A Town called Malice: klassisch-britische Actioncomedy ohne Tiefgang

Ein Kleinganove und seine Freundin aus dem UK versuchen ihr großes und kriminelles Glück im sonnigen Spanien. Wir haben uns die neue Sky-Serie A Town called Malice für euch angesehen. Die versprochenen Tarantino-Vibes sucht man vergebens. Doch die Serie überzeugt mit geballter 1980er Mucke und britischer Derbheit.
Britische Gangster*innen und die Thatcher-Ära
Der jüngste Sprössling einer, einst einflussreichen und gefürchteten Kleinganovenfamilie, Gene (Jack Rowan) verliebt sich in den 1980ern im Süden Londons in die Barkeeperin Cindy (Tahirah Sharif). Als er sie seiner Familie als Verlobte vorstellt und beide – unverhofft – in einen sinnbefreiten Bandenkrieg geraten — wobei Cindy, um Gene zu retten, einen Polizisten überfährt — ändern sich all ihre hochzeitlichen Pläne. Sie müssen flüchten. Wohin? Nach Spanien!
Dort wollen Gene und Cindy auf einmal groß rauskommen, natürlich mit den Methoden, die ersterer in seiner Familie schon ganz brauchbar internalisiert hat. Kurz darauf reist auch noch gleich seine ganze Gangsterfamilie nach, um den Laden im Süden noch so richtig aufzumischen.
A Town called Malice: Ode an die 1980er
Kleiner Downer zuerst: der Serie wird fälschlicherweise ein Quentin Tarantino-Vibe nachgesagt. Wenn man diese fehlerhafte Beurteilung jedoch schnell vergisst, dann schafft man es vielleicht, sich auf die positiven Seiten von A Town called Malice zu fokussieren. Da wären einmal die Ästhetik und der Soundtrack. Beide Elemente schaffen es, einen vorzüglichen 1980er-Look zu kreieren. Die bunt schimmernden Bilder werden untermalt von geradezu genialer Musik. Der Style der Figuren vollführt seinen übrigen Zauber und die Ausstattung wirkt mehr als überzeugend.
Umrahmt wird das Ganze von britischem Proletentum und der maskulinen Härte, die man aus vielen anderen englischen Serien und Filmen kennt. Inklusive sinnbefreiter Hooligan-Schlägereinen, wo jeder ordentlich Prügel einstecken muss. This is England, werden viele Cineast*innen und Serienfans sagen.
A Town called Malice – Tarantino
Die erwähnte Verbindung zu Quentin Tarantino ist leider mehr als fehl am Platz. Denn mit dem Ausnahme-Filmemacher hat die Serie wohl überhaupt nichts zu tun, auch wenn sie ganz im Zeichen des britischen Filmgenres steht. Tarantinos Stärke sind unter anderem die geistreichen und auch aberwitzigen Dialoge. In A Town called Malice ist davon bedauerlicherweise absolut gar nichts zu spüren. Die Gespräche sind eher platt, hohl, langweilig und enttäuschenderweise recht vorhersehbar. Die Handlung ist es ungünstigerweise auch.
© Sky UK
A Twon called Malice und die Ode an den Phallus
Obwohl der Soundtrack als Highlight durchgeht, ist die bloße Mucke alleine leider zu wenig. Denn A Town called Malice wird immer noch als Serie angepriesen und nicht als Musikvideo. Auch wenn in letzter Zeit die Grenzen, was das betrifft, immer fließender werden.
Doch gehen gute Dialoge einem hier wirklich geradezu ab.#schmerzlichstvermisst! Auch was die Schauspielerei betrifft, ist die britische Ganov*innen-Serie alles andere als ein Paradebeispiel für so etwas wie künstlerisches Wirken. Das harte Spiel der Charaktere bleibt ohne Tiefe und recht oberflächlich.
Dafür wird in der Serie jedoch etwas anderes sichtbar. Und das ist die mittlerweile schon langweilig gewordenen toxische Männlichkeit, die einem an jeder Ecke entgegenströmt. Obwohl auch Frauen sehr präsent inszeniert werden (Gangstermütter als Rückhalt und Hirn des Clans) so dreht sich jedoch im Grunde alles immer nur um den berühmt-berüchtigten Phallus.
Jede Figur will es schaffen, die Welt erobern und dabei über Leichen gehen. Gewalt, Gewalt, Gewalt, ein wenig Sex und noch mehr Gewalt. Das alles umrahmt von einem herrlichen Soundtrack – der fast schon zu viel ist, so oft wie sich die 1980er-Hits hier im Sekundentakt abwechseln.
© Sky UK
Männer, Machos und patriarchale Träume
Es wirkt fast so, als flüchten sich viele Männer (vor allem die Autoren solcher Serien und Filme) panisch in die patriarchale Vergangenheit. Retromanie, weil die 1980er ja ästhetisch so schön waren. Waren sie das wirklich?
Im Grunde ist diese Flucht zurück jedoch keine ästhetische, sondern nur eine Flucht, um reaktionäres Verhalten wieder aufleben zu lassen und nicht mehr zeitgemäßen Machismo-Träumen nachzuhängen, diese unbewusst auszuleben. Ein differenzierteres Bild des Ganoventums zeichnet die Serie The Good Mothers. Darin geht es um die Mafia, die Serie wird aber aus der Sicht unterdrückter Frauen erzählt.
A Town called Malice
In A Town calles Malice gibt es natürlich auch Frauen, die sich mehr oder weniger in der Männerwelt behaupten. Dennoch verweigert einem die Serie den nötigen feministischen Blick. Männliches Verhalten wird von den Frauen einfach übernommen und internalisiert. Und wir sollten alle wissen, dass Frauen, die sich einfach so verhalten wie reaktionäre Männer, alles andere als eine rosige Zukunft verheißen.
Ein weiterer Punkt ist die Hautfarbe der Hauptdarstellerin. Cindy (Tahirah Sharif) ist nämlich schwarz. Ein Punkt, der in der Serie zu Beginn nur recht kurz thematisiert wird, sonst aber nie ein Thema ist. Weil ja die 1980er Jahre so herrlich aufgeschlossen und frei von Rassismus waren, nicht wahr? Man verzeihe an dieser Stelle den Sarkasmus. Aber sorry: Der Sohn des ärgsten Unterschichten-Ganoven kommt plötzlich mit einer schwarzen Freundin daher. Es sind die frühen 1980er Jahre.
Natürlich hätte es Konflikte gegeben. Doch diesen Weg geht die Serie nicht. Die 1980er Jahre werden von ihren kritischen Aspekten gereinigt, „weißgewaschen“, wie Jean Baudrillard wohl sagen würde. Und was wir schlussendlich sehen dürfen, ist ein aufpoliertes, mit hervorragendem Soundtrack untermaltes Gangstergepose. Sorry, aber so billig sollte keine Serie über die Vergangenheit davon kommen.
Lässt man sich von diesen Kritikpunkten jedoch nicht stören, ist man durchaus in der Lage eine köstliche Unterhaltung zu genießen. Reingewaschen von allen Kritikpunkten kommt man hier in den Genuss klassisch harter Brit-Action und UK-Comedy mit femininem Touch, aber ohne so etwas wie feministischen Tiefgang.
Titelbild © Sky UK
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