte, dass das Kontaktkomitee der Wiener Nobel- und Traditionsbälle die Beispielliste erstellt habe. Den WKR-Ball hatte man dabei übersehen. Die Washington Post bezeichnete die Entfernung des „Wiener Ball“-Eintrags als „symbolisch“ für den zunehmenden kritischen Umgang mit der österreichischen NS-Vergangenheit.
Ob als Traditionsveranstaltung oder politische Provokation – der Akademikerball polarisiert. Sicher ist jedoch: Solange er in der Hofburg stattfindet, bleibt er ein Politikum.
Titelbild © Shutterstock
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