Dass dieser TikTok-Trend hohe Wellen geschlagen hat, glaubt man natürlich sofort. Einige TikToker präsentierten in ihren Videos einen vermeintlichen „Glitch“ (Fehlfunktion) im Bankensystem, der angeblich unbegrenzt Geld freisetzen kann. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um klassischen Scheckbetrug. Leute, die so zu mehr Geld gekommen sind, haben mit hohen Strafen zu rechnen. Was steckt hinter dem „Infinite Money Glitch“?
Infinite Money Glitch: die Lücke im Finanzsystem?
Im September 2024 verbreiteten sich auf TikTok mehrere Videos, die eine erstaunliche Behauptung aufstellten: Die Macher erklärten, sie hätten eine Lücke im Finanzsystem entdeckt, die es ermöglichen würde, bei den Bankomaten grenzenlos Geld abzuheben.
Too good to be true? Nicht so ganz! Diese „Lücke“ auszunützen, ist nämlich durch eine simple Manipulation von Schecks an Bankautomaten möglich. Der sogenannte „Infinite Money Glitch“ lockte daraufhin zahlreiche Nachahmer an, die den vermeintlichen Trick ausprobierten und in der Tat, massenhaft Geld abheben konnten.
Das Ganze jedoch mit einem nicht ganz so lustigen Nachspiel. Denn für viele der Nutznießer*innen dieser vermeintlichen „Fehlfunktion“ wird das Mitschwimmen mit diesem zwielichtigen Trend nun ernsthafte juristische Folgen haben, da sie (unwissentlich oder nicht) an einem weitreichenden Betrug beteiligt waren.
What the Glitch!?
Diese obskure Methode, sehr schnell und einfach an sehr viel Geld zu gelangen, ist dabei gar nicht wirklich ein Trick oder das Ausnützen einer Fehlfunktion, denn in den USA funktionieren die Banken, was Schecks betrifft, nämlich etwas anders, als in Europa. Beim vermeintlichen Infinite Money Glitch zahlen die Nutzer bzw. Ausnutzer einen Scheck mit einem beliebigen Betrag an einem Bankschalter ein.
Da amerikanische Banken gesetzlich verpflichtet sind, den eingezahlten Betrag sofort gutzuschreiben, wird das Geld rasch verfügbar gemacht. Und das noch lange bevor die Schecks auf ihre Gültigkeit geprüft werden.
Diese Regelung soll Angestellten, die ihr Gehalt per Scheck erhalten (was in den USA immer noch sehr oft passiert!), den schnellen Zugriff auf ihre Einkünfte ermöglichen. Dieser Ansatz ist jedoch recht anfällig für Missbrauch, wie die TikTok-Trendsetter zeigten.
The Infinite Money Glitch is not a glitch!
Vor allem aber ist dieses strafbare Vorgehen im Grunde gar kein Glitch. Denn das Wort „Glitch“ bezeichnet eine plötzliche, meist vorübergehende Fehlfunktion oder Störung eines Geräts. Was aber hier nicht der Fall ist, da das Geldsystem in den USA einfach so funktioniert.
Das bedeutet, dass jeder und jede, der oder die diesen vermeintlichen „Glitch“ ausnutzt, im Grunde eines der ältesten und bekanntesten Verbrechen begeht: Scheckbetrug!
It‘s raining cash
Was eigentlich völlig klar sein sollte, wurde von einigen TikTokern jedoch schamlos ausgenutzt. Die (Aus-)Nutzer dieser Methode haben nach dem Einlegen fadenscheiniger (gefälschter) Schecks das eingezahlte Geld noch vor Abschluss der Überprüfung am Geldautomaten abgehoben und es sich gut gehen lassen.
Ein populäres TikTok-Video zeigt etwa eine Frau, die ihrer Mutter am Telefon erklärt, dass sie mit dem „Glitch“ bis zu 50.000 US-Dollar abheben könne. In weiteren Videos sind Menschen zu sehen, die das vermeintlich leicht verdiente Geld feierten, indem sie Banknoten in die Luft warfen.
Die Videos zum „Infinite Money Glitch“ erreichten ein Millionenpublikum. Mittlerweile gibt es jedoch zahlreiche Clips, die sich über die Menschen lustig machen, die (ungewollt) Scheckbetrug begangen haben.
Infinite Money Glitch: Banken reagieren …
Insbesondere die Großbank JPMorgan Chase war betroffen, da das Unternehmen in mehreren dieser TikTok-Videos genannt wurde. Laut „Wall Street Journal“ begann die Bank jedoch schon bald darauf hinzuweisen, dass der „Infinite Money Glitch“ nichts anderes als eine alte Methode des Scheckbetrugs sei. Was die Welle an Betrügereien jedoch nicht wirklich eindämmen konnte.
Die genaue Zahl der beteiligten Personen bleibt weiterhin unklar, doch JPMorgan Chase spricht von Tausenden von Fällen.
… auch mit rechtlichen Schritten
Wie CNBC berichtet, hat die Bank mittlerweile sogar rechtliche Schritte gegen TikTok-Nutzer und einige ihrer Zuschauer eingeleitet. Klagen wurden in Texas, Florida und Kalifornien eingereicht, in denen den Beklagten vorgeworfen wird, zwischen 80.000 und 290.000 Dollar mithilfe von gefälschten Schecks abgehoben zu haben.
In einer der Klagen wird ein maskierter Mann aus Texas beschrieben, der einen gefälschten Scheck über 335.000 Dollar auf sein Konto einzahlte und kurz darauf über 290.000 Dollar abhob. „Betrug ist ein ernstes Vergehen, das das Vertrauen in das Bankensystem untergräbt“, sagte ein Sprecher von JPMorgan Chase. Die Bank arbeite aktiv mit den Behörden zusammen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Als erste Maßnahme gegen diese Art von Scheckbetrug hat die Bank inzwischen verdächtige Konten eingefroren. Zudem wurde der sofortige Zugang zu neu eingezahlten Schecks per Geldautomat eingeschränkt.
Infinite Money Glitch: Dummheit schützt vor Strafen nicht
Dies könnte jedoch erst der Anfang einer Reihe von Prozessen sein. JPMorgan Chase betonte, dass sie die betroffenen Kunden zur Rückzahlung der abgehobenen Summen zwingen werde, unabhängig davon, ob die Beteiligten den „Glitch“ für legal hielten oder bewusst kriminelle Absichten verfolgten. Die Bank verfolgt eine Null-Toleranz-Politik und möchte auch kleinere Betrugsfälle ahnden.
Dummheit schützt vor Strafe nicht! Dass viele dem TikTok-Trend blind gefolgt sind und sich einfach nichts dabei gedacht haben, kann man dabei jedoch auch nicht ganzheitlich als Ausrede zählen lassen. Denn viele dieser (Aus-)Nutzer vermuteten offenbar, dass ihr Vorgehen rechtlich problematisch sein könnte, da sie ihre Gesichter auf Überwachungskameras oft maskierten. Was wiederum auch recht dämlich ist, da das Geld ja mit der eigenen Karte abgehoben wird, aber ja! Ob dumm oder nicht: für alle beteiligten wird es rechtliche Konsequenzen geben.
Titelbild © Shutterstock
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