Wir nähern uns langsam der lang ersehnten Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern an. Dennoch sind einige Verhaltensweisen in der Gesellschaft nach wie vor stark verankert. Darunter leiden nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Denn jeder kennt diesen Typus Mann: Manche bezeichnen ihn als „Macho“, andere als „Alpha“. Im Tierreich erkennt man die Maskulinität klassischerweise an der Reviermarkierung. Diese erfolgt durch Urinieren, laute Geräusche oder übertriebenes Aufplustern – z.B. bei Vögeln. Aber haben wir uns nicht schon längst weiterentwickelt?
Der Mensch hat sich weitgehend von der Primitivität entfernt. Manche Verhaltensweisen wurden jedoch beibehalten. Üblicherweise werden Dominanz und Macht durch eine bestimmte Körpersprache signalisiert: Dominanzgesten können durch bloße Körperpräsenz – wie z.B. die Einnahme von Raum durch besonders breitbeiniges Sitzen -, den Tonfall, die Mimik, durchdringenden Augenkontakt und Berührungen – z.B. das Greifen auf die Schulter oder Hüften des Gesprächspartners – zum Ausdruck kommen. Diese Kommunikationsweise erfolgt sehr subtil, weswegen sich das Gegenüber oftmals eingeschüchtert oder gar unterdrückt fühlt, ohne den Auslöser sofort zu erkennen.
Im Folgenden werden bestimmte Arten von dominanten Persönlichkeiten typisiert, mit welchen die meisten Frauen – und auch Männer – schon unfreiwillig in Kontakt gerieten.
Der Macho
„Hey, Hübsche!“, ruft mir ein BWM-Fahrer nachts durch sein heruntergekurbeltes Autofenster mit einem Zwinkern zu. Es ist vier Uhr morgens. Ich fahre gerade nach dem Fortgehen mit dem Fahrrad nach Hause und merke, dass mir ein Auto folgt und immer näher rückt. Die Straßen sind weitgehend leer und obwohl ich mit dem Rad schnell in alle Richtungen flüchten könnte, ist die Situation sehr beängstigend. Reflexartig zeige ich ihm den Mittelfinger und er sieht sichtlich verblüfft aus, dass ich nach seiner Begrüßung nicht sofort in sein Auto steigen möchte. Frau sollte sich schließlich über Komplimente freuen. Zu meinem Glück gibt er seinen „Flirtversuch“ schnell auf und fährt weg.
Ob durch auf die Straße spucken, provokant lautes Musikhören auf öffentlichen Plätzen oder absichtlich breitbeiniges Sitzen: Den Macho erkennt man zum Glück schnell. Keine andere Person soll neben ihm sitzen dürfen, denn der 2er-Sitz gehört jedenfalls ausschließlich ihm. Warum er anderen Menschen vor die Füße spucken muss, während er bei der Ampel wartet, bleibt fraglich. Zum Glück ist er selten zu Fuß unterwegs, da er meistens mit seinem Sportwagen und quietschenden Reifen um die Ecke rast. Regen hindert ihn nicht daran, schnell zu fahren – zum Leidtragen aller durchnässten Fußgänger.
Der Business-Typ
Man wartet immer auf ihn, denn er ist ein wahnsinnig beschäftigter Mann. Irgendwann platzt er – meist lauthals telefonierend – in den Konferenzraum und knallt seine Aktentasche auf den Glastisch. Seine ehrfürchtigen KollegInnen verstummen und warten darauf, was Mr. Business wichtiges zu sagen hat. Bevor er wieder lange um den heißen Brei redet, benötigt er einen Kaffee, den natürlich seine Kollegin zubereiten soll. Dass dies nicht in ihrem Aufgabenbereich liegt, ist nicht von Relevanz.
Auf Augenhöhe kommunizieren? Fehlanzeige. Alles, was er sagt, gilt. Er steht wahnsinnig unter Zeitdruck, sodass er es grundsätzlich nicht für notwendig hält, andere ausreden zu lassen. Außerdem kann er sich die Namen seiner Sekretärinnen nicht merken und benennt sie deshalb selbst: „Schatzi“, „Mausi“ und „Liebste“. Eventuell gefällt „Mausi“ der Name nicht so ganz, aber er meint es doch nur lieb. Charmant wie er immer ist, spart er auch niemals mit Komplimenten. Der 20-jährigen schüchternen Praktikantin muss schließlich gesagt werden, dass ihr Rock heute wieder besonders sexy aussähe. Mr. Business unterstreicht dies – je nach Tagesverfassung – gerne mit einem väterlichen Schulterklopfer oder einem liebevollen Hüftengrabscher.
Der Nudist
Die Sorte von Mann, mit der fast jede Frau schon unfreiwillig Kontakt hatte. Ob durch unaufgefordert übermittelte Dick-Pics, spontane Entblößung im öffentlichen Raum oder provokantes Urinieren auf der Straße.
Ich war 12 Jahre alt und gerade mit der Straßenbahn auf dem Heimweg, als ich die erste prägende Erfahrung machen durfte. Gegenüber von mir saß ein etwa 50-jähriger Mann, der mich schon längere Zeit anstarrte. Irgendwann wurde mir auch bewusst weshalb: Seine Hose stand offen und er erachtete es für notwendig, mir sein bestes Stück zu zeigen. Die Straßenbahn war relativ voll, allerdings saß nur ich in seinem Blickfeld. Ich verfiel regelrecht in eine Schockstarre und war deshalb auch nicht in der Lage, andere Menschen darauf hinzuweisen, geschweige denn den Vorfall zu melden. Die exhibitionistische Störung zeichnet sich durch einen Lustgewinn bei der Überraschung oder Schockierung der Opfer aus. Dies ist sowohl in Österreich als auch in Deutschland strafbar.
Männer-Welten zeigt, dass auch Dick-Pics keine Einzelfälle sind, sondern etlichen Frauen gegen deren Willen gesendet werden. Es ist zu bezweifeln, dass die Absender mit einer positiven Reaktion der Betroffenen rechnen. Die Machtausübung gibt hierbei den besonderen Kick.
Der Besserwisser
Eine kleine Gruppe sitzt gemeinsam an einem Tisch, alle diskutieren sachlich miteinander, die Stimmung ist gelassen. Grundsätzlich wäre genug Platz vorhanden, aber das reicht Alex nicht. Er überschlägt seine Beine auf so eine Art und Weise, dass seine SitznachbarInnen links und rechts ausweichen müssen. Dann beginnt sein endloser Monolog. Er sei grundsätzlich anderer Meinung und wisse ohnehin alles besser als seine GesprächspartnerInnen.
Dabei bedient er sich eines hochtrabenden Vokabulars und meidet Blickkontakt. Alex nimmt durch seine Präsenz den gesamten Raum ein und allen anderen gefühlt die Luft zum Atmen. Gelegentlich werden unter den Anwesenden genervte Blicke ausgetauscht, jedoch würde es niemand wagen, Alex‘ Monolog zu unterbrechen oder diesem gar widersprechen.
Titelbild Credits: Shutterstock
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