Immer mehr und mehr Menschen leiden an Allergien. Die Zahlen sind erschreckend. Doch woran liegt das? Am botanischen Sexismus? Alles, was du über dieses heiß diskutierte Thema wissen musst, erfährst du hier.
Allergien on the rise
Wie Spektrum ernüchtern feststellt, leiden immer mehr und mehr Menschen an Allergien. Die Häufigkeit dieser lästigen und übertrieben krankhaften Abwehrreaktion des Immunsystems auf körperfremde, aber harmlose Umweltstoffe hat seit den 1970er Jahren weltweit stark zugenommen. Die Anzahl der von Heuschnupfen betroffenen Menschen zum Beispiel hat sich allein in Deutschland zwischen 1990 und 2011 verdoppelt. Aktuell leiden etwa 12,3 Millionen Deutsche daran.
In Österreich ist das ganze nicht weniger schlimm. Laut Statistik Austria ist bereits jeder fünfte Mensch in Österreich von einer Allergie betroffen. Das sind 1,6 Millionen Menschen, Tendenz steigend. Schätzungen zufolge wird weltweit in etwa fünf Jahren jeder Zweite, also die Hälfte der Weltbevölkerung (!), an einer Allergie oder Nahrungsmittelintoleranz leiden. Doch warum ist das so?
Botanischer Sexismus: männliche und weibliche Bäume
Im menschlichen Alltag ist der Sexismus ein sehr stark vertrautes Phänomen. Seit der zweiten Welle der Frauenbewegung in den 1960er Jahren ist Sexismus ein bewusst wahrgenommenes Problem für jede aufgeklärte Gesellschaft, die im Zeichen demokratischer Werte der Gleichberechtigung und des Respekts steht. Vor allem #Metoo hat dieses Thema noch einmal stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt und neues Bewusstsein dafür geschaffen. Doch die Pflanzenwelt ist bis jetzt davon verschont geblieben.
Bis jetzt! Denn der Forscher Tom Ogren hat dieses Thema, also den Sexismus in Form des „botanischen Sexismus“ auch in der Pflanzenwelt verortet. Diese Form des Sexismus zeigt sich in Form eines großen gesundheitlichen Problems in Städten. Und sorgt für immer mehr Allergien und Asthma-Erkrankungen.
Botanischer Sexismus: Früchte und Pollen
Doch wie genau äußerst sich dieses Phänomen? Gut zu wissen ist, dass es auch bei den Baumgattungen, eine männliche und eine weibliche Version gibt, damit es mit der Fortpflanzung auch funktioniert. Natürlich ist das nicht bei allen Bäumen so, doch bei einigen.
Zu diesen zweigeschlechtlichen Versionen, den sogenannten zweihäusigen Bäumen, zählen zum Beispiel Weiden, Pappeln, Espen, Eschen, Silberahorne, Pistazien, Maulbeeren und Pfefferbäume. Dann gibt es natürlich auch Bäume, die beide „Geschlechter“ in sich selbst vereinen – also quasi Zwitter sind.
„Weibliche Bäume“ tragen großteils Früchte, die im Herbst zu Boden fallen und so mehr „Müll“ erzeugen. Deshalb hat man sich in der Stadtplanung ab den 1950er Jahren darauf geeinigt, nur noch männliche Bäume zu pflanzen. Seit den 1970er Jahren findet dieser Ansatz sogar schon einen ausschließlichen Gebrauch. Im Gegensatz zu den weiblichen Bäumen mit ihren Früchten erzeugen männliche Bäume eben Pollen. Folgerichtig führt dies natürlich zu einer erhöhten Pollenproduktion.
