Einst nur von hart gesottenen Naturfreunden praktiziert, hat sich das Eisbaden mittlerweile zu einem regelrechten Hype entwickelt. Ob in den eisigen Gewässern Skandinaviens oder in kalten Seen weltweit, immer mehr Menschen wagen den Sprung ins kalte Nass. Obwohl Eisbaden zahlreiche gesundheitliche Vorteile verspricht, unterschätzen viele die damit verbundenen Risiken, wie tragische Unfälle immer wieder zeigen.
Hype erobert das Netz
Eisbaden kann die Durchblutung fördern, Entzündungen lindern und das Immunsystem stärken. Zudem berichten viele von einem regelrechten Glücksgefühl nach dem Bad, da die Kälte einen Endorphinschub auslöst. Aber nicht nur die physischen Aspekte locken. Soziale Medien spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung dieses Trends.
Denn Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok sind voll von Videos und Bildern, die die mutigen Badegäste in Aktion zeigen und so weitere Menschen anregen, es nachzumachen. Trotz aller Euphorie sollte jedoch nicht vergessen werden, dass Eisbaden auch Risiken birgt. Unerfahrene Eisenthusiasten sollten sich daher langsam an die Kälte herantasten und stets auf die Signale ihres Körpers hören.
Begeisterung fürs Eisbaden neu entfacht
Die Ursprünge des Eisbadens reichen weit zurück und sind in verschiedenen Kulturen tief verwurzelt. Bereits die Skythen, ein Nomadenvolk, das zwischen dem 7. Jahrhundert v. Chr. und dem 2. Jahrhundert n. Chr. in den eurasischen Steppen lebte, nutzten das Eintauchen in eiskaltes Wasser, um ihre Kinder abzuhärten und ihre Widerstandskraft zu stärken.
Auch in der römischen Badekultur spielte das kalte Bad eine bedeutende Rolle. In den Thermen gab es das sogenannte Frigidarium, ein Kaltwasserbecken, das nach dem Aufenthalt in den warmen Räumen aufgesucht wurde, um den Körper abzukühlen und zu erfrischen. Im Mittelalter setzten die Germanen die Tradition fort, indem sie ihre Neugeborenen in kalten Flüssen badeten, um ihnen Lebenskraft zu verleihen. Historische Persönlichkeiten wie Karl der Große und Johann Wolfgang von Goethe waren ebenfalls bekannte Anhänger des Winterbadens.
Im 19. Jahrhundert trug der deutsche Priester und Naturheilkundler Sebastian Kneipp dann maßgeblich zur Popularisierung bei. Seine Methoden, wie das Wassertreten, machten die Kaltwassertherapie in breiten Bevölkerungsschichten bekannt. Es entsteht der erste Hype rund um Eisbaden.
In Russland hat das Eisbaden zusätzlich eine starke religiöse Bedeutung. Jährlich am 19. Januar, dem orthodoxen Dreikönigsfest, springen Millionen von Gläubigen in Eislöcher, um sich von ihren Sünden zu reinigen und Gesundheit für das kommende Jahr zu erbitten.
Wim Hof – „The Iceman“
In jüngerer Zeit hat der niederländische Extremsportler Wim Hof, bekannt als „The Iceman“, mit seiner Methode das Interesse am Eisbaden weltweit neu entfacht. Seine Techniken kombinieren Atemübungen mit Kälteexposition und haben zahlreiche Anhänger gefunden.
Heute wird das Eisbaden nicht nur als Freizeitaktivität, sondern auch aufgrund seiner potenziellen gesundheitlichen Vorteile praktiziert. Wissenschaftliche Studien belegen positive Effekte wie eine Stärkung des Immunsystems und eine Verringerung von Entzündungen.
Risiken und Gefahren werden häufig unterschätzt
Eisbaden mag zwar zahlreiche gesundheitliche Vorteile bieten, doch die potenziellen Risiken sollten keinesfalls unterschätzt werden. Der plötzliche Kälteschock kann das Herz-Kreislauf-System erheblich belasten. Beim Eintauchen ins eiskalte Wasser ziehen sich die Blutgefäße zusammen, was zu einem Anstieg des Blutdrucks führt. Gleichzeitig sinkt die Herzfrequenz, wodurch das Risiko für Herzrhythmusstörungen steigt. Diese gegenläufigen Reaktionen können insbesondere bei Untrainierten gefährlich werden.
Ein weiteres ernst zu nehmendes Risiko ist die Unterkühlung. Bereits nach wenigen Minuten im kalten Wasser kann die Körpertemperatur gefährlich absinken. Anzeichen dafür sind unkontrolliertes Zittern, blasse Haut und Verwirrtheit. Wird nicht rechtzeitig reagiert, kann es zur Bewusstlosigkeit und im schlimmsten Fall zum Tod durch Ertrinken kommen.
