Esel-Reitverbot für Menschen über 100 Kilogramm Körpergewicht – sinnvolle Maßnahme fürs Tierwohl?

Wie verheerend sich der Tourismus auf den Zustand unseres Planeten auswirkt, ist mittlerweile wohlbekannt. Dass jedoch auch Tiere unmittelbar unter den Touristenmassen vor Ort leiden müssen, wird medial wohl eher weniger präsentiert. Daher wird auch recht wenig dafür getan, etwas in diesem Bereich zu verbessern. Griechenland scheint sich jedoch um das Wohl seiner Esel zu kümmern. Auf Druck von Peta wurde dort nämlich angeordnet, dass zu schwere Touristen und Touristinnen keine Esel mehr reiten dürfen. Doch laut Peta ist auch das zu wenig.
Das verhängnisvolle Leben als Last- und Nutztier
Auf Santorini – einer beliebten griechischen Urlaubsinsel – erfreut sich ein zweifelhafter Trend äußerster Beliebtheit: das Eselreiten. Von den genügsamen Maultieren kann man sich dort – für wenig Geld – zur Altstadt und zum Hafen zurücktragen lassen. Was auf der einen, menschlichen Seite, als scheinbar unschuldige Touristenattraktion daherkommt, bedeutet für die anderen – die Tiere – ein Leben voller Leid, Schmerz und Unglück. Und das schon eine gefühlte Ewigkeit lang.
Denn seit über 20 Jahren gibt es zahllose Berichte, die über die Missstände des Esel- und Maultierreitens aufklären. Die Geschichte der Qualen liegt für die Tiere natürlich noch viel, viel weiter zurück. Wie dem auch sei: Für die Tierschutzorganisation Peta ist klar, dass Eselreiten eine perfide Form der Tierquälerei ist.
Das Leben als Esel-Taxi: Hunger, Durst, Schläge und überschwere Lasten
Die als Lasttiere missbrauchten Esel werden nämlich mehrmals täglich mehr als 500 rutschige Stufen hinab und hinaufgetrieben. Peitschen- und Stockschläge gehören zum Tagesprogramm. Auf diesem Transportweg gibt es nur wenig Schatten, daher sind die Tiere dazu gezwungen in der prallen Sonne auszuharren. Bei Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius. Laut Peta werden die Tiere nicht einmal mit ausreichend Wasser versorgt.
Schlechtsitzende und aus Plastikschläuchen improvisierte Sättel scheuern auf den empfindlichen Häuten der Tiere und verursachen offene Wunden. Höhepunkt der Grausamkeit scheint, dass die Tiere auch noch schwergewichtige Menschen tragen müssen. Über 100 Kilogramm schwere Touristen müssen diese mehrmals täglich schultern.
Dabei sollten die Tiere nicht mehr als 20 Prozent ihres eigenen Gewichtes tragen. Was um die ca. 50 Kilogramm sind. Bedeutet, dass so ein Esel eigentlich keinen erwachsenen Menschen transportieren sollte. Was eine solche Überlastung bedeutet, dürfte wohl jedem klar sein: schwerwiegende gesundheitliche Folgen für Rücken und Gelenke. Und aufgrund der Umstände auch noch viele weitere Beschwerden.
Peta erwirkt neues Tierschutzgesetz in Griechenland
Auf länger anhaltendem Druck der Tierschutzorganisation Peta hat das griechische Landwirtschaftsministerium endlich ein neues Gesetz auf den Weg gebracht: Touristen und Touristinnen, die zu schwer sind, dürfen die Tiere nicht mehr besteigen und reiten. Diese Maßnahme erinnert an einen Freizeitpark in Australien, der seine Besucher:innen vor der Benutzung seiner Attraktionen auf die Waage geschickt hat. Wer zu schwer war, durfte einfach nicht mehr mitfahren. Das sorgte natürlich für Empörung.
Gewichtskontrollen – Problem gelöst?
Doch sind diese Gewichtsvorgaben wirklich die finale Lösung für die Tierquälerei auf Santorini? Vermutlich nur auf dem Papier. Denn in der Realität bringen solche Maßnahmen nur wenig, wie Peta versichert. Denn nicht nur, dass diese Regelungen von den Esel-Haltern weder berücksichtigt noch umgesetzt werden. Für viele Esel geht die am Tag überstandene Hölle nachts nämlich einfach weiter. Da werden diese nämlich gezwungen, schwere Müllsäcke aus dem Hafen und der Altstadt zu großen Müllcontainern zu transportieren.
Trotz verschärftem Tierschutzgesetz in Griechenland und der Tatsache, dass Tierquälerei mittlerweile härter als bisher bestraft werden soll – Strafen von bis zu 15.000 Euro oder eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren – ist es nicht absehbar, dass sich an der Lage der Esel etwas verändern wird.
„Angesichts der Tatsache, dass die bestehenden Tierschutzgesetze bereits zuvor nicht eingehalten wurden, ist davon auszugehen, dass auch schärfere Vorschriften und Kontrollen die Situation nicht nachhaltig verbessern oder das Leid der Esel und Maultiere ein für alle Mal beenden werden.“, so die sich unermüdlich einsetzende Tierschutzorganisation. Einzige realistische Lösung sieht Peta in einem uneingeschränkten Verbot der Verwendung von Eseln und Maultieren für den Transport. Doch ob daraus jemals etwas wird, ist ungewiss. Und wenn, dann stellt sich gleich die nächste Frage. Und zwar, ob sich dann überhaupt jemals jemand daran halten wird.
Titelbild © Shutterstock
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