Wer Golif ist, das weiß keiner so genau. Denn Anonymität spielt sowohl bei der Kunstfigur „Golif“ als auch bei seinen Werken eine zentrale Rolle. Wir zeichnen ein Porträt eines unbekannten Gesichts.
Was wir wissen: Golif wurde 1984 geboren und ist in Tirol aufgewachsen. Von 2011 bis 2016 studierte er an der Universität für Angewandte Kunst in Wien Druckgrafik.
Der Künstler versuchte sich unter anderem als Vergolder, Schildermaler, Illusionsmaler und Anstreicher. All diese Aspekte lässt er auch heute noch in seine Kunst durchscheinen. Seinen Werken, welche vorwiegend mit Tusche auf unterschiedliche Flächen gemalt sind, haucht Golif durch seine Strichführung und Dynamik Leben ein. Momentan lebt und arbeitet der Künstler in Wien.
Golif kann von seiner Kunst leben. Seine Werke waren schon bei Ausstellungen in Wien und sogar in der Metropole New York zu sehen. Die Preisklasse, in der er sich bewegt, variiert: Kleine Werke sind für hundert Euro zu haben, großformatige Bilder kosten bis zu 3000 Euro. Was dem Tiroler besonders am Herzen liegt: Er möchte Kunst für alle schaffen.
Seinen echten Namen will Golif nicht verraten, auch nicht, aus welchem Tiroler Ort genau er stammt. „Ich komme aus einem kleinen Dorf, ganz klein. Im Vergleich zu Wien kann ich gar nicht sagen wie klein“, ist alles was Golif zu seiner Herkunft preisgeben will. Dort ließ er sich an der Universität für angewandte Kunst ausbilden. Golif selbst sieht sich weder als Street-Artist noch als Graffiti-Künstler. Vielmehr definiert er sich als den klassischen Künstler.
Kunst ohne Gesicht – aber mit hohem Wiedererkennungswert
Golif setzt was seine Technik angeht auf Vielfalt. Unter seinen Werken findet man von Übermalungen, Kartonobjekten und Grafiken bis zu großformatigen Arbeiten auf klassischer Leinwand, alles. Was besonders oft bei den Kunstwerken zu beobachten ist: Schwarze Tusche und eine ausdrucksvolle Strichführung. Doch Golif beschränkt sich nicht in seinem Schaffen: Bei vielen Gemälden findet man auch farbliche Akzente. Die präzise Strichführung der Figuren erinnert den ein oder anderen vielleicht an Illustrationen aus Graphic Novels.
Golifs bekanntestes Werk trägt den Namen „The Observer“. Es handelt sich um eine auf 30.000 Quadratmetern gemalte Kunstinstallation in St. Marx. Weiters verschönerte der Künstler auch Wien Floridsdorf sowie einen Getreidespeicher in Korneuburg mit seinen einzigartigen Motiven. Golifs Kunst beschränkt sich nicht nur auf die Stadt und ihre Flächen. Ausstellungen und Galerien aus dem In- und Ausland sind genauso begeistert von dem Künstler und seiner Einzigartigkeit.
Was Golif so einzigartig macht? Die Tatsache, dass weder seine Kunstfigur, noch seine Werke ein Gesicht haben und dennoch einen hohen Bekanntheitsgrad mitbringen. Es scheint ein Widerspruch in sich zu sein: Anonymität mit Wiedererkennungswert.
Wir alle sind Golifs Musen
Doch an wen oder was denkt Golif, wenn er seine anonymen Figuren malt? „Die Figur darauf ist der Bewohner, und somit sieht der, der herein kommt, in erster Linie sich selber beziehungsweise auch ein Spiegelbild seiner selbst“, erklärte der 35-Jährige im Interview mit „Wien heute“. „Ich möchte den Bewohnern in erster Linie eine Freude machen und den Zugang vermitteln, dass es die Möglichkeit gibt, Kunst direkt zu sehen, ohne über irgendwelche Barrieren zu steigen.“
„Bei den Figuren geht es um das einzelstehende Individuum, egal welcher Orientierung, Neigung, welchen Geschlechts, was auch immer. Sie stehen quasi als Individuen frei da und müssen ihren Platz in der Gesellschaft erst finden.“, erklärt der Künstler weiter.