Mehr Pollen = mehr Allergien
Diese Pollenproduktion ist natürlich dafür verantwortlich, dass Menschen in der Stadt häufiger Allergien und Asthma entwickeln. Viele der Pollen haben dabei die Form eines fast unsichtbaren Blütenstaubes. In großen Mengen eingeatmet führt dies natürlich zu den entsprechenden Reaktionen. Je mehr, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass das menschliche Immunsystem einfach nicht mehr mitmacht. Ein Problem dabei ist, dass die männlichen Bäume viel schlechtere Luftfilter abgeben als weibliche — die Schadstoffe werden in Form der Pollen eben einfach wieder abgegeben.
Weiteres Problem ist auch, dass diese männlichen Bäume zum Großteil herangezüchtet werden. Um bestimmte „Zwitter-Bäume“ den gewünschten Anforderungen anzusprechen, werden diese einfach umgezüchtet und als männliche Bäume heranzüchtet. Der für die Stadtplanung perfekte Baum entpuppt sich dabei immer mehr als Allergienschleuder. Was natürlich verständlich ist. Wenn nämlich die weiblichen Exemplare fehlen, können die Pollen der männlichen Bäume natürlich nicht durch weibliche Blüten eingefangen und in Schranken gehalten werden. Ergo bekommen die Menschen diese Pollen ab.
Botanischer Sexismus: International ein Aufschrei
Wer sich bei diesem Thema jetzt belustigt die Hand vor den lachenden Mund hält, sollte jedoch wissen, dass der Anstieg der Pollenallergien mittlerweile so besorgniserregend groß ist, dass sich sogar die UN eingeschaltet hat.
Im Zuge des UN-Waldforums vergangenes Jahr in New York kam man nämlich zu folgendem Schluss: „Um Allergien vorzubeugen, sollten Stadtplaner:innen einerseits Arten auswählen, die weniger allergen sind – wie etwa Tulpenbäume und Magnolien – und andererseits auch verstärkt weibliche Bäume pflanzen.”, erklärte die Wissenschaftlerin und Co-Autorin der Studie, Dr. Matilda von den Bosch gegenüber der APA.
Nicht nur Bäume schuld an Allergieexplosion
Es ist jetzt aber wichtig zu wissen, dass nicht nur die männlichen Bäume allein für den Anstieg der Allergien verantwortlich sind. Die globale Zunahme an Allergien betrifft nämlich „vornehmlich reichere Länder und ist hauptsächlich das Ergebnis eines naturfernen und ungesunden Lebensstils, verstärkt durch den Klimawandel, der unter anderem durch höhere Temperaturen die Pollensaison verlängert“, so der Bericht.
Auch die Luftverschmutzung trägt ihren Teil dazu bei, dass immer mehr Menschen unter Allergien leiden. Einige Studien deuten nämlich darauf hin, dass „Luftschadstoffe die Allergenität von Pollen erhöhen“, erläutert Dr. van den Bosch.
Fazit der Studie: Bäume und Grünflächen führen zu einer gesünderen Umwelt und können auch die Luftverschmutzung, insbesondere in Städten, verringern. Es kommt eben einfach darauf an was, wo und wie bepflanzt wird. Eine Begrünung ist in diesem Sinne ausschließlich zu begrüßen.
Botanischer Sexismus in Wien?
Der Baumsexismus ist dabei, das sollte man auch wissen, vor allem in den USA ein heiß diskutiertes Thema. Wie weit der botanische Sexismus in Europa verbreitet ist, darüber gibt es noch keine Daten. Für die Stadt Wien kann man jedoch klipp und klar sagen, dass die Bäume in der Stadt eben nicht daran schuld sind, dass immer mehr Menschen an Allergien leiden.
Die Wiener Stadtgärten (MA 42) erklärten auf Anfrage von moment.at, dass in Wien ausschließlich Zwitterbäume gepflanzt werden – abgesehen vom Gingko-Baum. Dass ausgerechnet vom Gingko-Baum nur die männliche Version gepflanzt wird, hat dabei einen bestimmten Grund. Die weiblichen Bäume des Gingko tragen im Herbst nämlich Früchte, die einen “penetrant beißenden Geruch” verströmen. Na dann.
Bilder © Shutterstock
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