Besondere Vorsicht ist bei Personen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder Diabetes geboten. Richtig gefährlich wird es dann, wenn Gesundheitsprobleme vorliegen, diese aber den Personen nicht vorab bewusst sind. Für sie kann das Eisbaden lebensbedrohlich sein.
Um die Risiken zu minimieren, ist es essenziell, sich langsam an die Kälte zu gewöhnen, niemals allein zu baden und die eigene körperliche Verfassung realistisch einzuschätzen. Ein vorheriger Gesundheits-Check beim Arzt ist daher unerlässlich.
Aktuelle Vorfälle verdeutlichen die Gefahren des Eisbadens
Berichten zufolge gab es seit 2015 elf Todesfälle im Zusammenhang mit der Wim-Hof-Methode. Diese Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit, beim Eisbaden stets Sicherheitsmaßnahmen zu beachten und die eigenen gesundheitlichen Voraussetzungen kritisch zu prüfen. Denn auch wenn sich Eisbaden zunehmender Beliebtheit erfreut, mahnen aktuelle Vorfälle zur Vorsicht.
Am 11. Januar 2025 wurde ein 62-jähriger Mann leblos im Naugartener See in der Uckermark gefunden. Zeugen entdeckten den leblosen Körper gegen 9:30 Uhr, die Feuerwehr barg den Mann, der später im Krankenhaus verstarb.
Und auch in den Jahren davor kam es zu mehreren tragischen Unfällen. Im Februar 2021 verunglückte ein 39-jähriger Mann tödlich beim Eisbaden in einem Altwasserarm der Altmühl. Er hatte mit einem Beil zwei Löcher ins Eis geschlagen und versuchte, von einem Loch zum anderen zu tauchen, tauchte jedoch nicht mehr auf. Erst eine Stunde später konnte er von Rettungstauchern geborgen werden: Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos.
In der Woche zuvor starb ein 43-jähriger Mann beim Eisschwimmen im Treptower Park in Berlin. Ende Januar 2021 kam ein 70-jähriger Mann beim Eisbaden in der Ostsee vor Warnemünde ums Leben. Diese tragischen Unfälle verdeutlichen die Notwendigkeit, beim Eisbaden stets Sicherheitsmaßnahmen zu beachten und die eigenen gesundheitlichen Voraussetzungen kritisch zu prüfen.
Titelbild © Shutterstock
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
Coole Straße, coole Aktion - Stadt Wien erhöht weiterhin die Lebensqualität
Sommer in der Stadt – einerseits denkt man dabei an laue Abende am Donaukanal, Outdoor Raves und Abkühlungen an der alten Donau. Andererseits aber auch an glühenden Asphalt, unerträgliche Hitze und daraus resultierend die nervenaufreibende Unfähigkeit, auch nur einen Finger zu rühren – das könnte sonst zum nächsten unerwünschten Schweißausbruch führen. Die Raves und anderen Partygelegenheiten werden heuer wohl coronabedingt in abgespeckter Version, wenn überhaupt, zustande kommen. Für Erfrischung und angenehme Atmosphäre tagsüber sollen währenddessen die Coolen Straßen der Stadt Wien sorgen.
Netflix-Film Blonde – sehenswerte Dekonstruktion des Mythos Marilyn Monroe
Ist die Kreativität gestorben? Dass dem nicht ganz so ist, zeigt der beeindruckende Netflix-Film Blonde, über das – faktisch nicht ganz so reale – Leben der Hollywood Legende Marilyn Monroe.
McDonald’s: Shirin David erntet Kritik nach Kooperation
McDonald's und Shirin David machen gemeinsame Sache. Doch ist die Kritik der Fans an der Kooperation berechtigt oder nur leere Aufregung?
Warum es cool ist, am Valentinstag kein Date zu haben
Der Valentinstag steht vor der Tür, und überall sieht man Herzen, Blumen und Pärchen, die ihre Liebe zelebrieren. Doch was, […]
Warum wir nicht „toxisch“ sagen sollten, wenn wir „verletzt“ meinen
Auf TikTok, in Insta-Captions und in jeder zweiten WhatsApp-Sprachnachricht: Das Wort „toxisch“ ist mittlerweile zum Allround-Begriff für alles geworden, was […]
Brüste und Eier: Mieko Kawakamis feministisches Meisterwerk
Ausnahmeautorin Mieko Kawakami zeigt in Brüste und Eier, was es heißt, sich als Frau in Japan zu emanzipieren. Absurd und tiefgründig.