Golif sieht die anonymen Gesichter der Stadt Wien
Golifs Werke spiegeln das Unbekannte und Anonyme der Stadt Wien wider. Inspiration sind hier all die Menschen, die dem jungen Künstler in seinem Alltag begegnen. Vielleicht auch du. Die Großstadt und die Menschen, die unter ihrem Deckmantel unerkannt werden, haben einen besonderen Reiz für den Künstler.
„Das Spiel mit der Anonymität kommt von der Stadt selbst. Dort befindet man sich in einer Blase, wo man nicht zu vielen Leute ‚Griaß di‘ und ‚Pfiat di‘ sagt. Man sieht sehr viele Leute in der Stadt, blickt aber nicht hinter ihre Fassade.“, erklärt Golif.
Golifs Leinwand sind meistens riesige Hauswände, die die Stadt zu bieten hat. Man findet seine Motive zum Beispiel bei der Falcostiege, am Hernalser Gürtel oder auf einem Getreidespeicher in Korneuburg. Auch sein temporäres Graffiti unter dem Namen „Der Beobachter“ in Neu Marx erregte 2016 viel Aufmerksamkeit.
„Der Beobachter“ – Aus dem Weltall zu erkennen
„Der Beobachter“ war das wohl aufwändigstes Werk des Künstlers. Die Kunstfläche ist etwa sechs Fußballfeldern groß. Folglich kann man vor Ort kaum etwas von dem Kunstwerk erkennen. Durch die enorme Größe lässt sich das Motiv am besten vom Weltall aus erfassen. Etwa fünf Tonnen Farbe und etliche Stunden investierte Golif für dieses Riesengemälde.
Golif und Almdudler – Weg von den Stereotypen
Doch Golifs Kunstwerke findet man nicht nur auf Fassaden und Straßen, sondern auch im Getränkeregal. „Der Wiedererkennungswert eines Golif Kunstwerks ist einzigartig – genauso wie der unserer ikonischen Almdudler 0,35L Glas Mehrweg Formflasche. Sowohl an verschiedenen Plätzen in und rund um Wien als auch International kann man Golifs moderne Interpretation von Kunst und Gesellschaft bewundern. Viele werden mit Sicherheit den unverkennbaren Stil seines klaren Pinselstrichs wiedererkennen“, erklärt Heribert Thomas Klein begeistert und freut sich über das Feature mit Künstler Golif.
Von Riesenwänden zu 0,35L Flaschen. Ab dem 3. Dezember 2021 sind drei Motive des Künstlers auf den Almdudler Glasflaschen zu finden. Das Almdudler Trachtenpärchen bekommt eine Neuauflage und so tanzen Golif Figuren auf der unverkennbaren Almdudler 0,35L Glasflasche.
Klein: „Unser Almdudler Trachtenpärchen bekommt jetzt zeitgemäße Gesellschaft. Wenn man die Flasche dreht, sieht es fast so aus als würden die Charaktere um die Flasche herumtanzen.“
Das Interessante an dieser Kollaboration ist, der starke Kontrast zwischen Golifs Figuren und dem langjährigen Almdudler- Maskottchen: Dem Almpärchen. Denn während sich das Almdudler Trachtenpärchen bestimmten Geschlechterrollen und Klischees bedient, haben Golifs Figuren weder Geschlecht, noch beieten sie eine Projektionsfläche für Rollenzuschreibungen und Stereotypisierungen.
Golifs Kunst ist mehr als Ästhetik
„Es soll auf keinen Fall eine Behübschung sein, sondern es soll durchaus einen Bezug nehmen auf den sozialen Wohnbau, es soll einen Bezug nehmen, den die Bewohner herstellen können mit ihrer Anlage, damit man sich mit seinem neuen Stadtviertel, mit seiner neuen Wohnung identifizieren kann und sagen kann, da wohne ich und wenn du mich jetzt besuchst, ich wohne dort, wo das und das steht, da gehst du links vorbei und dann bist du bei mir“, sagte der „Wien Süd“-Kurator Gerals Anetzhuber über Golifs Motive.
Titelbild © Ingo Karnicnik, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
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